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Falkengrund Nr. 31

Falkengrund Nr. 31

Titel: Falkengrund Nr. 31
Autoren: Martin Clauß
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um Michael Löwe nicht lösen können.“ Plötzlich lachte er auf. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal jemandem erzähle.“
    Margarete nickte vor sich hin. „Ich glaube Ihnen. Sprechen Sie weiter.“
    „Diese … besondere Fähigkeit zum Kombinieren und Ermitteln – sie ist langsam zurückgegangen, und jetzt ist nichts mehr davon übrig. Es bringt nichts mehr, den Schraubenzieher anzufassen. Die Batterie ist leer.“ Er faltete seine Hände und zerrte daran, bis ein mehrstimmiges Knacken erklang. „Verstehen Sie, Frau Maus, es war ein wunderbares Gefühl. Es kam mir plötzlich so … richtig vor, dass ich zur Kripo gegangen bin.“
    „Seien Sie froh, dass Sie dieses Gefühl haben durften.“ Margarete begann zu ahnen, worauf er hinauswollte.
    „Das bin ich ja! Durchaus! Aber ich vermisse es so! Es muss doch einen Weg geben, es wieder zurückzuholen. Es … permanent zu machen. Schließlich war ich einmal zu diesen Dingen fähig. Es steckt in mir, nicht wahr?“
    Margarete ließ ihm eine Pause, damit er begreifen konnte, was er gesagt hatte. Seinem Schweigen nach zu urteilen, dachte er tatsächlich darüber nach. „Schlagen Sie sich das aus dem Kopf“, meinte sie dann. „Sie sprechen wie ein Süchtiger, der sich den Rausch zurückwünscht.“
    „Tue ich das?“ Fachinger klang erschrocken.
    „Ja. Es gibt keinen Zauber, der die mittelmäßigen Menschen, die wir alle sind, zu Helden und Supermännern macht. Wenn es geschieht, dann durch die Situation, nicht durch etwas, was man kaufen oder trinken oder beschwören kann.“
    Der Beamte knallte die Faust auf den Boden und schnaufte. „Sie sprechen sehr deutlich aus, was Sie denken. In Ihren Augen bin ich also nicht mehr als ein mittelmäßiger Schnüffler.“
    „Nein. Sie sind es in Ihren Augen. Sie selbst sind unzufrieden mit dem, was Sie jetzt sind. Sie glauben nicht mehr an sich. Das ist Ihr Problem, Hauptkommissar Fachinger. Erinnert Sie das nicht an einen Alkoholiker, der sich ohne einen kräftigen Schluck nichts mehr anzupacken traut?“
    Nach einer erneuten Pause sagte er: „Ich verstehe. Und … was war es, was Sie von mir wollten?“
    „Sie erinnern sich doch an den Fall mit dem Kupfertank letzten Sommer.“
    „Ja?“
    „Wissen Sie, wo der Tank sich jetzt befindet?“
    Er dachte einen Moment nach. „Warten Sie. Ich denke, er ist noch in der Asservatenkammer in Karlsruhe. Ich kann das überprüfen. Was wollen Sie damit?“
    „Denken Sie, Sie könnten mir und zwei, drei anderen Leuten Zugang zu dieser Kammer ermöglichen?“
    „Und wer wären diese zwei, drei anderen Personen?“
    „Traude Gunkel und Michael Löwe. Vielleicht noch der Rektor oder eine andere Begleitperson.“
    „Was versprechen Sie sich davon?“
    „Ich bin ganz offen zu Ihnen. Der Tank hatte eine besondere Kraft, wie der Schraubenzieher, von dem Sie mir eben berichtet haben. Vielleicht ist diese Kraft auch erschöpft, wie in Ihrem Fall. Wenn aber noch etwas davon übrig ist, könnte uns das helfen, bessere Einblicke in das Innere der beiden zu erhalten. Und die brauchen wir, um zu entscheiden, was wir weiter mit ihnen anfangen.“
    „Ich kann dafür sorgen, dass man Sie in die Kammer lässt. In meiner Begleitung, versteht sich. Dafür müssen Sie mir aber versprechen, dass Sie als Gegenleistung etwas für mich tun.“
    „Für Ihre … gesteigerte Kombinationsfähigkeit?“
    „Ja.“ Er sagte es leise, schüchtern.
    „Wie ich schon sagte: Vergessen Sie es! Seien Sie froh, dass es vorüber ist.“
    „Herrgott!“, fluchte der Kripo-Mann und sprang auf. „Wie kann man so stur sein? Wenn Sie mich schon nicht leiden können, dann denken Sie doch zur Abwechslung einmal an die Verbrechen, die ich auflösen könnte!“
    „Es hat Sie high gemacht, Kommissar. Und wenn Sie es weitere Male erleben, werden Sie abhängig davon. Alles wird sich um diesen Zauber drehen. Sie werden sich hassen. Es wird der Punkt kommen, da werden Sie ein Nichts sein ohne ihn.“ Ihre Lippen begannen zu zittern, und sie fügte hinzu: „Ein Nichts, wie ich es bin, ohne mein Augenlicht.“
    Eine betretene Stille senkte sich urplötzlich über sie. Die Welt versank, die Zeit blieb stehen, und ihre Gedanken wurden so tief wie das offene Meer.
    Dann sagte Fachinger leise und voller Wärme: „Für ein Nichts geben Sie mir aber ganz schön Saures …“
    Margarete schluckte. Sie stand auf, spreizte ihren Arm ein wenig ab und ließ sich von ihm aus dem Zimmer führen, wie eine Dame zum Tanz.
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