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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 5 Nummer Dreizehn

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 5 Nummer Dreizehn

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 5 Nummer Dreizehn
Autoren: Martin Clauß
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dem Finger zehn Buchstaben geschrieben.
    Die Dozentin prägte sich die Folge der Lettern ein, die wie ein Zauberwort aus einer fremden, exotischen, vokalreichen Sprache anmutete:
    EIEDEDEIEH
    Sie erreichten den Flur. Dort stand Werner Hotten, der offenbar Geräusche gehört hatte, unschlüssig, ob er den Raum betreten sollte.
    „Pol- ... Poltergeist“, keuchte Margarete. „Ich ... fürchte, wir haben einen Poltergeist im Haus. Sanjay braucht vermutlich einen Arzt. Und ich brauche ... was zum Schreiben. Schnell, bevor ich dieses Wort vergesse.“

5
    Eine Viertelstunde später machten die Dozenten von Falkengrund weitere unheimliche Entdeckungen.
    Sie hatten die Studenten in ihren Zimmern aufgesucht, um ihnen zu verbieten, die Duschräume zu betreten. Dabei waren ihnen zwei Dinge aufgefallen.
    Erstens: In Michael Löwes Zimmer sah es aus, als hätte ein Hurrikan darin gewütet. Sein Bettzeug und sein Pyjama waren vollständig zerfetzt, und obwohl der Junge versucht hatte, sauberzumachen, war es ihm nicht gelungen, die Spuren seines schrecklichen Erlebnisses zu beseitigen. An einer der Wände stand in dunklen, wie eingebrannten Lettern eine unverständliche Folge von Buchstaben.
    Die zweite Entdeckung war noch bedrückender. Als man feststellte, dass Georg Jergowitsch nirgendwo im Haus zu finden war, setzte man die Suche im Garten fort ... und fand ihn hinter dem Gebäude auf dem Rasen. Der hünenhafte junge Mann kam allmählich zu Bewusstsein und schlurfte schließlich, gestützt von zwei seiner Kommilitonen, ins Haus. Auf der Rückwand des Schlosses war eine Schrift zu erkennen. Die Buchstaben sahen ähnlich aus wie jene an der Wand in Michaels Zimmer, schwarz, als wäre der Putz an dieser Stelle verkohlt. Der Text lautete:
    HETEISTDEGSSETAG
    Außerdem stellte sich heraus, dass Margaretes Eile, das Wort aufzuschreiben, das sie auf dem Spiegel gesehen hatte, unbegründet gewesen war. Wenngleich physikalisch unmöglich, waren die Buchstaben nicht etwa von dem Dampf im Inneren des Waschraumes ausgelöscht worden. Nein, sie blieben klar und deutlich dort stehen, als würde ein unsichtbarer Finger sie immer wieder nachziehen ...
    An Unterricht war unter diesen Umständen nicht mehr zu denken.
    Der Rektor entschied, dass sich alle Studenten und Dozenten um zehn Uhr in dem großen Seminarraum im Erdgeschoss versammeln würden, um die Lage zu besprechen. Bis dahin war darauf zu achten, dass niemand alleine blieb. Die Studenten sollten sich nur in Gruppen bewegen, und das galt auch für die Dozenten.
    Sir Darren diskutierte mit Rektor Hotten die Situation in der Bibliothek, während Margarete sich um die beiden Verletzten kümmerte. Sie hatte Dr. Steinbach gerufen, den Arzt, dem sie vertrauen konnten. Der alte Herr war sofort gekommen, hatte bei Sanjay Munda Verbrennungen ersten Grades festgestellt und sie mit einer Salbe behandelt. Georg Jergowitsch fehlte nichts – er war nur außergewöhnlich erschöpft und ausgetrocknet. Und die Kratzer an Michael Löwes Körper hatten bereits zu heilen begonnen.
    An der Versammlung um zehn Uhr konnten Sanjay, Michael und Georg teilnehmen, und auch Madokas Bettruhe hatte der Arzt aufgehoben, so dass die Studenten vollzählig erschienen.
    „Wenn sich solche Vorfälle weiterhin häufen“, brummte Dr. Steinbach, „werde ich sie nicht länger geheim halten können. Die Polizei sollte davon in Kenntnis gesetzt werden.“ Der kleine, grauhaarige Mediziner verließ das Schloss mit tiefen Falten auf der Stirn.
    Die Studenten hatten ihre Plätze in dem größten Raum des Gebäudes eingenommen. Die Unruhe war ihnen anzumerken.
    Zu Beginn der Versammlung ergriff Margarete Maus das Wort. Ein tiefes Schweigen herrschte im Saal, auch ohne, dass sie um Ruhe gebeten hatte.
    „Ich halte es nicht für nötig, um den heißen Brei herumzureden“, begann sie mit etwas zu lauter Stimme. „Diese Universität beschäftigt sich mit dem Übersinnlichen und Geheimnisvollen, und ich gehe davon aus, dass wir keine Grundsatzdiskussionen mehr darüber führen müssen.“
    Ihr Blick traf kurz Felipe Diaz, den Studenten aus Mexiko. Die meisten Anwesenden wussten, warum sie gerade ihn an dieser Stelle ansah. Felipe war ein erklärter Zweifler und aus Gründen hier eingeschrieben, die keiner der Dozenten nachvollziehen oder gutheißen konnte. Auch Artur Leik bedachte sie mit einem prüfenden Blick, denn sie wusste noch nicht, wie sie den Neuzugang einschätzen sollte. Artur wich ihren Augen aus.
    Margarete
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