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Ezzes

Ezzes

Titel: Ezzes
Autoren: Andreas Pittler
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schlechten Gewissen geplagt, seinen Vorgesetzten gegenüber mit der Wahrheit herausgerückt. Offenbar hatte durch seine Information ein Schmuggeltransport aufgebracht werden können, weshalb er zwei Tage später einem Fememord zum Opfer gefallen war. Und was hatte das, bitte schön, mit dem Fall in der Bartensteingasse zu tun?
    „Und was hat das, bitte schön, mit dem Fall in der Bartensteingasse zu tun?“
    „Na ja“, zuckte Pokorny neben ihm mit den Schultern, „der Bartenstein. Das war ja auch so ein g’füllter Lackel.“
    Oh Gott, gib mir Geduld!
    Der Mann, dessen sterbliche Überreste im Lagerraum der Greißlerei lagen, war jedenfalls kein Dickwanst gewesen. Als der Wagen endlich vor dem Lebensmittelgeschäft zum Stehen kam, sprang Bronstein fast fluchtartig aus dem Fond und eilte in das Innere des Ladens. Bloß weg von Pokornys Ausschweifungen, dachte er sich. Die uniformierten Beamten kanntenihn naturgemäß, und so ließen sie ihn, während sie artig salutierten, anstandslos durch. Der Tote, der anhand der bei ihm befindlichen Brieftasche als Oskar Guschlbauer, 47, Privatier, identifiziert worden war, lag merkwürdig verkrümmt an der Wand des Lagers. Er trug ein marineblaues Hemd mit einem zu üppig geratenen Selbstbinder, darunter offenbar ein weißes Unterleibchen. Die schwarze Stoffhose hing, ebenso wie die weiße Unterhose, um die Knöchel des Toten gewickelt, sodass seine traurige Männlichkeit klein und verschrumpelt schutzlos dem Betrachter zur Ansicht ausgeliefert war. Bronstein sah auf den ersten Blick, dass hier ein Verbrechen aus Habgier auszuschließen war, denn nicht nur, dass der Mann seine Brieftasche noch bei sich hatte, er trug auch noch einen goldenen Siegelring, goldene Manschettenknöpfe und eine ebenso goldene Krawattennadel. Wäre er unter die Räuber gefallen, er hätte wohl noch seine Hosen an, seine Wertsachen jedoch nicht mehr.
    „Na, das ist eine Bescherung“, entfuhr es Pokorny, als er endlich auch am Ort des Geschehens eingetroffen war, „das erinnert mich an den Kletzmayr-Mord im 7er Jahr. Den haben s’ auch mit runtergelassenen Hosen erwischt, dabei war der ein Pater oder ein Kaplan oder so etwas. Ein geistlicher Herr jedenfalls.“
    Noch ehe Bronstein eine Frage an die Polizisten richten konnte, fuhr Pokorny unbeirrt fort. „Aber den Kletzmayr, den haben s’ damals erschlagen. Mit einer Schüssel, soweit ich mich erinnere. Der da ist sicher ned derschlagen worden, das sieht man.“
    „Gut“, ergriff Bronstein wieder die Initiative, „nachdem der Fall Kletzmayr geklärt ist, wenden wir uns diesem Fall zu. Der Mann heißt …“, Bronstein sah noch einmal in der Brieftasche des Toten nach, „… Guschlbauer. Was wissen wir bis jetzt über Tatzeit, Tathergang und so weiter? Wer hat ihn wann g’funden,ist er jemandem abgangen, na, und so weiter, und so weiter. Meine Herren?“
    Einer der Uniformierten fühlte sich angesprochen: „Der Mann wurde von uns gefunden. Im Zuge einer Amtshandlung. Vor etwa dreißig Minuten. 19 Uhr 40, 19 Uhr 45. Wir erhielten eine Verständigung vom Amt, dass in der Bartensteingasse verdächtiger Lärm gehört worden sei. Also hielten wir Nachschau. Die Tür zur Greißlerei war offen, also sind wir, ganz vorschriftsmäßig natürlich, hinein. Wir haben auf einen Überfall getippt, aber am ersten Blick hat nichts gefehlt. Daher sind wir weiter in das Lager, und da haben wir ihn dann eh schon gefunden.“
    Ein zweiter Uniformierter assistierte: „Ja, wir dürften nur um ein paar Minuten zu spät gekommen sein, denn der Mann war zwar schon tot, als wir ihn gefunden haben, aber sein Körper war noch warm. Ich bin kein Arzt, aber ich vermute, der ist höchstens eine Stunde oder eineinhalb tot.“
    „Das würde sich mit dem Notruf decken“, resümierte Bronstein, „wissen wir, wer das gemeldet hat?“
    „Leider nein, der Anruf kam anonym. Es hat nur geheißen, kommts schnell, in der Bartensteingassen gibt’s an Bahö.“
    „Der Polizeiarzt ist schon verständigt?“
    „Der Polizeiarzt ist schon verständigt.“ Wie aus dem Nichts war Ferdinand Strakosch neben Bronstein aus dem Boden gewachsen und beugte sich nach kurzem Gruß über die Leiche. Er machte ein paar Handgriffe, spulte offenbar sein Standardrepertoire für solche Gelegenheiten ab und drehte sich dann wieder Bronstein zu: „Der Mann ist erstochen worden. Er ist höchstens 90 Minuten tot, wahrscheinlich aber weniger. Und er hat vorher noch seine Sünden abgebüßt, weil den
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