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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro
Autoren: Alexander Kröger
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sie gäbe, dann bist du gut beraten. Mehr darüber zu sagen ist verfrüht und unangebracht.«
    Seine Worte wurden abweisend.
    »Ist wohl mal wieder nichts für die Jungen?« fragte Chris herausfordernd.
    »Du sagst es – aber es betrifft nicht nur die Jungen«, bestätigte Tocs ruhig. »Außerdem sind meine Kenntnisse auch sehr mangelhaft. Du selbst hast die Funkbilder von der ›Ozean I‹
    gesehen, mehr kann ich dir nicht sagen.«
    »Gut, ich werde natürlich mit aufpassen, das verspreche ich.
    Es wird mich aber nicht hindern, ein Phantom, wie es eure Himmelssöhne sind, weiter für ein solches zu halten, trotz der, wie du zugeben wirst, nicht sehr eindeutigen Bilder.«
    »Halte es so. Außerdem, von ihnen …«, Tocs lächelte, »droht wahrscheinlich kaum Gefahr. Gefährlicher ist die Natur – vor allem die Fauna mit all den Riesenexemplaren. Rechnet mit völlig unbekannten Arten!«
    Plötzlich ging im Raum die Deckenbeleuchtung an. An der Tür stand Karl Nilpach, klein, untersetzt, weißhaarig, mit einem Gesichtszug, der Pfiffigkeit verriet und der auch bei völlig ernster Miene nicht verschwand. »Entschuldigt«, sagte er. »Aber ich konnte nicht ahnen, daß ihr eine Schummerstunde macht.« Über sein Gesicht huschte ein schalkhaftes Lächeln.
    »Ich hätte mir dazu auch einen anderen Partner gesucht, Chris.«
    »Ein bißchen mehr Respekt vor der Leitung könnte dir nicht schaden«, entgegnete Chris, auf Nilpachs Ton eingehend.
    Robert Tocs schmunzelte. Dann sagte er: »Gehst morgen mit Charles auf Exkursion, Karl.«
    »Na, endlich was Erfreuliches!« antwortete Nilpach. Er schüttelte demonstrativ seine Beine aus wie nach einer Gymnastikübung. »Man wird ja ganz krämpfig in dem Kasten.«
    »Soll ich daraus entnehmen, daß du deine Kontrollen vernachlässigst?« fragte Tocs, eine Spur ernster.
    »Am Tag zweimal längs durch das Schiff, das sind vierzehnhundert Fuß. Ich bitte dich – für einen Kerl wie mich doch kein Ausgleich!« Er warf sich in die Brust und lachte.
    »Noch was«, Robert Tocs wandte sich unvermittelt an seine Gefährten, »Funken nur in Notfällen! Was ein Notfall ist, überlasse ich eurer Entscheidung.« Er ging zur Tür. »Ich werd jetzt schlafen, gute Nacht!«
    »Was hat er denn?« fragte Karl Nilpach, als sich die Tür hinter dem Kommandanten geschlossen hatte. »Er scheint ernste Bedenken zu haben.«
    »Bisher verläuft alles so wie bei der ›Ozean I‹. Und du weißt, außer einigen Funksprüchen ist von denen nichts mehr gekommen.«
    »Nun fang du auch noch an wie Ennil! Außerdem ist die ›Ozean I‹ wahrscheinlich doch ganz woanders gelandet.«
    »Spielt das eine Rolle?« fragte Chris zurück, und er spürte einen Augenblick lang, daß Tocs es durchaus bitter ernst meinte mit seinem Mahnen.
    Aber auf dem Weg durch die langen Korridore zu seiner Kajüte beschäftigte Chris ein anderer Gedanke: Warum hat er mich als einzigen der Mannschaft ins Gebet genommen? Ein Zeichen der Sympathie – oder des Mißtrauens?
    Vielleicht auch nur eine Sentimentalität? Schließlich kennt er meinen Vater, der als Invalide im Institut Hausmeister wurde.
    Womöglich hat ihm der Alte aufgetragen, daß er sich ein wenig um mich kümmern soll.
    Nur einen Augenblick schob sich das Bild des Vaters in Chris’ Gedanken. Mehr im Unterbewußtsein wurde ihm abermals gewiß, daß Vater nie mehr gesund werden würde, auch wenn das Gerücht, das sich hartnäckig hielt, die Himmelssöhne bedeuteten Hilfe, sich bestätigen sollte. Noch niemand ist von diesem schrecklichen Gedächtnisschwund, dieser Memloss, geheilt worden, dieser verfluchten Volksgeißel.
    Chris betrat seine Kajüte. Er schob das Grübeln beiseite, wählte in Hochstimmung, was er an persönlichen Dingen für den Ausflug, wie er die bevorstehende Unternehmung bei sich nannte, mitnehmen würde; dann ging er zu Bett.
    Die Sonne tauchte rot hinter den Geröllbergen hervor. Es regte sich kein Lüftchen, der Himmel war schon in dieser frühen Morgenstunde bis hinten hin blau.
    Chris Noloc stand auf dem Freideck. Er atmete die feuchtigkeitsgesättigte frische Meeresluft, und er fühlte sich glücklich.
    Selbst das leichte Spannungskribbeln vor diesem bedeutsamen Start beeinträchtigte dieses Gefühl nicht. Er hätte nicht sagen können, was ihn so froh machte: Endlich eine vernünftige Aufgabe oder – weil Gela dabei war? Wahrscheinlich beides.
    Gela! Wenn sie nur nicht so verbohrt wäre! Sie kann doch nicht ein Leben lang dem verschollenen Freund
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