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Falsche Opfer: Kriminalroman

Falsche Opfer: Kriminalroman

Titel: Falsche Opfer: Kriminalroman
Autoren: Arne Dahl
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Alters. Und von den Tischen weiter drinnen habe ich keine Ahnung.«
    Per Karlsson verstummte. Auch Hjelm und Holm schwiegen.
    Schließlich sagte Kerstin Holm: »Also fassen wir zusammen. Wir zeichnen eine kleine Skizze. Der Tatort, die Theke also, befindet sich im Innern des Lokals, an der der Tür gegenüberliegenden Wand. Direkt vor der Theke stehen ein paar Tische, die in den Raum hineinragen. Von denen weißt du nichts, du warst zu weit weg. Nach außen hin sieht es von der Theke gesehen so aus. Gegenüber die Fenster zur Tjärhovsgata. Links die Tür. Neben der Tür ein einziger längsstehender Tisch. Dann der Gang, dann dreimal drei ziemlich große Tische, an dem mittleren ganz außen hast du gesessen, mit dem Blick zum Fenster. Bevor kurz nach neun die Byenfans hereinströmten, waren folgende Personen im Lokal. Die Tischreihe am Fenster: an den beiden Tischen rechts die Junggesellinnenclique. Dann, am Fenstertisch gleich neben der Tür ... ?«
    »Das weiß ich nicht. Es saßen ein paar Leute da, aber wer, kann ich nicht sagen. Sie blieben auf jeden Fall nachher da.«
    »Jetzt die mittlere Reihe, die Tischreihe, in der du gesessen hast.«
    »Rechts außen weiß ich nicht, wie gesagt. Dann ich – und nach einer Weile sieben, acht Byenfans. Am Tisch links von mir saß eine Gruppe Studenten, glaube ich.«
    »Und die Reihe, die dem Tresen am nächsten liegt?«
    »Herrgott. Jaja. Der erste Tisch, ganz rechts, unmittelbar am Tresen: diese beiden Paare und der lange Schwule, der mich anstarrte. Am zweiten Tisch: die Künstlertypen, vier Stück. Am dritten Tisch: keine Ahnung. Und dann der allein stehende Tisch neben der Tür: die Gruppe von fünf Mann, von denen vier abgehauen sind.«
    »Na dann«, sagte Hjelm. »Kommen wir jetzt zum Täter.« Er verspürte eine gewisse Befriedigung darüber, das Wort ausgesprochen zu haben, ohne vorher eine Pause zu machen.
    »Eigentlich fielen mir in erster Linie die Hammarbyhalstücher auf«, sagte Per Karlsson. »Einer hatte auch eine Fahne, eingerollt, grün-weiß kariert. Der Täter hatte halblanges, ziemlich blondes, ziemlich schmuddeliges Haar. Ich habe ihn fast nur von hinten gesehen. Ich glaube, er hatte auch ein kleines Ziegenbärtchen. Ich weiß nicht, Autobastlertyp, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich bin in Danderyd geboren und aufgewachsen, und er war so einer, den man da draußen auf Anhieb als südliche Vororte klassifizieren würde. Typ Farsta.«
    Hjelm und Holm starrten ihn an.
    »Vorurteile, ich weiß«, sagte er. »Jetzt wohne ich selbst in den südlichen Vororten. Arbeitslos und ohne Ausbildung in den südlichen Vororten. Das sind Vorurteile, aber besser kann ich ihn nicht beschreiben.«
    »Nein, noch etwas«, sagte Kerstin Holm. »Komm mit zum Polizeizeichner. Der arbeitet inzwischen am Computer, es geht also ziemlich schnell.«
    Sie stand auf. Per Karlsson stand auf. Sie war größer als er, konstatierte Hjelm sinnloser weise.
    »Und sonst fällt dir nichts mehr ein, Per?« sagte er.
    Per Karlsson schüttelte den Kopf und warf ihm einen versteckten Blick zu. Diese eigenartige, widersinnige Klarheit.
    »Also dann. Danke für deine Hilfe.«
    Sie verschwanden.
    Paul Hjelm verschwand auch. In die schwebende, halbwirkliche Welt der Tagträume. Per Karlsson. Vor zwanzig Jahren in Danderyd geboren. Danderyd, ging aber nicht mal weiter aufs Gymnasium. Arbeitslos, aber saß in einer der bekanntesten und berüchtigtsten Kneipen von Söder und las römische Klassiker. Was mochte geschehen sein? Es war nicht möglich, sich eine Vorstellung zu machen. Außenseiter in der Schule? Aus Vaters Firma gefeuert? Geduckt und gedeckelt, aber im Begriff sich aufzurichten? Aufruhr gegen den Vater? Allgemein rebellisch? Ehemaliger Drogenabhängiger? Schwer von Begriff?
    Nein.
    Das andere vielleicht, doch dies nicht. Nicht schwer von Begriff. So viel hatte Paul Hjelm gesehen, obwohl er das Gefühl hatte – ja, schwer von Begriff zu sein.
    Degradiert zum trostlosen Limbo der Kneipenprügeleien.
    Paradise lost.
    Nein, nicht schwer von Begriff. Im Gegenteil, ungewöhnlich aufgeweckt. Und jetzt musste er aus dem Bewusstsein verbannt werden. Jetzt würden sie sich durch betrübliche Katerverhöre hindurchkämpfen, also musste Per Karlsson auf andere Erinnerungsbänke versetzt werden als die von Hjelm. Nur seine Aussage durfte bleiben.
    Hjelm gähnte, seine Gedanken rollten weiter. Die Monate bei der Ordnungspolizei. Die Abteilung für Gewaltverbrechen im Polizeibezirk City. Bergsgatan.
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