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Falsche Väter - Kriminalroman

Falsche Väter - Kriminalroman

Titel: Falsche Väter - Kriminalroman
Autoren: Hermann-Josef Schüren
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Es war eine
persönliche Geschichte, und sie hatte mit dem Wort »Jagdhütte« zu tun. Vor
vielen Jahren war er einmal in einer solchen Hütte gewesen, irgendwo in den
Ardennen. Er war nicht allein dort gewesen, und sein Bewusstsein wehrte sich
offenbar dagegen, an dieses Erlebnis erinnert zu werden.
    Das fängt ja gut an, dachte er. Ich habe noch nichts gesehen, und
schon fühle ich mich persönlich betroffen!
    Als sie in die Nähe des Tatorts kamen, hatte Peters sich wieder
einigermaßen berappelt. Der Weg war nicht schwer zu finden, sie mussten nur den
Spuren der anderen Fahrzeuge folgen. Im Hohlweg hielt Scheler an und stellte
das Auto hinter einen Streifenwagen; das letzte Stück gingen sie zu Fuß.
    Es hatten sich inzwischen ein paar Schaulustige eingefunden,
Spaziergänger, die wahrscheinlich vom schrägen Sirenengesang der Martinshörner
angelockt worden waren. Sie harrten hinter den rot-weißen Absperrbändern aus
und warteten geduldig, dass ihnen etwas geboten wurde. Peters schlüpfte unter
dem Band durch und ging auf die Hütte zu. Ein paar Kollegen, die einen kürzeren
Anfahrtsweg gehabt hatten, standen herum und grüßten. Ein Uniformierter redete
mit einem blonden Mädchen und machte sich Notizen.
    Einer der Polizisten trat auf Peters zu. »Soll ich die Leute da
drüben befragen, ob sie was gesehen haben?«, fragte er übereifrig. Es war ein
junger Kerl, der wahrscheinlich zum ersten Mal mit einer größeren Sache zu tun
hatte.
    »Können Sie machen«, sagte Peters. »Aber wahrscheinlich bringt das
nichts.«
    »Soll ich oder nicht?«
    »Das müssen Sie selbst entscheiden«, sagte Peters. »Sie sind doch
alt genug, oder?«
    Er ließ den jungen Mann stehen und ging zur Hüttentür. Die
angebliche Jagdhütte sah anders aus, als er es sich vorgestellt hatte. Als er
durch die offen stehende Tür ins Innere trat, fiel der letzte Rest der
Ardennenerinnerung von ihm ab. Der Raum war angenehm schlicht eingerichtet, in
der Ecke gab es eine Kochnische, die gehobeneren Ansprüchen genügte. Peters sah
den geöffneten Waffenschrank. Der Schlüssel steckte. Zwei Leute von der Spurensicherung
schlichen in ihren weißen Anzügen hin und her und suchten den Boden ab.
Vorwurfsvoll starrten sie auf Peters’ dreckverklebte Schuhe.
    »Entweder Schuhe aus oder Präser drüber!«, sagte einer von ihnen,
ohne den Mundschutz abzunehmen.
    Peters ging zur Tür zurück und zog sich wortlos die hellen
Plastiküberzüge an, die dort bereitlagen. Währenddessen beobachtete er, was die
Männer machten. Einer schob mit seinen Gummifingern Kleinteile in eine
Plastiktüte. Der andere war gerade mit den Waffen beschäftigt.
    »Schmauchspuren«, sagte er. »Mit diesem Ding wurde vor nicht allzu
langer Zeit geschossen.«
    »Die Tatwaffe?«, fragte Peters.
    »Wahrscheinlich. Ich lasse sie gleich ins Labor bringen.«
    Peters ging zum Nebenzimmer, in dem der Tote liegen musste. Auch die
Amtsärztin war bereits da. Sie drehte Peters den Rücken zu und schien mit sich
selbst zu reden. Der Tote lag auf dem Bett und war mit einem Tuch bedeckt.
Peters grüßte kurz und stellte sich neben die Frau, die einen weißen Overall
anhatte und ein winziges Aufnahmegerät in der Hand hielt. Peters kannte sie
nicht. Sie war Mitte vierzig, zierlich gebaut und hatte einen hübschen
Pagenschnitt.
    »Kann ich ihn sehen?«, fragte Peters.
    »Der Fotograf hat schon alles dokumentiert«, sagte die Ärztin. Sie
hatte einen süddeutschen Dialekt. »Wenn Sie ins Präsidium zurückkommen, sind
die Bilder sicher auf Ihrem PC .«
    »Trotzdem«, sagte Peters.
    »Wie Sie wollen. Aber es ist kein Vergnügen, das sage ich Ihnen
gleich.«
    »Wie lange ist es her?«
    »Acht bis zehn Stunden, mindestens. Ich nehme aber an, dass es
bereits letzte Nacht passiert ist. Dann wären es etwa zwanzig Stunden.«
    »Wie wurde er getötet?«
    »Aus nächster Nähe ins Gesicht geschossen. Außerdem …«
    »Lassen Sie mich sehen«, sagte Peters.
    Die Ärztin zog das Tuch zurück, und Peters sah das Gesicht des
Toten. Es war kaum noch zu erkennen. Die Schrotladung hatte ganze Arbeit
geleistet.
    »Das ist erst der Anfang«, sagte die Frau und entblößte den Toten
vollständig.
    Was Peters dann sah, verschlug ihm die Sprache. Er hatte so etwas noch
nie gesehen und fand keine Möglichkeit, es in seinen Erfahrungsschatz
einzuordnen.
    »Was ist mit ihm passiert?«, fragte er, nachdem die Ärztin die
Leiche wieder zugedeckt hatte.
    »Manipulationen am Geschlechtsteil. Der Hodensack wurde
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