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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
Autoren: Jennifer Fallon
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kümmern.«
    Mit großer Anstrengung schüttelte sie den Kopf. »Du bist der Bewahrer der Überlieferung. Deine Aufgabe … deine einzige Aufgabe … ist es, unser heiliges Wissen zu retten. Die Überlieferung ist unser einziger Schutz … gegen die Gezeitenfürsten.«
    »Unser heiliges Wissen hat uns dieses Mal auch nicht retten können«, entgegnete er bitter.
    »Umso wichtiger ist es, die Überlieferung … zu bewahren, Krynan.« Das Gesicht seiner Mutter war schmerzverzerrt, aber sie schien entschlossen, sich durch ihr Leiden nicht ablenken zu lassen von der Sorge um etwas, das viel wichtiger war als die Ängste und Schmerzen einer Einzelnen. Die heilige Überlieferung bedeutete ihr alles. »Vielleicht haben wir … versagt, aber zukünftige Generationen können … auf unseren Erfahrungen aufbauen. Die Bruderschaft … verlässt sich auf dich. Bildet einen neuen Fünferrat der Weisen. Rette … unser Wissen. Es muss … weiter bestehen.«
    Obwohl er mit dieser Forderung gerechnet hatte, machte sie ihn wütend. »Du willst, dass ich mein Volk im Stich lasse? Nur um ein paar zerfledderte Papierfetzen zu retten, die uns jetzt auch nichts genützt haben?«
    »Dein Schmerz … trübt deine Urteilskraft, Krynan …«, warnte seine Mutter. Ihre Stimme wurde immer schwächer, so wie sie selbst. »Du hast immer gewusst, dass es einmal so kommt.«
    Das war die bittere Wahrheit. Seit der Fünferrat, das Führungsgremium der Bruderschaft des Tarot, ihn seinerzeit zum Bewahrer der heiligen Überlieferung ernannt hatte, hatte Krynan gewusst, dass es dazu kommen konnte. Aber es war ein gewaltiger Unterschied, ob man wusste, dass man auserkoren war, eines Tages eine beschwerliche Aufgabe zu erfüllen, oder ob man plötzlich konkret mit dieser Forderung konfrontiert war.
    Hilflos zuckte er mit den Schultern. »Ich fürchte, ich hatte einfach nicht erwartet, zu überleben.«
    »Dass du überlebt hast … ist ein sicheres Zeichen … es ist dein Schicksal, mein Sohn.«
    Er schüttelte den Kopf. »Dafür bin ich nicht stark genug, Mutter.«
    »Die Bruderschaft hält dich für stark genug, sonst hätte sie dir dieses Amt nicht übertragen.«
    Krynan runzelte die Stirn. Eigentlich, dachte er, hatte man ihn in erster Linie deshalb mit dieser Aufgabe betraut, weil in den kultivierten Salons von L'bekken niemand wirklich damit gerechnet hatte, dass die Gezeitenfürsten mit solcher Wildheit übereinander herfallen würden. Die Menschen wussten nicht einmal, worum die Götter überhaupt stritten, welche Auseinandersetzung da zur Zerstörung ihrer ganzen Welt eskaliert war. Vermutlich würden sie es auch nie erfahren. Aber wie bei den unzähligen Zivilisationen, die vor ihnen dasselbe Los ereilt hatte, war das nicht von Belang. Alles, was jetzt noch zählte, war, die heilige Überlieferung zu retten und gut versteckt zu halten. Und am sichersten versteckt war sie in einer unverdächtigen Form – sie verbarg sich in Gestalt des Tarot. Die Gezeitenfürsten waren zwar unsterblich, aber früher oder später, so glaubte die Bruderschaft des Tarot, würde jemand einen Weg finden, sie zu besiegen. Das war der Grund, warum die Überlieferung um jeden Preis bewahrt werden musste.
    Nur war Krynan bis zu diesem Augenblick nicht klar gewesen, wie hoch der Preis dafür war.
    Der Atem seiner Mutter ging stoßweise, ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. »Versprich mir, Krynan … versprich mir, die Überlieferung zu retten.«
    »Ich verspreche es«, sagte er. So nutzlos diese Aufgabe ihm auch vorkam, er konnte seiner Mutter nicht ihren letzten Wunsch abschlagen. »Ich werde die verdammten Karten retten. Wer weiß, vielleicht sind die Menschen der Zukunft klüger und finden heraus, wie die Schufte zu besiegen sind.«
    Sie nickte und hob ihre Hand, griff nach etwas, das in ihrer Bluse verborgen war. Als er sah, wie schmerzhaft die Bewegung für sie war, kam er ihr zu Hilfe. Es war ein jämmerlich dünnes Päckchen, das er da hervorzog, in Öltuch eingeschlagen, um es vor der Feuchtigkeit zu schützen. Aber feuerfest war es nicht. Seine Mutter hatte die kostbaren Karten unter Einsatz ihres Lebens mit ihrem eigenen Körper vor der glühenden Asche geschützt.
    Krynan hielt sich für nicht annähernd so tapfer. Oder so pflichtbewusst.
    »Die Zukunft … hegt in deiner Hand, Krynan«, flüsterte seine Mutter. »Enttäusche … sie nicht.«
    »Ich werde die heilige Überlieferung um jeden Preis beschützen«, rezitierte er und gab sich Mühe, die Skepsis
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