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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
Autoren: Jennifer Fallon
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als sie ihn die enge Wendeltreppe zum Rückfälligentrakt hinaufschleppten, um zu klären, wie mit einem Mann zu verfahren war, der einfach nicht starb.
    Dass dieser Mann wirklich unsterblich sein könnte, war für sie natürlich völlig ausgeschlossen.
     

2
     
     
    Warlock konnte die Gefahr über den Gang hinweg riechen, sogar in der Dunkelheit. Die Witterung überdeckte all die anderen widerlichen Gefängnisgerüche, die allgegenwärtige Mischung von schimmligem Stroh, schalem Urin, menschlichem Kot und den sauren, penetranten Kohldünsten, die sich in jede Ritze seiner Kerkermauern eingefressen hatte. Auch der ferne Regenduft kam nicht dagegen an. Das Gefühl unmittelbar drohender Gefahr zerrte an einer uralten Erinnerung jenseits von Verstand oder Vernunft. Es wurde irgendwie noch ominöser durch das ferne Donnergrollen, als draußen ein Sturm gegen die dicken Kerkermauern peitschte, gegen die er doch nichts vermochte.
    Warlock wusste, was dort auf der anderen Seite des Korridors lauerte. Er konnte die Bedrohung schmecken, so deutlich, wie er die rostigen Gitterstäbe unter seinen Pfoten spürte, so deutlich, wie er die Wächter hören konnte, die am Ende des langen Ganges lärmend um Geld spielten. Die Wachstube lag so weit entfernt, dass aus ihr kein Lichtstrahl bis zu seiner Zelle drang. Doch er vernahm die Wärter trotzdem mit seinem feinen Hundegehör, das so viel stärker ausgeprägt war als Menschenohren und selbst als die Ohren eines Suzerain.
    Warlock spähte zur gegenüberliegenden Zelle hinüber und fletschte die Zähne. Obwohl der Insasse schon die ganze Nacht ununterbrochen stöhnte, schlief er offenbar und würde Warlocks Respektlosigkeit nicht bemerken. Wahrscheinlich war ihm das auch einerlei. Aber Warlock fühlte sich dadurch ein wenig besser. Wenn er schon nichts gegen sein Unbehagen tun konnte, konnte er dem Feind wenigstens ins Gesicht knurren, das machte dieses Gefühl immerhin etwas erträglicher.
    Die Gefahr, die er spürte, war am Vorabend angekommen, und zwar in Gestalt des Zelleninsassen von gegenüber. Ein Fremder, wie die Wächter Warlock erzählten, solange sie müßig herumstanden und warteten, bis einer der Ordonnanzen die Zelle für den Neuankömmling hergerichtet hatte. Ein Wagenschmied aus Caelum, verurteilt wegen Mordes. Gestern hätte er hingerichtet werden sollen.
    Und dann, seltsam, hatten sie ihn hierhergebracht.
    Hier war der Rückfälligentrakt. So nannten zumindest die Wächter diesen feuchten, schrecklichen Ort. Von den Namen, die die Insassen ihm gaben, war »Hölle« noch die freundlichste Bezeichnung. Der Rückfälligentrakt im Gefängnis von Lebec war den schlimmsten Verbrechern von Glaeba vorbehalten. Jenen, die die Obrigkeit niemals wieder freilassen wollte, die sie aber aus irgendeinem Grund nicht hinrichten lassen konnte.
    Und warum sollten sie uns auch töten, dachte sich Warlock, wo wir ihnen doch so ein schönes Spektakel bieten, wie wir hierbei lebendigem Leib verfaulen.
    Warlocks Verbrechen war weniger spektakulär. Er hatte nur einen Mann getötet. Dass sein Opfer drei Welpen seiner älteren Schwester ermordet hatte und eben dabei war, seine jüngere Schwester zu vergewaltigen, als Warlock ihm mit bloßen Händen die Kehle aufriss, hatte den Magistrat nicht interessiert. Denn der Magistrat bestand aus Menschen, und Warlock war ein Crasii. Ein Sklave. Sein Verbrechen bestand darin, die Hand gegen einen Menschen erhoben zu haben, und welche Gründe ihn dazu bewogen hatten, interessierte niemanden.
    Das Einzige, was Warlock vor der Hinrichtung bewahrt hatte, war der Umstand, dass sein Opfer ein Gesetzesbrecher ohne Angehörige war. Am Ende des Prozesses war niemand aufgestanden und hatte Gerechtigkeit gefordert. Allein das schon hätte für einen Freispruch ausgereicht, wäre Warlock ein Mensch gewesen. Die Rechtsprechung von Glaeba bemaß die Strafe nach den Konsequenzen des Verbrechens -je weniger Folgen ein Verbrechen hatte, desto milder fiel auch die Strafe aus. Der Mann, den Warlock getötet hatte, wurde von niemandem betrauert, und wäre sein Mörder ein Mensch gewesen, hätte das Gericht den Prozess womöglich sogar wegen Geringfügigkeit eingestellt. Aber bei Warlock war es nicht das erste Mal gewesen. Als halber Welpe war er einmal zufällig in eine Kneipenschlägerei geraten und hatte sich mit einem Mann geprügelt. Das hatte ihm eine Anklage wegen Körperverletzung eingebracht. Und somit war er ein Rückfälliger und landete im
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