Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsche Opfer: Kriminalroman

Falsche Opfer: Kriminalroman

Titel: Falsche Opfer: Kriminalroman
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
kurzen, glücklicherweise rasch vorübergehenden Hass auf sich selbst.
    Kerstin Holm sprang für ihn ein. »Es wurde wirklich eine Metamorphose. Für Anders Lundström aus Kalmar. Die ultimative Metamorphose. Die Verwandlung der Verwandlungen. Welche von Ovids Metamorphosen passt auf das Schicksal von Anders Lundström, Paul? Orpheus?«
    »Sicher«, sagte Hjelm gedehnt. »Orpheus, der von den trakischen Bacchantinnen in Stücke gerissen wird.«
    Per Karlsson starrte sie an, plötzlich vollkommen außer sich. »Nein«, sagte er. »Nein, nicht Orpheus.«
    Hjelm und Holm sahen sich mit einer gewissen Verwunderung an. »Jaja«, sagte Hjelm schließlich. »Wir wissen also, dass dein kleines ›ich habe nichts gesehen‹ eine Lüge ist. Es macht hiermit eine Metamorphose durch. Erzähl jetzt, was du gesehen hast, Per, von Anfang an. Von jetzt ab ist dies ein regelrechtes Verhör. Du heißt also Per Karlsson, bist am 12. April 1979 in Danderyd geboren, bist wohnhaft in Aspudden, hast eine neunjährige Schulausbildung und bist arbeitslos. Ist das korrekt?«
    »Ja«, sagte Per Karlsson tonlos.
    »Wir haben heute den 24. Juni, es ist acht Uhr dreizehn. Erzähl jetzt alles, was du am 23. Juni, also gestern Abend, um einundzwanzig Uhr zweiundvierzig im Restaurant Kvarnen in der Tjärhovsgata gesehen hast.«
    Per Karlsson sah ein bisschen blass aus. Er starrte auf den Tisch und spielte mit seinen Fingern. »Nehmen Sie das hier auf?«
    »Alles ist aufgenommen worden, seit du den Raum betreten hast. Und dies hier auch.«
    »Ja, also, als ich ins Kvarnen kam, waren nicht viele Leute da. Ich hatte keine Ahnung, dass an dem Abend ein Spiel war, sonst wäre ich bestimmt nicht dahin gegangen. Es war ruhig. Ich las. Dann kamen sie rein. Die ersten Fans kamen kurz nach neun, und von da an wurde es immer voller. Ich versuchte weiterzulesen. Es ging ganz gut. Ich kann mich gut konzentrieren. Ich saß ein bisschen abseits, mit dem Rücken zum Tresen, fast ganz vorne am Fenster, also hörte ich mehr, als dass ich etwas sah. Aber natürlich habe ich mich dann und wann umgedreht.«
    »Warum hast du gesagt, du hättest nichts gesehen?« fragte Kerstin Holm.
    Paul Hjelm sagte: »Ist es so, dass man automatisch, wenn man mit der Polizei redet, antwortet: ›Ich habe nichts gesehen? Ist es schon soweit gekommen?«
    »Jedenfalls ist das die häufigste Antwort, die wir bekommen.«
    »Soll ich weiterreden?« fragte Per Karlsson verwirrt.
    »Selbstverständlich«, sagten Hjelm und Holm im Chor.
    Jalm and Halm, das berühmte amerikanische Komikerpaar.

    »Eine Gruppe Byenfans von sechs, sieben Mann hörte, wie eine andere Gruppe, vier Jungs vielleicht, smaländisch redete. Beide Gruppen standen am Tresen. Die Byenfans fingen mit den Smaländern Streit an, die sagten, sie wohnten in Stockholm und wären für Hammarby. Man konnte hören, dass sie Angst hatten. Und dass sie logen. Die Byenfans hörten auch, dass sie logen. Sie wurden immer aggressiver. Zwei von den Smaländern konnten sich dünnemachen und zogen Leine. Zwei blieben zurück. Die Stimmung wurde unangenehm. Es kamen noch ein paar Byenfans hinzu und versuchten, die andere Gruppe wegzuziehen. Sie sahen wahrscheinlich, was sich da anbahnte. Schließlich versuchte einer der Smaländer abzuhauen. Er gab einem der Hammarbyer im Hintergrund einen Stoß, so dass der hinfiel. Da drückten drei aus der Gruppe den Jungen gegen den Tresen, und der, der hingefallen war, stand auf, riss einen Bierkrug an sich und schlug ihn dem Jungen mit voller Wucht auf den Schädel.«
    »Hast du das gesehen?«
    »Nein, nicht richtig. Ich hab immer mal wieder hingesehen, mich kurz umgedreht. Aber ich hörte es. Ich habe mich umgedreht, als ich den Schlag hörte. Ein verflucht hässlicher dumpfer Knall. Nicht wie wenn Glas zerbricht eigentlich, ich nehme an, es war der Schädel, der zertrümmert wurde. Scheiße, der Schädel, die Adern. Ich wandte mich genau in dem Moment um, als das Glas getroffen hatte. Es war ein kleiner freier Raum um ihn entstanden. Er hielt die Hände an den Kopf. Und das Blut lief nur so, durch die Finger, die Arme hinunter. Pfui Teufel. Und dann fiel er, sackte einfach zusammen und auf den Boden. Und die Byengang machte direkt ‚nen Abgang. Sie liefen schnurstracks zur Tür und raus. Der es getan hatte, hielt noch den Griff des Bierkrugs in der Hand, vollkommen blutig. Ein ganzer Haufen konnte sich verdrücken, bevor die Türsteher reagierten und die Tür blockierten. Dann kam ziemlich schnell
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher