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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 14 Frisches Blut für X

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 14 Frisches Blut für X

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 14 Frisches Blut für X
Autoren: Martin Clauß
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vorüberschritt.
    „Du begehst einen großen Fehler“, zischte Sir Darren ihr zu. Sie sank noch mehr in sich zusammen, trat einen Schritt zurück und tauchte in der Menge unter. „Ich möchte zu gerne wissen“, sagte er, diesmal so laut, dass es alle hören konnten, „ob Veit und Veronika miteinander glücklich werden. Es wäre doch schade, wenn ich wegen einer einzigen verschwitzten Nacht mein Leben lassen müsste!“
    Einige der Dorfbewohner wurden blass und sahen weg. Die jungen Burschen stießen sich an und blickten grinsend zu ihm herüber. Was der Brite gesagt hatte, schien sie zu amüsieren und ihre Phantasie anzuregen. Doch auch ihre Heiterkeit machte rasch betretenem Schweigen Platz.
    Er hatte erwartet, auf dem Altar der Kirche zu enden, unter dem Andreaskreuz, in einer hässlichen Lache aus Blut, die über den Altartisch schwappte und bis in die vorderste Sitzreihe lief, den Frommsten den Frommen vor die Füße. Aber die Prozession, der sich nun alle Bewohner zögernd anschlossen, wandte sich nicht in Richtung Kirche. Sie ließ die Häuser hinter sich und zog den Berg hinauf, in die Dunkelheit hinein. Hinter ihnen meckerten ein paar Ziegen. Sie klangen glücklich, aber natürlich bildete er sich das nur ein.
    Nach hundert Metern versickerte der steinige Weg in einer Wiese, und die Gruppe bewegte sich querfeldein über den Hang. Die Männer, die ihn hielten, räusperten sich unablässig und zuckten zusammen, wenn er nur seine Muskeln anspannte oder mit den Ketten klirrte. Sie gaben sich alle Mühe, gelassen zu wirken, doch ihre Nerven lagen blank.
    Es würde eine Opferung mitten in der Natur werden. Wildromantisch. Vielleicht gab es einen Opferstein, einen alten Felsen, der schon in vorgeschichtlicher Zeit aus dem Boden gewachsen war. Tradition war ein wichtiger Faktor bei allen Ritualen. Vielleicht musste er sich auch einfach demütig auf den Boden knien und würde seinen Tod empfangen wie den Segen in der Kirche.
    Es war ein lauer Abend. Sir Darren waren keine Waffen aufgefallen. Allerdings konnte man nicht sagen, was der Priester unter seinem weiten Gewand verbarg. Für ein Messer war überall Platz.
    Der Weg wurde allmählich steiler, buckliger, und im Dunkeln wurde der Aufstieg zu einer Tortur. Der Brite verhielt sich wenig kooperativ, ließ sich schieben und zerren. Vielleicht begriffen sie irgendwann einmal, dass ihm das Ganze nicht halb so viel Spaß machte wie ihnen. Immer deutlicher spürte er jetzt ihre Eile. Je heftiger er sich widersetzte, desto mehr gerieten sie unter Zeitdruck. Sie hatten eine Verabredung einzuhalten.
    „Die Qualität des hiesigen Ziegenfleisches scheint neuerdings zu wünschen übrig zu lassen“, stellte Sir Darren fest. Er musste sich ablenken. Die Angst kroch allmählich in ihm hoch. „Früher scheint euer Herr, der Hunger, sie noch geschätzt zu haben.“
    Der Priester funkelte ihn böse an, sagte jedoch nichts. Die Fackeln flackerten in einem leichten Windzug. Formlose Schatten huschten in einem irren Tanz über den Berg.
    „Oder hat ihn jemand auf den Geschmack gebracht?“
    Jetzt schluckte der Geieräugige. Sein Blick wurde unruhig. Er wirkte alarmiert.
    Sir Darren entging es nicht. „War es vielleicht X, der dem Hunger Appetit auf Menschenfleisch gemacht hat?“
    „Xaver war ein Bergführer“, sagte einer der Männer abrupt. „Er bringt die zurück, die sich am Berg verlau-...“
    „Schweig!“, schrie der Priester und hob die Hand. Der Mann, der sich verplappert hatte, duckte sich erschrocken.
    „Interessant“, lächelte der Dozent, dem nicht wirklich nach Lachen zumute war. „X steht also für Xaver. Das macht ihn doch gleich viel … menschlicher.“
    „Es ist nicht X, den du fürchten musst“, knirschte der Mann im Talar. „X führt uns.“
    In diesem Moment ging ein Raunen durch die Menge. Die Leute konnten das Gespräch nicht mitangehört haben. Ihre Reaktion musste einen anderen Grund haben. Und Sir Darren sah auch, welchen.
    Am Berg war eine Hütte aufgetaucht, einer einfachen Scheune ähnlich, aber kleiner. Sie schälte sich erst aus dem Dunkel, als die Spitze der Prozession bis auf zwanzig Meter herangekommen war. Ihr Verfall war schon fortgeschritten, Latten hingen herab, die Fenster waren leer und schwarz, und das gesamte Gebäude lehnte sich bedrohlich zur Seite. Es traute sich wohl seit Jahren niemand mehr, es auszubessern.
    Seit der Hunger angefangen hatte, Menschen zu fressen?
    Der Eingang war ein finsteres Loch ohne Tür. Dem
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