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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 14 Frisches Blut für X

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 14 Frisches Blut für X

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 14 Frisches Blut für X
Autoren: Martin Clauß
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dass es beim Betrachter Übelkeit und Angst auslöste.
    In der Hand des Mannes blitzte etwas Helles auf. Es schien lebendig zu sein. Eine Klinge, die zuckte und pulste. Sir Darren begriff, dass es nur ein Messer war, nicht mehr – für den Effekt des Lebendig-Seins war die seltsame Qualität der Vision verantwortlich. Er sah die Szene wie unter der Beleuchtung eines Stroboskops.
    Der Mann zögerte lange. Brachte die Klinge an den Hals des Wesens auf dem Boden. Eine Ziege! Sir Darren sah jetzt, dass es eine Ziege war. Ihre Hörner ragten weiß und vibrierend in die Dunkelheit. Dann stieß der Mann zu. Das Blut aus der Kehle des Tieres leuchtete schneeweiß – es ergoss sich in einer gewaltigen strahlenden Fontäne über seinen Mörder, badete ihn. Sein Körper war nun weiß und flirrte noch stärker als zuvor. Der Mann wandte sich ab und würgte, als müsse er sich übergeben.
    Im Inneren der Hütte regte sich etwas. Ein Strudel aus Farben, vielgestaltig und komplex, ein ungeheures Rasen und Wirbeln aus Licht.
    Der Hunger!
    Im ersten Moment bewegte es sich auf die sterbende Ziege zu. Doch dann änderte es seine Bahn, schien von dem Menschen angelockt zu werden. Das weiße Blut auf seinem Körper dampfte in zähen Fasern und wurde von dem Wirbel angezogen.
    Der Mann sah es nicht. Kämpfte mit der Übelkeit, hatte dem Grauen den Rücken zugewandt.
    Der farbige Wirbel baute sich auf und stürzte dann über ihm zusammen wie eine Welle.

8
    Sir Darren warf sich herum. Die beiden Männer hatten ihn abgesetzt und sich über ihn gebeugt. Dass er plötzlich das Bewusstsein verlor, hatte sie verwirrt.
    Der Brite, der völlig übergangslos zu sich gekommen war, als die Vision abbrach, nutzte seine Chance. Er platzierte seine Füße kraftvoll in der Magengrube eines der Männer, entkam dem ungeschickten Griff des zweiten, sprang auf und warf dem Priester die Kette seiner Handfesseln über den Kopf. Mit einem zornigen Keuchen zog er den Talarträger an sich, indem er seine Arme ruckartig zu den Seiten hin ausstreckte. Die Kette spannte sich über der Kehle des Geistlichen. Dieser ließ zuerst die Laterne fallen, dann, als der Druck lebensbedrohlich wurde, auch das Messer.
    „Raus hier, oder ich bringe ihn um!“, fauchte Sir Darren. „Ich schwöre bei X, ich tu’s wirklich!“
    Die beiden Männer wichen zurück, taumelten zur Tür. Sie schienen beinahe dankbar zu sein, dass er ihnen ein Recht gab, diesen Ort zu verlassen. Sie ertrugen nicht länger, was hier vor sich ging.
    Und jetzt? Der Schweiß stand auf der Stirn des Dozenten. Wie ging es jetzt weiter?
    In den Schatten regte sich etwas. Es war jetzt keine Vision mehr, es war die Wirklichkeit. Eine Gestalt formte sich im Dunkel, und es war der Mann, den er eben im Geiste gesehen hatte.
    Xaver, der Bergführer! Der Mann, der hier gestorben war, als er eine Ziege opfern wollte.
    „Geht“, rauschte seine Stimme. „Geht und kommt nie mehr hierher zurück …“
    „Aber“, die Stimme des Priesters litt unter dem Druck des Messers an seinem Kehlkopf, „was ist mit dem Jungen, der sich verirrt hat?“
    „Ich kann ihn euch nicht zurückbringen.“
    „Du bist der Bergführer.“
    „Ich bin Nahrung. Nahrung für den Hunger. Nicht mehr. Er hat mir alles genommen, was ich war.“
    Sir Darren verfolgte die Unterhaltung fasziniert und begann zu begreifen. „Was ist der Hunger?“, schaltete er sich ein.
    Der Schatten wandte sich ihm zu. Er flatterte im Schein der zu Boden gefallenen Laterne. „Er ist alt. Er ist Hunger, mehr nicht. Seit Jahren zehrt er von mir, zuerst von meinem Fleisch, dann von meiner Seele. Es ist fast nichts mehr übrig. Es war ein Unfall, nur ein Unfall. Aber es kann alles ein Ende nehmen – wenn ihr jetzt geht! Jetzt!“
    Täuschte er sich, oder begannen sich hinter dem Schatten farbige Schlieren in der Luft zu bilden? Der Hunger – er hatte in der Vision gesehen, wie er aussah.
    „Raus!“, schrie er, ließ den Schatten stehen und zerrte den Priester unsanft mit sich. Dieser setzte sich zunächst zur Wehr, doch als er das wirbelnde, regenbogenartige Etwas ausmachte, wurde er zahm wie ein Lamm. Darren, dem die Flucht nicht schnell genug ging, ließ ihn schließlich frei und warf sich durch die Tür ins Freie. Ein paar Neugierige standen am Eingang Spalier und spähten ängstlich ins Innere, doch als der Brite, von dem Priester gefolgt, herausgestürzt kam, suchten auch sie das Weite.
    Ein vielfarbiger Strudel aus Licht schoss aus der Tür wie die
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