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Falsche Opfer: Kriminalroman

Falsche Opfer: Kriminalroman

Titel: Falsche Opfer: Kriminalroman
Autoren: Arne Dahl
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schon alles? Du weißt.«
    »Ich glaube schon.«
    »Aber man muss das Beste daraus machen. Wir sind wieder zusammen, und jetzt werden wir eine perfekte Rundum – Lösung dafür liefern, was in den Medien schon unter der Bezeichnung ›der Kvarnenmord‹ läuft. Oder?«
    Kerstin Holm kicherte und schob sich einen Priem unter die Oberlippe.
    »Was soll denn das sein?« sagte Hjelm und zeigte darauf.
    »Lebenserneuerung«, sagte Kerstin Holm, ohne eine Miene zu verziehen. Dann bog sie auf einen anderen Pfad ein – den der Erinnerung: »Was ist mit den anderen? Mit Gunnar habe ich die ganze Zeit Kontakt gehabt, und ihm geht es ja gut.«
    »Ja. Doch, unser Freund Gunnar Nyberg ... Er blieb ja als einziger beim Reichskriminalamt. Die Belohnung dafür, dass er sich weigerte, an der Endphase der Jagd auf den Kentuckymörder teilzunehmen. Und so landete er mitten in diesem Pädophilendschungel. Pedo University.«
    »Ich kann ihn vor mir sehen«, lächelte Kerstin Holm und blätterte in ihrem kleinen Notizblock. »Er hat gerade den Kontakt zu seinen Kindern und zu seinem einjährigen Enkelkind wiederaufgenommen, und genau in dem Moment bricht die Pädophilenwelt des Internets über ihn herein. Eine Lokomotive unter Volldampf.«
    »Bestimmt.«
    Zwei Bilder auf zwei Netzhäuten. Sicher zum Verwechseln ähnlich. Ein prustender Riese mit bandagiertem Schädel, der Pädophile mit der Lötlampe jagt.
    »Jaja«, sagte Hjelm grimmig. »Wir anderen haben unsere kleinen Strafen gekommen. Böses Blut kehrt wieder.«
    »Das wollten wir nie wieder sagen.«
    »Recht hast du. Nie wieder.«
    »Und die anderen?«
    »Seit der Auflösung der A-Gruppe habe ich nicht viel Kontakt zu ihnen gehabt. Ich war ja der einzige, der ausgeliehen wurde und den tristen Weg zur Ordnungspolizei antreten musste. ›Gunnar Lövs Apparate‹. Bestrafung. Ich glaube, ganz im Innersten hielten sie mich für verantwortlich für die Panne mit dem Kentuckymörder. Aber Jan-Olov wurde der Sündenbock.«
    »Hast du mit ihm noch Kontakt?«
    »Nein. Er verschwand einfach. Unfreiwillig pensioniert. Der pensionierte Kriminalkommissar Jan-Olov Hultin. Ich glaube, er hörte sogar auf, Fußball zu spielen. Das Märchen von Holzbein-Hultin ist aus. Söderstedt und Norlander sind bei der Provinzialpolizei gelandet, Abteilung für Gewaltverbrechen. Und Chavez hat sich weitergebildet.«
    »Polizeihochschule ?«
    »Ja. Die Karrierepläne rollen weiter. Gibt es immer noch Kommissarkurse? Falls ja, hat er so einen gemacht.«
    »Und unsere Räume? Die ›Kampfleitzentrale‹?«
    »Ich glaube, die sind von Verwaltungspersonal übernommen worden.«
    Sie schwiegen eine Weile und betrachteten einander. Wirklich alles hatten sie zusammen gemacht ... Für einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Hände in einem flüchtigen Händedruck. Dann musste es genug sein. Sie hatten viel Arbeit vor sich. Kerstin Holm blätterte ihren Notizblock durch. Paul Hjelm überflog die mediokren Kurzverhörprotokolle des Nachtpersonals. Gemeinsam betrachteten sie die kleine Skizze des Restaurants K varnen.
    »Sie warten draußen«, sagte Kerstin und seufzte.
    »Jaja. Der Nächste bitte«, sagte Paul und seufzte ebenfalls.

2

    H immel.
    Wie lange war es her, seit er den gesehen hatte?
    In Schweden gibt es fünfundfünfzig Gefängnisse mit über viertausend Plätzen. Sie sind in vier Sicherheitsstufen eingeteilt. Stufe IV sind offene Anstalten, Stufen I bis III geschlossene. Stufe I sind die sichersten Gefängnisse mit den gefährlichsten Gefangenen, und davon gibt es drei in Schweden: Hall, Tidaholm und Kumla.
    Und jetzt sah er den Himmel, im Ernst, ohne Gitter. Und er blickte zurück zu den Toren, die sich hinter ihm schlossen, und für einen Moment hatte er das Gefühl, als verließe er seinen Körper und würde eins mit dem Himmel und sähe die ganze Ebene unter sich, die ganze Närke-Ebene mit ihren rechteckigen grünen, braunen, gelben Feldern, und die Anstalt sah aus wie zwei quadratische Felder inmitten aller anderen Felder.
    Die Mauern waren gar nicht zu sehen.
    Die Perspektive löste sie auf. Dann war er wieder unten.
    Auf festem Boden.
    Mit den Füßen auf dem Boden.
    Er wandte sich noch einmal um. Die Mauern waren vollständig kahl. Nichts dahinter. Nichts, was aufragte. Nur Mauern. Grau. Graue Mauern.
    Er setzte sich in Bewegung. Ein Lächeln spielte um einen Mundwinkel.
    Er ging zu dem Van. Der dastand und auf ihn wartete. Brummte. Das Geräusch der Freiheit. Die Freiheit in Form eines
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