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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel
Autoren: Mischa Martini
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sich um die Frau gekümmert haben. Ihm war sicher kalt, vielleicht hat er ganz in der Nähe gewohnt.«
    »Und Sie?«
    »Mir war auch kalt.«
    »Aber Sie sind geblieben?«
    »Die wollten mich auch ins Krankenhaus bringen, aber das war nicht nötig. Eine heiße Dusche und zwei Schnaps haben mich wieder warm gemacht.«
    *
    Grabbe atmete tief durch und fing sich wieder.
    »Und dann?«, fragte er.
    »Er hat ein Glas Wein getrunken.« Frau Holbach nippte an ihrer Tasse. »Er hat das ganze Glas getrunken.«
    »Ich meine, wie hat Herr Roth auf die Mittel, die Sie ihm gegeben haben, reagiert?«
    »Er wurde ruhiger, und ich habe auch gemerkt, dass er eigentlich nur gekommen war, um eine Entschuldigung von meinem Mann zu hören.«
    »Und dann … .?« Grabbe konnte es immer noch nicht fassen, was die Frau ihm da erzählte, ohne dass er konkrete Beweise oder sonst etwas gegen sie in der Hand hatte.
    »Dann ist er zusammengesackt.« Sie seufzte. »Das kam ganz überraschend … er ist ganz blau angelaufen …«
    »Überdosierung kann zu Atemlähmung führen«, sagte Grabbe vor sich hin.
    »Ich konnte doch keinen Notarzt rufen … nicht nachdem, was geschehen war. Ich habe ihn in stabile Seitenlage gebracht …« Sie begann zu weinen.
    Grabbe wartete. »Und was haben Sie dann gemacht?«
    »Er war ohnmächtig, eigentlich komatös. Es ging ganz schnell. Ich hab’ in seine Taschen gesehen und das Valium gefunden. Davon muss er schon vorher einiges intus gehabt haben.«
    »Und dann?«
    »Habe ich ihn runter ins Auto gebracht.«
    »Sie allein?«
    »Der war doch nur Haut und Knochen … Ich hab ihn in sein Auto gelegt, in den Kofferraum. Eigentlich wollte ich das Auto nur woanders hinbringen. Zum Krankenhaus auf den Parkplatz … Ich bin einfach losgefahren, nur weg von hier, und dann, als ich auf die Autobahn kam, bin ich gleich wieder runter. Ich musste ja auch wieder nach Hause kommen … Und dann bin ich durch die Kiesgruben runter zur Mosel. Den Rest kennen Sie …«
    »Den möchte ich dennoch gerne von Ihnen hören.« Grabbe hatte das Gefühl, sein Blickfeld wäre eingeschränkt. Es kam ihm vor, als würde er am Rand unscharf sehen.
    »Ich habe das Auto unter der Brücke abgestellt.«
    »Und wie kamen Sie nach Hause?«
    »Zu Fuß, über die Brücke.«
    »Alfred, der Wirt, sagt aus, Sie wären am Montagabend zu ihm in die Kutsch gekommen.« Zum zweiten Mal für heute versuchte er sich als Pokerspieler. Sein Gesichtsfeld schien sich weiter zu verengen. Er glaubte, nur noch auf einem Auge scharf sehen zu können. Grabbe nahm seine Brille ab und wischte über die Stelle, wo der Schweißtropfen gelaufen war. »Ihr Mann war am Tatabend bei der Vorstandssitzung des Tauchclubs.«
    Lydia Holbach hob die Kanne.
    »Für mich nicht mehr.« Grabbes Hand konnte kaum mehr die Tasse halten. Sie fühlte sich an, als würde ein großes Gewicht darauf lasten. Er ließ sie gleich wieder sinken. Mit einem Piepen meldete sich der leer werdende Akku seines auf dem Tisch liegenden Mobiltelefons.
    Neben ihm bewegte sich etwas. Grabbe hatte die beiden schneeweißen Katzen für Plüschtiere gehalten, weil sie vollkommen bewegungslos auf der Lehne des zweiten Sofas gelegen hatten. Er schaute in große blaue Augen. Träumte er? Die Tasse glitt ihm aus der Hand.
    Er glaubte, sich seufzen zu hören, bevor seine Stirn die Tasse auf dem Tisch zerschlug.
    *
    »Mir ist kalt«, wiederholte Annika.
    »Wir gehen, mein Schatz.« Walde erinnerte sich nicht, seine Tochter jemals so genannt zu haben. Während er sich von Jacco Hoek verabschiedete, schaute er sich noch einmal um. Holbach ließ sich immer noch nicht blicken.
    Zuhause wollte Annika schon nach einer halben Scheibe Brot nicht mehr weiteressen. Später suchte Walde im Buchregal nach einer Geschichte, die von Tauchern handelte.
    »Was machst du?«, fragte Annika von ihrem Bett aus.
    »Ich dachte, wir lesen heute mal was mit Wasser, von Leuten, die Schnorcheln oder tauchen.«
    »Was ist Schnorcheln?«, fragte sie.
    »Da steckt man sich so eine Art Schlauch in den Mund, der oben aus dem Wasser rausguckt und durch den man atmen kann, und gleichzeitig kann man durch eine Taucherbrille sehen, was unter Wasser los ist.«
    »Tauchen kann ich schon«, sagte Annika. »Nur schwimmen nicht.«
    »Ich gehe mal rüber zu mir gucken, ob ich ein Buch mit Bildern vom Tauchen finde.«
    Als er mit einem Bildband über die Malediven zurückkam, sagte er: »Wir könnten mal wieder ins Hallenbad gehen, was meinst du?«
    Sie gab
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