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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel
Autoren: Mischa Martini
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mein Rücken so schnell nicht verzeihen.« Frau Holbach richtete sich ächzend auf und fasste sich mit beiden Händen an den Rücken. »Darf ich Ihnen einen Punsch anbieten?«
    »Ich muss noch fahren«, antwortete Grabbe.
    »Es ist hauptsächlich heißer Tee mit nur einem Spritzer Rum. Genau das Richtige für so ein Wetter wie heute.«
    Frau Holbach legte weitere Scheite in den Ofen, obwohl es im Raum bereits sehr warm geworden war. Oder lag es nicht nur an dem Kaminofen, hinter dessen Scheibe ein heimelig anmutendes Feuer loderte? War doch mehr Rum in dem Getränk, als sie behauptet hatte? Grabbe öffnete die Knöpfe seines Hemdes über den Handgelenken und schob die Ärmel zusammen mit denen seines Pullis bis zum Ellenbogen. Überall lagen Kissen, auf dem zweiten Sofa waren dazwischen noch zwei Stofftiere drapiert.
    Lydia Holbach erzählte vom Glaukosschwimmen, wie wunderbar es in der Mosel gewesen war, nachdem sie sich warm geschwommen hatte. Mit ihrem selbst gestrickten Outfit hatte sie sich wahrscheinlich einen Bärendienst erwiesen, weil sie immer noch friere und ihr die Kälte bis in die Knochen gedrungen sei. Bis zuletzt habe ihr Mann zu einem Neoprenanzug geraten, zu Recht, wie sie inzwischen einsah.
    Grabbe ließ sich eine weitere Tasse einschenken.
    Er fand es nicht ungeschickt, die Frau zunächst reden zu lassen, um eine gute Atmosphäre zu schaffen für die Fragen, die er ihr stellen wollte. Aber erstmal musste er dringend zur Toilette.
    Im Bad fand er eine Menge Kosmetika vor. Im Becher steckten zwei Zahnbürsten. Er hatte gehofft, einen Blick in das Medikamentenschränkchen werfen zu können, aber hier gab es keins.
    Als er ins Wohnzimmer zurückkam, lief Musik, irgendwas Ruhiges, das zum Kaminfeuer und dem Tee passte.
    Wieder piepste etwas. Es klang wie eben im Krankenhaus. Grabbe tastete die Taschen seiner Jacke ab. In der Brusttasche steckte etwas. Er fand sein verloren geglaubtes Handy. Er fragte sich, wie es da hingekommen sein konnte.
    »Ich glaube, es kann noch etwas dauern, bis Konrad nach Hause kommt«, sagte Frau Holbach, während sie Grabbe eine Schale mit Kandiszucker hinhielt. »Darf ich fragen, weswegen Sie gekommen sind? Ausgerechnet heute?« Ein vorwurfsvoller Unterton war nicht zu überhören.
    »Es geht noch mal um Gerhard Roth«, sagte Grabbe.
    »Gerhard Roth … das ist doch dieser Querulant.« Sie hob die Stimme. »Der hat meinem Mann gesagt, der Frau, die da mit ihrem Auto in die Mosel gefahren war, sei wahrscheinlich sowieso nicht mehr zu helfen gewesen. Nach seiner Einschätzung hätte sie durch den Sauerstoffmangel nur noch als Pflegefall überleben können.«
    »Hat Ihnen das Ihr Mann erzählt?« Grabbe versuchte schon eine Weile, ein Klümpchen braunen Zucker in seiner Tasse aufzurühren. Der Punsch schmeckte ihm besser als erwartet. Sicher kann sie auch gut kochen, dachte er.
    »Nein, das habe ich mit eigenen Ohren gehört. Konrad hatte das Telefon auf Lautsprecher gestellt, als dieser Roth anrief.«
    »Wann war das?«
    »Vor ein paar Tagen, den genauen Wochentag weiß ich nicht mehr.«
    »Könnte es Montag gewesen sein?«
    »Möglich.«
    »Müsste es eigentlich, denn Dienstag hat er nicht mehr gelebt, und von seinem Handy hat er Sie nicht angerufen.«
    Grabbe schaute von seiner Tasse auf. Frau Holbach hatte auf einmal eine sehr aufrechte Haltung eingenommen. »Es ist für uns nun wirklich kein Problem, Ihr Telefon auf eingehende Anrufe zu überprüfen.«
    »Es kann auch sein, dass er hier war«, sagte sie leise.
    »Was denn nun?«, setzte er so energisch nach wie er konnte.
    »Ja, er war am Montag hier, aber Konrad war nicht da.« Sie klang ein wenig wie ein beleidigtes Mädchen.
    »Er war zur Versammlung des TCM?«
    »Genau.«
    »Und dann?«
    »Nichts dann.« Sie rückte ihre Tasse zur Seite und rieb über den feuchten Ring, den diese auf dem Holz hinterlassen hatte. Ihre Stimme fand ihre Festigkeit wieder. »Er hat mir das erzählt, was ich Ihnen eben gesagt habe.«
    »Warum haben Sie angegeben, im Krankenhaus sauber zu machen?«
    »Im Grunde genommen mache ich das auch.«
    Grabbe griff nach seiner Jacke und zog seinen Block heraus. »Sie sind immerhin Leiterin der …« Er schlug die Seiten auf.
    »ZSVA«, ergänzte sie. »Was glauben Sie, was für blöde Kommentare man sich anhören muss, wenn man den Leuten erzählt, dass man mit Sterilisierung zu tun hat.«
    »Für mich hat sich das eher so dargestellt, dass Sie dadurch versucht haben, uns zu verheimlichen, Zugang zu
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