Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 5 Nummer Dreizehn

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 5 Nummer Dreizehn

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 5 Nummer Dreizehn
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
er wollte nicht, dass jemand in den Garten kam und dasselbe Schicksal erlitt. Keiner der anderen verfügte über seine Körperkräfte. Keiner der anderen wäre an seiner Stelle noch am Leben gewesen.
    Noch zehn Meter. Er befand sich auf der Höhe des Irrgartens. Die Schatten der Hecken griffen nach ihm, aber immer mehr davon mussten ihn freigeben. Was immer für eine teuflische Macht sie erfüllen mochte – sie waren und blieben Schatten und konnten sich nicht in Richtung gegen das Licht bewegen.
    Kurz vor dem Ziel brach er zusammen. Er robbte weiter. Jetzt war es nicht mehr so schlimm. Zwar spürte er seine Beine nicht mehr, aber keine neuen Schatten griffen nach seinem Oberkörper, nach seinen Armen. Niemand nahm seinen Armen die Kraft. Das einzige, was er jetzt noch fürchtete, war eine Ohnmacht. Er zerrte seinen schweren, kraftlosen Leib Meter für Meter nach vorne.
    Bis er im Schatten von Schloss Falkengrund das Bewusstsein verlor.
    Auf der sicheren Seite der Pflanzen.

3
    „Er ruft geradezu danach, dass sein Vertrag mit Falkengrund aufgelöst wird“, behauptete Sir Darren.
    „Nein, das tut er nicht“, hielt Margarete Maus dagegen.
    „Er tut es doch. Und ich bin der Vize- Rektor .“
    „Nein, er tut es nicht. Und ja, Sie sind der Vize -Rektor.“
    Wie unterschiedlich man ein Wort betonen konnte ...
    Werner Hotten, der das Gespräch eine Minute lang verfolgt hatte, schüttelte seufzend den Kopf. „Bitte, Margarete, Sir Darren! Wir treffen uns nicht, um über den Kopf eines unserer Dozenten zu richten.“
    „Ach, wirklich?“, meinte der Brite und gab sich überrascht. „Wozu wurde ich dann gerufen? Heute ist immerhin mein freier Vormittag, und ich hatte mir erlaubt, in der Bibliothek ein wenig meinen bescheidenen Studien nachzugehen. Studien, von denen diese Universität eines Tages profitieren wird, wohlgemerkt.“
    „Sie haben außer Donnerstag jeden verd..., jeden Vormittag frei“, konnte sich Margarete die Bemerkung nicht verkneifen. „Und verbringen jeden einzelnen davon in der Bibliothek.“
    „Ich habe nichts Gegenteiliges behauptet.“
    Hotten setzte eine sachliche Miene auf. „Es ist 8.15 Uhr. In 45 Minuten beginnt der Unterricht, und ich bin der Meinung, wir sollten den Studenten eine Alternative zu Professor Cavallitos Seminar bieten.“
    „Soll ich mir vielleicht den Inhalt für ein dreistündiges Seminar in ein paar Minuten aus den Fingern saugen?“, kläffte Sir Darren.
    „Aber nicht doch“, erwiderte der Rektor. „Meinetwegen können wir etwas Spontanes machen – eine Diskussionsrunde, Fragestunde ... und es muss nicht unbedingt die vollen drei Stunden dauern.“
    Margarete Maus kochte innerlich. Wie oft hatten Sie derartige Gespräche schon geführt? Die Fronten waren abgesteckt, keiner hatte mehr etwas Neues zu sagen. Sir Darren weigerte sich wie immer, für seinen verhinderten Kollegen einzuspringen, und Hotten konnte ihn letztlich nicht dazu zwingen. Anstatt aber selbst etwas zu improvisieren, würde der Rektor sein zweites Ich, den Gärtner, hervorkramen und aus dem Haus schlüpfen, sobald sich eine Gelegenheit dazu bot. Und die Arbeit würde wieder an ihr hängen bleiben. Schließlich war sie es, die ihren Kollegen Cavallito verteidigte, dafür plädierte, seine Eskapaden zu entschuldigen und jedes Mal so zu tun, als wäre nichts geschehen. Also ließ man sie die Sache ausbaden.
    In gewissem Sinne war das fair. Nur kam es ihr nicht so vor.
    Vor einer Viertelstunde hatte Salvatore Cavallito angerufen und erklärt, dass er sein für heute angesetztes Seminar nicht halten könne, weil er mit Grippe im Bett lag. Margarete wusste nicht, ob „Grippe“ ein Frauenname in irgendeiner Sprache dieser Welt war, aber sie hatte das weibliche Kichern und die romantische Gitarrenmusik im Hintergrund sehr deutlich vernommen, denn sie war es gewesen, die den Anruf entgegengenommen hatte, und ihr Gehör war ausgezeichnet.
    Salvatore hatte einen Vertrag mit der Universität, in dem er sich dazu verpflichtete, jeden Freitagvormittag sein Mythologie-Seminar zu halten, ähnlich, wie Dr. Konzelmann Mittwochs Unterricht machte. Leider war Salvatore Cavallito nicht der zuverlässigste Mensch unter der Sonne. Ungefähr jeden zweiten Termin sagte er aus wenig glaubwürdigen Gründen ab, und es konnte kein Zweifel bestehen, dass die wahren Gründe dafür, dass er sich nicht zum Aufstehen entschließen konnte, recht treffend mit den beiden Wörtern „Kater“ oder „Kätzchen“ umschrieben werden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher