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Fächergrün

Fächergrün

Titel: Fächergrün
Autoren: B Leix
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ihn. Wer Schüler triezt, bringt nicht zwangsläufig seine eigenen Onkel um.«
    »Zwei Mal geschieden, mit allen Nachbarn im Streit, von ihren Lehrerkollegen gefürchtet, von Kindern und Eltern gehasst, und jetzt kommt das Beste: Die muss völlig pleite sein.«
    »So was weiß eine Elternvertreterin?«
    »Die Gerüchteküche brodelt wohl ziemlich. Anscheinend hat sie im letzten Jahr ihre Eigentumswohnung verkauft oder verkaufen müssen und wohnt jetzt zur Miete in einer recht lausigen Gegend.«
    »Was für eine Gegend, lausig?«
    »Ja, die hat was von einer Hochhaussiedlung gefaselt, Emmertsgrund oder so. Ich kenn mich ja in Heidelberg auch nicht besonders aus, aber das muss schon ein ziemlicher Brennpunkt sein. Sozial, mein ich.«
    »Also hat die Neudorff einen echten Abstieg hinter sich, Talfahrt sozusagen.« Lindt holte Luft: »Wenn es stimmt, was deine Informantin zu wissen glaubt.«
    »Und womit hat sie ihr Vermögen durchgebracht?«, wollte Paul Wellmann wissen.
    »Angeblich mit Aktien, Termingeschäften, Spekulationen und so. Angeblich!«
    »Ist doch nicht schwer, an der Börse einzusteigen und ein kleines Vermögen zu machen«, kommentierte Oskar Lindt trocken. »Man muss nur vorher ein großes Vermögen haben.«
    »Chef, der hat echt ’nen Bart«, sprach Jan Sternberg und fuhr dieses Mal wirklich ins Polizeipräsidium zurück.
     
    »Paul, kennst du nicht den Spruch: Grün ist die Gier?«
    »Du hast es in ihren Augen gesehen.«
    »Vom Gehalt einer Oberstudienrätin kann man eigentlich bequem leben, oder?«
    »A 14, wesentlich mehr, als wir verdienen«, nickte Paul Wellmann.
    »Wer allerdings zu gierig wird? Kann gut sein, dass an den Gerüchten was dran ist.«
    »Ich wär jetzt voll gierig auf was Flüssiges.«
    »Das schattige Straßencafé dort vorne? Einverstanden, die Spusi braucht sowieso noch ein paar Stunden.«
     
    »Heute mal Eiskaffee statt Milchkaffee«, entschied Oskar Lindt und ließ sich in einen der Korbstühle fallen. Paul Wellmann hatte trotz seiner norddeutschen Herkunft in den vergangenen Jahrzehnten die erfrischenden Spezialitäten südlich der Mainlinie zu schätzen gelernt und bestellte: »Hefe, hell. Das Beste gegen diese Schwüle.«
    Lindt zog am Strohhalm seines Eiskaffees: »Abkühlung von innen. Bier bei diesem Wetter? Nein, mir ginge das gleich in die Birne.« Entspannt lehnte er sich zurück, doch gleich darauf kniff er irritiert die Augen zusammen. »Das ist doch …« Ruckartig kam er wieder hoch, stemmte sich an den Armlehnen in die Höhe und ging, ohne auf den Verkehr zu achten, schnurstracks auf die andere Straßenseite.
    Wellmann sah erstaunt zu, wie sein Kollege geradewegs auf einen Passanten zuhielt, der den Bürgersteig entlangkam. Jetzt schien ihn der andere auch zu erkennen, aber anstatt beschleunigt die Straßenseite zu wechseln, um der Begegnung mit dem stadtbekannten Kripo-Kommissar zu entgehen, streckte der Mann sichtlich erfreut Oskar Lindt beide Hände entgegen.
    Anscheinend keiner unserer Kunden, dachte Paul Wellmann, als beide zusammen die Straße überquerten und auf ihn zukamen.
    »Bitte, setz dich zu uns«, zog Lindt einen weiteren Korbstuhl vom Nachbartisch heran und bot seinem Bekannten Platz an. »Paul, das ist Otto«, stellte der Kommissar den Passanten vor.
    »Angenehm, Wellmann, ich bin auch einer aus Oskars Verein.«
    »Ich weiß Bescheid«, lachte der untersetzte Mann in der beigefarbenen Latzhose und strich sich ein paar Schweißperlen von seiner Halbglatze. »Daheim wollt ich auch so was aus dem Kühlschrank holen.« Er zeigte auf Wellmanns Glas.
    Lindt winkte der Bedienung. »Du bist natürlich eingeladen.«
    Otto Stoll stellte sich selbst vor: »20 Jahr hat der Oskar mir auf dem Kopf rumgetrampelt.« Er wies die Straße entlang. »Die Lindts im zweiten, die Stolls im ersten Stock.«
    »Bis unsere Kinder ausgeflogen sind, dann war die Wohnung echt zu groß.«
    »Den Moment hab ich verpasst, dafür wohnt jetzt die Schwiegermutter bei uns«, rollte Stoll mit den Augen.
    »Immer noch so giftig wie früher?«, verzog Lindt amüsiert die Mundwinkel.
    »Das Gift ist ihr in den Kopf gestiegen, zack, Schlaganfall, und jetzt haben wir sie am Hals. Aber ich beklag mich net, meine Frau macht das meiste. Ich bin ja tagsüber in der Werkstatt.«
    »Otto hat die Schreinerei dort vorne im Hof«, erklärte Lindt und deutete mit der Hand in die Richtung, aus der der Mann gekommen war. »Was macht das Geschäft?«
    »Ach, Oskar, die guten Zeiten sind passé.
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