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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel
Autoren: Mischa Martini
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keine Antwort. Er deckte sie zu und löschte das Licht.
    Er wollte sich in der Küche eine Kleinigkeit zu essen machen, aber auf dem Weg dorthin nahm er sein Notizbuch und suchte die Nummer von Konrad Holbach heraus.
    »Glaukos höchstpersönlich!« Der Pressesprecher des Tauchclubs versuchte, seiner Stimme einen tieferen Ton zu geben. Laute Gespräche und Gelächter waren im Hintergrund zu hören.
    »Bock hier. Ich habe mit Jacco Hoek gesprochen.«
    »Ja?« Die Geräusche wurden leiser. Holbach schien sich von den Feiernden zu entfernen.
    »Er sagt, es gab einen zweiten Mann, der die Frau aus der Mosel gerettet hat.«
    »Davon ist mir nichts bekannt.« Holbachs Stimme hatte einen knappen, sachlichen Ton angenommen.
    »Er müsste bis zu dem Moment dabei gewesen sein, als Ihre beiden Kollegen die Versorgung von Edith Hippens übernommen haben.«
    »Das ist mir noch nie untergekommen, dass ein wichtiger Zeuge vor Eintreffen der Rettungskräfte verschwunden ist.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«, sagte Walde. »Wenn niemand mehr da war, können Sie auch nicht wissen, ob jemand weggegangen ist.«
    »Ich kann Ihnen jetzt nicht folgen.«
    »Ist auch egal, Tatsache ist, dass Sie in der Zeitung behaupten, eine Person sei vor Ort gewesen, die sich nicht an der Rettung beteiligt habe.«
    »Das hat die Redakteurin so geschrieben. Dafür kann ich nichts.«
    »Wie kommt es, dass diese Aussage als Zitat von Ihnen in wörtliche Rede gesetzt war?«
    »Das weiß ich doch nicht. Da müssen Sie bei der Zeitung nachfragen.«
    »Das werde ich tun.«
    *
    Grabbes Gesicht pendelte über einen rauen Teppich. Hin und her. Immer wieder. Er wollte mit einer Hand die Stelle oberhalb seines Ohres befühlen, aber sein Arm ließ sich nicht bewegen. Sicher blutete er. Wieder rutschte sein Kopf weg. Diesmal schlug er gegen ein Hindernis, das einen hohlen Klang von sich gab.
    Grabbe schloss seine Augen, öffnete sie wieder. Es blieb dunkel. Sein ganzer Körper kam ins Rutschen. Er spürte keine Berührung. Nichts schob oder stieß ihn an, als würde der Fußboden von Erdstößen bewegt. Ein Brummen war zu hören, mal laut, mal gedämpft, als zöge man ihm einen Ohrenschützer an und aus. Der Rhythmus schien seinem Herzschlag zu folgen. Da leuchtete ein rotes Licht auf. Wieder rutschte er.
    War das ein Bremslicht? Ein Klopfen setzte ein. Es schien dem Auf und Ab des Brummens zu folgen. Er versuchte, ein Bein zu strecken. Nur beide zusammen ließen sich bewegen. Seine Schuhe stießen irgendwo an. Sein Atem wurde schneller, und dennoch bekam er zu wenig Luft. Hatte er schon allen Sauerstoff verbraucht? Was war das für eine Kiste, in der er hier steckte? Er spürte den Schweiß auf der Stirn, das Herzrasen. Wann wachte er endlich aus diesem schrecklichen Albtraum auf?
    *
    Doris lag, in ein Buch vertieft, auf der Couch. Walde sah, dass es nur noch wenige Seiten bis zum Ende waren, was ihm aus Erfahrung signalisierte, sie jetzt besser nicht in ein Gespräch zu verwickeln. Mathilda lag, an Daumen und Zeigefinger nuckelnd, auf ihrer Krabbeldecke. Er küsste Doris auf die Stirn, Mathilda auf den kahlen Kopf und setzte sich neben sie auf den Teppich. Seine Tochter sperrte beim Gähnen ihren zahnlosen Mund auf.
    »Möchtest du eine frische Windel haben?«, fragte Walde.
    »Hat sie gerade gekriegt«, murmelte Doris.
    Mathilda bewegte ihre Ärmchen, als ringe sie damit. Dazu gab sie undefinierbare Laute von sich. Walde nahm sie von der Decke und ließ sich mit ihr nach hinten sinken. Erst verharrte sie in Bauchlage auf seiner Brust, dann hob sie den Kopf und schien sich auf irgendetwas zu konzentrieren. Ein leiser Pupser brachte die Antwort. Ihr Kopf fiel so fest herunter, dass er fürchtete, sie habe sich an der Nase verletzt. Aber Mathilda schien sich nicht wehgetan zu haben. Er legte sie auf die Krabbeldecke, schnappte sich das Buch über die Malediven vom Wohnzimmertisch und machte es sich neben dem Baby bequem. Auf der Doppelseite, die er wahllos aufgeschlagen hatte, schwebten knallgelbe tropische Fische durch wunderbar blau schimmerndes Wasser, von dem Walde vermutete, dass es wunderbar warm war. Mathilda, der er das Buch hinhielt, schien sich nur für ihre Hand zu interessieren, an der sie heftig nuckelte. Walde betrachtete die Bilder von Lagunen und Korallenriffen. Genau richtig für einen trüben Novemberabend, wie er fand. Nebenan klappte Doris mit einem Seufzer das Buch zu.
    »War es gut?«, fragte er.
    »Naja, nur ein Lokalkrimi.«
    »Ich habe mir
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