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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino
Autoren: António Lobo Antunes
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häuslichen Verwöhneinheiten vollkommen vergessen, die feuerfeste, wie der tote Mund des Vesuvs rauchende Jenaglasschüssel, das Benehmen, das ich beim Militär verlernt habe, die lächerlichen Gesellschaftstricks, die sie mir beigebracht hatten.
    Er nahm unter dem zufriedenen, lächelnden, gespannten Gesichtsausdruck von Inês das Soufflé in Angriff, aber es schmeckte nach nichts. Nichts: nur eine weiche Masse, die er gleichgültig wie ein Strauß mit melancholischer, drängender Ungeduld aß, um so schnell wie möglich den Tellergrund zu sehen, und vielleicht würden auf dem Porzellan oder dem Plastik oder dem Glas die freundlichen Figuren der Kinderbreie auftauchen: gutgelaunte Mickymäuse, tanzende Donald Ducks, ein in einem Spielzeuggarten seilspringendes Mädchen, eine schwache Entschädigung für verquälte Mittagessen und peinvolle Abendessen, die einem von der Maurerkelle des Dienstmädchens in den Mund (Aufmachen) gestopft wurden. Im Küchenhof wuchsen im Sommer die Pflanzen auf den Blumentöpfen an einem geometrischen Spinnennetz aus Draht in den Himmel. Der Leutnant lächelte, ein Glas Wein in der Faust, seiner Frau zu:
    – Es war großartig. (So viele Sachen aus Rohrgeflecht im Wohnzimmer, dachte er, Stühlchen, Schemel, Rahmen, Borde, und ein jäher Verdacht mahlte ihm die Eingeweide: wo hast du das Geld dafür her, du Miststück?) Die Stieftochter des Onkels, die über den aufgehäuften Trümmern des Fisches eine Birne schälte, schien sich über seine ängstliche Verlegenheit lustig zu machen:
    – Und wie war das da in Afrika? fragte die Alte, als sie den Tisch abdeckte und die Teller aufgestapelt in die Küche trug. Sie bewegte sich mühsam, zog einen der Pantoffeln nach wie die dicke Hündin in der Kaserne, als sie eine Pfote gebrochen hatte und sich beschwerlich, schräg wie ein Schiff schaukelnd, vorwärts bewegte. Das Mädchen hob das Kinn, um besser zu hören. Ehrlich, war großartig, wiederholte der Leutnant zum besorgten Gesicht
seiner Frau genau in dem Augenblick, in dem die Tochter im Zimmer nebenan zu weinen begann, der Onkel verlangte, die Hände ungeduldig auf dem Tischtuch ausgebreitet, nach dem Kaffee, die Wasserspülung der Nachbarn entlud sich in einem zittrig rostigen Erbrechen: der Soldat ließ seine bescheidenen Pupillen umherwandern, verweilte am Augapfel der staubigen Glühbirne der Lampe, die ohne das schützende Lid eines Schirms an einem geflochtenen Kabel von der Decke hing. Aus den anderen Stockwerken drangen ferne gedämpfte Stimmen durch die Wände, der Helikopter transportierte den wie ein wertloses Bündel in eine zerschlissene Decke gewickelten unkenntlichen Leichnam nach Mueda. Das Mädchen wartete noch immer, das Messer reglos. Der Soldat preßte in einer Art Schluchzer mit so neutraler Stimme, wie er irgend konnte, aus der Kehle:
    – Mehr oder weniger wie hier, Senhora, sagte er.

2
    Der Oberstleutnant spähte aus dem zweiten Stock des Kommandeurbüros (zerbeulter Schreibtisch, Fahnen, Regale, der ewig gleiche Anblick des lauen, lastenden, schleppenden Nichtstuns der Kasernen): ein Soldat schnitt dort unten das Gras in den Beeten, Köche rupften Hühner, der Radar vom Flughafen kreiselte in der Ferne wie eine Sonnenblume aus Draht:
    – Alle sind schon gegangen, sagte er, ohne den Mund zu bewegen, indem er auf das verlassene Portal mit dem Wappen blickte. Es waren noch ein Oberstleutnant und drei Majore im Raum, alle mit einem Glas Portwein zwischen den Fingernägeln. Einer der Majore schenkte sich aus der auf einem Metalltablett abgestellten Flasche nach und hob das Glas kritisch auf Augenhöhe. Er hatte Frauenhüften, hängende Wangen und eine kleine Spange mit Orden an der Jacke:
    – Erdöl aus Arabien, meinte er beifällig. So was haben wir seit fast dreißig Monaten nicht mehr getrunken.
    Der zweite Oberstleutnant bot ringsum spanische Zigarillos aus einem Holzkästchen an, doch der, der aus dem Krieg gekommen war, beachtete den Tabak nicht: er stand weiter am Fenster, schob mit der Hand den Brautschleier der Gardinen zur Seite und hatte dieser Art von traurigen Geburtstagsfeier den Rücken zugewandt, die fünf düstere, verbrauchte Männer abhielten. Die frisch gestrichenen Wände des Büros dünsteten ein übelkeiterregendes Klima aus, das von dem weichen Körper des über den Standarten eingerahmten Admirals herzurühren schien, der sie mit den lichtlosen Äuglein eines Spanferkels prüfend betrachtete. Einige hohe Gebäude waren in der Ferne zu
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