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Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence
Autoren: Elke Ahlswede
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Auch in eurem kleinen entzückenden Supermarkt waren die nicht vorrätig. Aber dieser Filialleiter, Jean-Claude, ist ja ein ganz entzückender Mann. Morgen bin ich übrigens mit ihm downtown verabredet. Er will mir die Stadt zeigen. Nicht die ausgetretenen Touristenpfade, sondern die geheimnisvolleren Ecken. Und ein echtes Kultrestaurant hat er mir versprochen. Na ja, jedenfalls geht mein peruanisches Gericht auch mit Kaninchen. Und das gab’s auf dem Markt.«
    »Das da ist Kaninchen?«, fragt Jule und zeigt mit ekelverzerrtem Gesicht auf die Pfanne, aus der weit die Läufe des Tierchens herausragen.
    »Klar. Ist bestimmt auch lecker.«
    Jule dampft ab in ihr Kinderzimmer.
    Rums, das war die Tür.
    Ruckel, ruckel … jetzt kommt der Fußballtisch davor.
    …
    Nanu?
    »Mamaaaa! Ich krieg den Kicker da nicht raus. Der steht auf einmal unter meinem Hochbett, der steckt fest!«, schreit Jule.
    »Das macht nichts. Das ist Feng-Shui, von Ooooma.«
    »Janis-Liebling. Würde es dir etwas ausmachen, mich nicht immer vor allen Leuten ›Oma‹ zu nennen?«
    Vor welchen Leuten denn?
    #
    Eine halbe Stunde später
    »Na, da seid ihr ja endlich!«, sagt Oma Monika zu Bettina und Philippe, die jetzt zur Tür hereinkommen.
    Aber warum war mir eigentlich bis gerade gar nicht aufgefallen, dass die beiden tatsächlich ziemlich lange unterwegs waren?
    »Deine Schwester hat sich schon Sorgen gemacht.«
    Ja, aber eigentlich nur um meine Wohnung. Betty und Philippe können bleiben, wo die Meerschweinchen wachsen!
    »Sorry, sorry. Wir haben uns irgendwie verfahren.«
    In L’Oublie-en-Provence: eine Hauptstraße, vier Kreuzungen!
    »Kein Problem, kommt doch rein«, sage ich betont gelassen. »Mama hat schon lecker gekocht. Es gibt Meerschweinchen.«
    »Nein, leider nur …«, wirft meine Mutter ein.
    »Mit gerösteten Erdnüssen, sehr delikat«, unterbreche ich sie.
    »Das duftet sehr köstlisch«, sagt Philippe. »Aber, was wir werden essen, das isch abe nischt ganz verstann-den.«
    »Meerschweinchen«, wiederhole ich. »Cochon d’Inde auf Französisch, wenn ich mich nicht irre.«
    »Cochon d’Inde?« Philippe entgleiten ein bisschen die Gesichtszüge.
    »Ja, eine Spezialität.«
    »Ah bon? In Deutschland?«
    »In der Familie Kirsch auf jeden Fall. Setz dich.«
    Philippe hält die Stuhllehne fest und tritt nervös von einem Fuß auf den anderen, bevor er sich an den in die Mitte meiner Wohnküche gerückten Eck -Tisch sinken lässt.
    »Keine Angst«, beruhigt ihn meine Mutter. »Es ist Kaninchen. Ich sehe schon ein, dass man die peruanische Küche nicht so einfach in Europa einführen kann. Darüber habe ich auch mit Jean-Claude vom ›Casino‹ ausführlich diskutiert. Die Vorlieben sind da ja über Generationen geprägt worden. Hier habt ihr gleich einen Drink, ihr mögt doch Portwein, oder?«
    Bettina nimmt zwei Gläser, lässt sich auf dem Stuhl neben Philippe nieder und reicht eines an ihn weiter.
    »Monika war gerade einige Zeit in den Anden und hat die dortige Küche für sich entdeckt«, erklärt meine Schwester Philippe. »Ich persönlich schätze ja mehr Geflügel, zum Beispiel eine Wachtel oder eine Taube.«
    »Oh, ja, die siind serr gutt. Wie alle Köstlischkeiiten der franzöösischen Küsche, nischt wahr, Andscha?«
    »Oh, aber ja!«
    Mmmh … meine Freunde, die Schnecken, Austern und …
    »Isch konnte vor allem überzeuugen Andscha miiet denn Schenkeln des Froosches, nischt wahr?«
    Genau, die hatte ich noch vergessen.
    »Frosch?«, stöhnt Jule, die gerade vorsichtig durch die Tür lugt. »Esst ihr die etwa auch? Booah, ist das eklig.«
    Rumms. Die Tür ist wieder zu.
    »Was at sie gesaggt, die Kleine?«, erkundigt sich Philippe.
    »Schon gut.«
    »C’est comme ça«, versucht sich jetzt meine Mutter mit ein bisschen Restfranzösisch.
    »Comme ci, comme ça«, flötet meine Schwester. »Ich habe richtig Hunger. Wann geht es denn los?«
    Wie kann ich euch helfen, wäre vielleicht die richtige Frage.
    »Ein bisschen Geduld bitte. Bon chose veut avoir heure«, kichert meine Mutter und genehmigt sich einen großzügigen Schluck Portwein.
    »Was soll das denn heißen?«, raune ich meiner Mutter zu.
    »Gut Ding will Weile haben. So ist das beim Kochen. Ich bin inzwischen Anhängerin der Slow-Food-Bewegung: Alles schön langsam und ganz ausgiebig genießen«, sagt sie und kippt den letzten Schluck Portwein herunter.
    »Slovvv Fuuudd?«, meldet sich Philippe mit erwartungsgemäß exzellentem Englisch zu Wort. »Daaas at seinen
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