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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 5 Nummer Dreizehn

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 5 Nummer Dreizehn

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 5 Nummer Dreizehn
Autoren: Martin Clauß
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Seiten wie das Rad eines bizarren schwarzen Pfaus. Ihre ungestörte Ordnung bewies, dass der junge Afrikaner sich nicht gedreht hatte, seit er vor sechs Stunden ins Bett geschlüpft war. Ein Grund mehr, genau hinzusehen, ob seine Brust sich noch hob und senkte.
    Artur, der Neue, lag dagegen auf der Seite, eingerollt und mit angezogenen Beinen wie ein Embryo. Seine Decke lag auf dem Boden, und sein heller Pyjama zeigte am Rücken einen großen dunklen Schweißfleck. Ab und zu knirschte er mit den Zähnen oder gab schnappende Atemgeräusche von sich.
    Georg wurde das Gefühl nicht los, dass dieser Mann sich vor etwas fürchtete. Auch im Schlaf schien er keine Ruhe zu finden.
    Er schloss die Tür leise hinter sich. Seine Joggingschuhe standen auf dem Flur bereit, und mit ihnen in der Hand ging er die Treppe hinunter und schloss das Portal auf. Natürlich hatte jeder der Bewohner von Falkengrund einen Schlüssel in der Tasche, und Georg verriegelte die Tür hinter sich, ehe er in seine Schuhe schlüpfte und loslief. Er joggte federnd auf das schmiedeeiserne Tor zu, dessen Torflügel offen standen.
    Die Kühle des Morgens hatte die Hitze des letzten Tages nicht ganz vertreiben können. Zwar fühlte sich die Luft um diese Tageszeit noch einigermaßen erfrischend an, aber in ihr lauerte bereits die Feuchte eines neuen schwülen Tages, und der Kies der Zufahrt schien seine aufgespeicherte Wärme abzugeben, sobald Georgs Schuhe ihn berührten.
    Der Student wandte sich nach dem Tor nach links, bis die Mauer endete, und dann wieder nach links, weiter an der Mauer entlang, die das Anwesen einfasste. Vögel sangen in den Bäumen, und das Zwielicht hellte sich zusehends auf. Schon bald endete auch diese Seite der Mauer, und offene Wiesen breiteten sich aus. Er lief weiter vom Sonnenaufgang weg, seinem noch blassen Schatten hinterher in Richtung Westen, an kleinen Wäldchen vorbei, auf dem schmalen Trampelpfad, den sein täglich gleicher Joggingkurs hier geschaffen hatte.
    Hier gab es auf viele Kilometer keine menschliche Behausung. Die Uni hatte sich vor etwas über hundert Jahren in dem ehemaligen Jagdschlösschen der Barone von Adlerbrunn eingenistet, mitten im Schwarzwald, acht Kilometer von der nächsten Ortschaft Wolfach entfernt. Woher das Haus den Namen Falkengrund hatte, war Georg nicht bekannt. Unter einem „Grund“ stellte er sich ein Tal vor, doch das Schloss lag auf einer kleinen Hochebene. Falken hatte er in dieser Gegend allerdings schon beobachten können.
    Die Natur war wildromantisch, Flora und Fauna üppig. Werner Hotten, Rektor und Gärtner in einer Person, schleppte beinahe täglich neue Pflanzen an, die er an den Rändern des weitläufigen Parks hinter dem Schloss anpflanzte oder in Töpfen im Gebäude verteilte.
    Nach einer Aufwärmphase zog Georg das Tempo an. Fünfzehn Minuten lang kämpfte er sich mit voller Kraft durch den erwachenden Tag, wechselte dann in einen lockeren Trab und blieb schließlich am Waldrand stehen. Hier lagen mehrere Holzblöcke parat, die er zu stemmen begann. Außerdem hatte er sich hier ein primitives, aber stabiles Reck für Klimmzüge und andere Übungen gebaut.
    Eine halbe Stunde dauerte sein Trainingsprogramm, und als er damit durch war, klebte die Kleidung an seinem Leib. Nach einer kurzen Verschnaufpause trat er in gemächlicher Geschwindigkeit den Heimweg an.
    Als er sich der Rückmauer des Anwesens näherte, glaubte er eine seltsame Spannung zu spüren.
    Hätte er versucht, das Gefühl jemandem zu schildern, hätte er vermutlich von einer Art Gewitterstimmung gesprochen, die sich über dem Anwesen gebildet hatte. Eine zischelnde Elektrizität schien in der Luft zu liegen. Doch der Himmel war blau, und nirgendwo waren Gewitterwolken im Anzug.
    Befremdet von der eigenartigen Atmosphäre, sparte sich Georg den Weg rund um das Anwesen herum und kletterte stattdessen über die Mauer auf das Grundstück. Er kam nicht außer Atem, als er seine kräftigen Finger in zwei Vertiefungen steckte und seinen Körper empor hievte. Ein paar Atemzüge lang saß er rittlings auf der drei Meter hohen Steinwand und blickte auf den Park hinab. Im Zentrum befand sich ein kleines, dunkelgrünes Labyrinth aus Ligusterhecken. Hotten hatte sich möglicherweise durch einen Klassiker des Horrorfilms, Kubricks „Shining“, dazu inspirieren lassen. Doch die Hecken waren mit gerade einmal achtzig, neunzig Zentimetern Höhe noch so niedrig, dass ein Jack Nicholson sich schwer tun würde, seine Axt oder
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