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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien
Autoren: Martin Clauß
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fallen ließ.
    „Der muss den Verstand verloren haben“, murmelte Georg. „Er verletzt sich noch selbst, wenn er so weitermacht.“
    „Offenbar hat Salvatore etwas gesagt, was der Hund partout nicht akzeptieren will“, feixte Harald. „Die Strafen Gottes kommen prompt.“
    Der Dozent ignorierte ihn. „Dieser Hund ist nicht der erste. Vorher habe ich noch zwei andere vor dem Haus gesehen. Irgendetwas geht hier vor.“
    „Wir sollten die Läden schließen“, drängte Georg, „sonst hat er das Fenster früher oder später zerlegt. Ich kann nur dagegen drücken, wirklich abhalten kann ich ihn nicht.“
    Die Fenster von Schloss Falkengrund verfügten noch über altmodische, hölzerne Fensterläden. Alles andere hätte die Fassade verschandelt. Sie wurden abends gewöhnlich nicht geschlossen, außer das Wetter war besonders stürmisch.
    Kurzentschlossen entriegelte Georg das Fenster, drückte die beiden Flügel auf und griff nach draußen. Wie erwartet kam die nächste Attacke des Hundes, ehe er die Riegel entfernt hatte, mit denen die Läden an der Wand fixiert wurden.
    Georg hatte damit gerechnet. Er ballte seine Faust und zielte auf die Schnauze des Tieres. Der Hund stieß ein erbärmliches Jaulen aus, als seine Nase Kontakt mit den Fingerknöcheln des Menschen hatte, doch eines seiner Vorderbeine fuhr noch herab und fügte dem Unterarm des Studenten einen Kratzer zu. Unbeirrt löste Georg die Riegel und warf die Läden krachend zu.
    „Hast du dich verletzt?“, sorgte sich Sanjay.
    „Nur eine Schramme.“
    „Collies sind normalerweise sehr scheue Hunde, und langhaarige besonders.“ Sanjay machte ein ungläubiges Gesicht. „So etwas sieht ihnen überhaupt nicht ähnlich.“
    Irgendwo im Haus gab es einen Schlag. Es klang, als würde der Hund seine Attacken an einer anderen Stelle fortsetzen.
    „Ich habe das Gefühl, wir sollten die restlichen Läden auch schließen. Sicher ist sicher.“
    „Gut.“ Enene, der Afrikaner, der fast nie ein Wort sprach, lief aus dem Zimmer in Richtung Bibliothek. Harald beugte sich ausnahmsweise einmal Georgs Vorschlag und verließ die anderen ebenfalls, um nach dem kleinen Seminarraum und dem dahinterliegenden Abstellraum zu sehen. Er wollte nicht wie jemand dastehen, der keinen Finger rührte.
    Georg nahm sich die Fenster des Zimmers vor, in dem sie sich gerade befanden – es war der größte Raum des Schlosses. Als er einen Blick nach draußen riskierte, versteinerte seine Miene. „Ich sehe eine Menge Hunde da draußen“, sagte er. „Wir werden belagert.“ Hastig schloss er die Läden.
    „Ich schätze, das obere Stockwerk können wir uns sparen“, meinte Sanjay. „Dort kommen sie nicht hinauf.“ Das klang mehr nach einem frommen Wunsch als nach ehrlicher Überzeugung.
    „Aber wir können uns von dort einen Überblick verschaffen, welche Ausmaße dieser Irrsinn angenommen hat. Gehen wir zusammen nach oben?“ Alle folgten sie Salvatore. Alle bis auf Madoka. Sie war noch immer nicht aufgestanden, saß an ihrem Tisch, die Hände auf dem Schoß, den Kopf schräg, die Augen nur halb geöffnet.
    Sie war wie gelähmt, und hätte einer der Studenten sich die Zeit genommen, die junge Japanerin genauer anzusehen, wäre ihm aufgefallen, dass ihre Miene angespannter war als sonst. Ihre Hände krallten sich in den Stoff ihrer Jeanshose, und ihr ganzer Körper war verkrampft.
    Madoka Tanigawa hatte Angst.

5
    Hermann und Adolf zerrten wie wild an ihren Ketten, den ganzen Tag schon. Das bereitete Heinrich Sorgen, denn er konnte nicht sicher sein, ob die Ketten, die er im Heimwerkermarkt als deutsches Erzeugnis gekauft hatte, nicht doch ein ausländisches Produkt waren.
    Man konnte nie sicher sein.
    Heinrich starrte mit finsterem Gesicht durch die Scheibe nach draußen, wo sich seine beiden Bullterrier gebarten, als hätten sie den Verstand verloren. Längst hatten sie sich heiser gebellt, und das Rasseln der Ketten war lauter geworden als ihre Stimmen. Sie jagten hin und her, stiegen auf die Hinterbeine und spannten ihre Fesseln. So hatten sie sich noch nie aufgeführt.
    Vor einer Stunde war die Nachbarin an seine Haustür gekommen. Zweifellos wollte sie sich über den Lärm beschweren, aber natürlich hatte Heinrich nicht geöffnet. Die Frau trug zwar den deutschen Nachnamen des Vaterlandsverräters, der sie geheiratet hatte, war jedoch südosteuropäischer Abstammung und versuchte dies noch nicht einmal zu verbergen. Heinrich konnte von hinter dem Vorhang beobachten, wie
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