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EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung

EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung

Titel: EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
Autoren: Mathias Frey
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Flughafens direkt am Atlantik gelegen.
       Sinshy atmete tief ein, um den Geruch von Lavendel in sich einzusaugen. Die Stewardess hatte wie immer die Kabine vor dem Start mit einigen Tricks dazu gebracht, zu duften wie eine unberührte Sommerwiese am Chickahominy-Fluss in Virginia. Es fehlte nur das Summen der Bienen.
       Nach dem Abheben machte der Jet eine kleine Rechtskurve, um auf dem direktesten Weg Boston anzusteuern. Sinshy beobachtete, wie auf der linken Seite Kapitol und Weißes Haus langsam kleiner wurden und schließlich aus seinem Sichtfeld verschwanden. Was wohl die Präsidentin gerade machte?
       »Wie immer ein Wasser?«, erkundigte sich die Stewardess mit der diskreten Zurückhaltung professioneller VIP-Betreuer.
       »Nein, heute bitte einen Bourbon on the rocks», antwortete er lächelnd und zog die Augenbrauen in die Höhe. «Wir haben doch sicher einen schönen Single Malt an Bord?«
       »Oh ja«, sie hob übertrieben die Hände in die Höhe, »einen Laphroaig, fünfzehn Jahre.« Sinshy nickte und die Stewardess verschwand leise in der Bordküche.
       Der erste Schluck explodierte an seinem Gaumen. Sinshy lehnte sich zufrieden zurück, während er mit der linken Hand den perfekten Sitz seines silbergrauen, welligen Haares überprüfte.
       Wie nie zuvor stach ihm ins Auge, dass der Flugweg die Geschichte der Entstehung der USA widerspiegelte – allerdings in umgekehrter Reihenfolge – wie eine Reise mit einer Zeitmaschine: Von der nach dem ersten Präsidenten benannten Hauptstadt Washington, seit 1800 Sitz der Bundesregierung, über Philadelphia, wo 1776 die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet wurde, nach Boston, wo 1773 drei Ladungen Tee der britischen East India Company im Hafenbecken landeten, dorthin verfrachtet von ebenso wütenden wie sezessionswilligen Bostoner Bürgern.
       Sinshy blickte mit Staunen auf die vor ihm liegenden handschriftlichen Notizen. Sie waren erst vor wenigen Tagen entstanden und beinhalteten die brisantesten Überlegungen, die er in seinem ganzen Leben angestellt hatte – vielleicht die brisantesten Überlegungen, die irgendjemand seit langer Zeit angestellt hatte.
       Eugene Moore – einer seiner zahllosen Bekannten – ein Anwalt aus New York und ehemaliger Kongressabgeordneter, war vor einigen Tagen an ihn herangetreten. Sinshy wusste sofort, dass es nicht nur um ein reines Wiedersehen ging. Alle, die sich bei ihm meldeten hatten ein Anliegen. Seine Vermutung stellte sich bald als richtig heraus: Moore berichtete von einer Idee, die er und sein Halbbruder Paul O’Brien, Soziologe an der University of Chicago, nach dem Besuch eines politischen Kongresses in London entwickelt hatten. Dabei drehte es sich – wie so oft in diesen Zeiten – um die Frage einer neuen internationalen Ordnung und wie die USA sich darin einfügen könnte. »Konkret geht es um die Frage der Weltregierung«, hatte ihm Moore bald eröffnet.
       »Weltregierung?«, hatte Sinshy mit zynischem Lächeln gefragt. »Ist das nicht ein hässliches Wort? Und ein bisschen abgehangen?«
       »Nenn es, wie du willst, Art, auf jeden Fall geht es um das, was früher oder später sowieso kommen wird«, erwiderte Moore.
       »Wirklich? Und was hat das mit mir zu tun?« Sinshy lächelte unschuldig.
       Moore erzählte weiter. Wie er und sein Halbbruder Paul auf dem Rückflug in die USA sich darüber unterhalten, ja gestritten hatten, ob die Etablierung einer Weltregierung ein realistisches Ziel sei und wie die USA, die nur noch vom Mythos der ehemaligen Weltmacht lebten – marode Infrastruktur, anämische Realwirtschaft, schlechtes internationales Image, Überschuldung, immer schwächerer Dollar – sich in eine neue, eurasisch dominierte Weltordnung eingliedern würden.
       »Oh.« Sinshy hob die Augenbrauen. »Die große strategische Linie!«
       »Es geht um eine konkrete Frage«, sprach Moore unbeirrt weiter. »Die meisten Menschen in den ländlichen Teilen der Südstaaten sind unter normalen Umständen niemals bereit, die USA in eine internationale Ordnung einzugliedern, wenn das bedeutet, dass Washington Macht abgeben muss. Also hatten wir eine Idee. Neben der schleichenden Entwicklung hin zu einer ...«
       »Weltregierung?«
       »Wie immer man es nennen will.« Moore kniff die Augen zusammen. »Neben der schleichenden Entwicklung kann die eigentliche Schaffung der Weltregierung nur unter großem, akutem Druck geschehen. Wie beispielsweise der 11. September
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