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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro
Autoren: Alexander Kröger
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er die Flügel zu Hilfe nahm, hatte er keinen Erfolg.
    Res fühlte sich belustigt. Außer diesem um seine Bequemlichkeit besorgten Spatz existierte für sie nichts weit und breit.
    Das Federknäuel wurde offenbar wütend, es ruckelte am Kiel der Feder, schleuderte Grasteilchen auf den Weg, aber das Ziel seines Mühens saß fest.
    Res blickte ärgerlich auf, als ein Spaziergänger störend nahte. Aber der Vogel hüpfte nur ein paar Schritte davon und machte sich dann erneut an seine Arbeit.
    Dann rannte ein Kind vorbei. Der Spatz schwirrte in einen nahen Baum, war verschwunden.
    Enttäuscht lehnte sich Res zurück. Und sofort war es wieder da, das Grübeln. Die Erinnerung an die Unterhaltung mit Mexer oder besser an die Belehrung durch Mexer, kaum eine Viertelstunde her, ließ sie immer noch Ar gumente suchen.
    Aber gleichzeitig war ihr schmerzlich bewußt, daß die besten Argumente wohl kaum mehr in der Lage sein würden, Mexers vorgefaßten Entschluß, die Arbeit nicht anzunehmen, zu revidieren.
    Bei aller inneren Bereitschaft Res’, sich selbst nichts vorzumachen, blieb Tatsache, daß sie nichts unterlassen hatte, um die Arbeit erfolgreich abzuschließen. Und was war seine, Mexers, Quintessenz? Spekulativ, wissenschaftlich zuwenig untermauert. Daß die Arbeit eine akzeptable praktische Lösung bot, schien ihm unwichtig.
    Mit hohem Einsatz gespielt und – verloren. Res zog bitter lächelnd die Mundwinkel nach unten. Blöde Redewendung, dachte sie sarkastisch.
    Sein Drängen nach Sicherheit! Ha. Ich wäre neugierig, wie das aussehen soll, was sein Institut angeblich bald entwickelt haben will, um den Bakterienstrom zu vernichten. Vernichten!
    Als sei das eine Lösung.
    Einen Augenblick dachte Res daran, wie sie anfangs selbst versucht hatte, diesen vitalen Mikroben mit Gewalt beizukommen. Sie fühlte Freude, daß es damals mißlungen war. Und trotzdem…
    Es schwirrte, und da war er wieder, der Spatz. Die Feder hatte es ihm angetan.
    Res verscheuchte ihre Gedanken und sah ihm zu. Er zerrte und hackte, und Res hätte beinahe aufgelacht, als er schließlich das Gleichgewicht verlor, nachdem sich die Feder mit einem Ruck aus ihrer Verstrickung gelöst hatte. Nun hatte er es eilig, schnappte die Beute und flog, nun als weißer Tupfer, in seinen Baum. Res schien, als flöge er trotz seiner Last leichter.
    Recht so, Spatz, nicht aufgeben! dachte sie, und sie stand unvermittelt auf. Sie blickte hinüber zum Institut, und sie murmelte: »Wir werden sehen!« Dann straffte sie sich, kehrte mit der Schuhsohle die Graskrümel vom Wegbelag und ging zielstrebig auf die Terrasse des Kuppelrestaurants zu.
    Zu dieser frühen Mittagszeit herrschte noch wenig Betrieb.
    Sie suchte sich einen Platz, von dem aus sie den Gastraum überschauen konnte, fuhr zerstreut mit dem Finger über die Tastenleiste des Wähltableaus, und einem plötzlichen Entschluß folgend, gab sie dem Disputer ein ziemlich reichhaltiges Menü ein.
    Erst jetzt sah Res sich um. Der Gastraum, ursprünglich zweckschön eingerichtet, machte einen leicht verwahrlosten Eindruck: Die Blumen auf den Tischen vorgestrig, die Servicebänder hier und da fleckig, in dem zwischen den Tischreihen liegenden Faserteppich hingen Fusseln.
    Res hatte die Musterung noch nicht beendet, als neben ihr der Summer anschlug und das Serviceband mit dem Gewünschten stehenblieb.
    Res blickte auf die Speisen und – stutzte: Da war ein leerer Teller. Über die Forelle auf der danebenstehenden Platte ringelten sich Gemüseschnitzel aus der ukrainischen Soljanka, in der Kompottschale befand sich eine Flüssigkeit, die wie zerlassene Butter aussah, und in einer Saftlache lagen Ananaswürfel auf dem Band.
    Res’ erste Regung war Ärger. Dann fand sie, daß das ganze durchaus einen humorigen Aspekt hatte. Sie orientierte sich auf der Tastatur und rief dann durch Knopfdruck den Ordnungsdiensthabenden.
    Es kam, verblüffend rasch, ein blasser junger Mann.
    »Bitte«, sagte Res freundlich, »sieh dir das an!« Sie wies mit der Hand auf das Band.
    Der junge Mann sah, runzelte die Stirn und meinte dann heiter: »So ein Luder! Bockt schon wieder. Diesmal läßt es also das Band vornweg laufen. Da muß…«, er legte den rechten Zeigefinger überlegend an die Wange, »…wahrscheinlich der Impulsgeber eine Macke…«
    »Ja, ja«, unterbrach Res ungeduldig, aber belustigt. »Aber mein Impulsgeber ist durchaus in Ordnung. Und stell dir vor, der signalisiert Hunger. Also sieh zu, daß dein Luder das
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