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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit
Autoren: Greg Bear
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Ich beging den Fehler, ihm die Waffen der Erde zu beschreiben, und sie wollten, daß ich ihnen hülfe, bessere Bomben zu bauen. Ich weigerte mich. Nikephoros drohte, mich einzusperren. Er fühlte sich damals durch Heere der Libyschen Wüste stark bedroht. Er wollte sie alle mit einem Schlag vernichten. Ich sagte ihm immer wieder, was die Bomben der Erde angetan hatten, aber er wollte nicht hören. Ich kam einen Monat lang in Alexandreia ins Gefängnis. Dann entließ er mich und schickte mich nach Rhodos. Er sagte mir, ich sollte dort eine Akademeia gründen. Fünf Jahre später ist er gestorben, aber das Hypateion war gut etabliert. Mit seinem Sohn kam ich recht gut aus… ein netter Junge, ziemlich schwach. Und dann seine Enkelin… zuerst natürlich deren Mutter, eine starke energische Frau, aber brillant – und dann die Kaiserliche Hypselotes selbst, als sie in die Jahre kam…«
    »Gefällt es dir hier?« fragte Rhita und rückte ihren breiten Sonnenhut zurecht. Patrikia schob ihre welken Lippen vor und schüttelte traurig den Kopf, ohne etwas zuzugeben oder abzustreiten.
    Sie sagte: »Dies ist meine Welt. Ich würde immer noch nach Hause gehen, wenn ich eine Chance erhielte.«
    »Könntest du das?«
    Patrikia nickte zum hellem Himmel empor. »Vielleicht. Es ist aber wenig wahrscheinlich. Einmal hat sich auf Gaia ein anderes Tor geöffnet, und mit Unterstützung der Königin habe ich jahrelang danach gesucht. Aber es war wie ein Irrlicht. Es verschwand, erschien irgendwo anders wieder und verschwand dann aufs neue. Und jetzt ist es seit neunzehn Jahren fort.«
    »Würde es dich zur Erde bringen, falls du es fändest?«
    »Nein. Wahrscheinlich würde es mich wieder in den Weg bringen. Von da aus könnte ich allerdings imstande sein, heimzukehren.«
    Rhita wurde bekümmert, als sie hörte, wie die leise Stimme der alten Frau beim letzten Wort versagte, während ihr Gesicht tief vom Hut beschattet war und sich die katzenartigen Augen schlossen und dann unendlich müde wieder halb öffneten. Die Sophe erschauerte und sah ihre junge Enkelin abschätzend an. »Möchtest du gern einige interessante Geometrien erlernen?«
    Rhita strahlte: »Ja!«
     
    Sie lag im Halbschlaf auf ihrem Feldbett in dem kahlen, weißgekalkten Zimmer und lauschte den Wellen eines fernen Sturms, die sich nur einige Klafter weit entfernt brachen wie kräftige Faustschläge Poseidons gegen die Felsen und die in ihren Träumen mit dem langsamen Hufschlag eines riesigen Pferdes zusammenfielen. Der Mond erfüllte eine nahe Ecke mit kaltem Licht. Rhita öffnete die Augen einen Spalt weit. Sie fühlte im Raum eine Präsenz. Ein Schatten glitt über das Mondlicht und trug etwas mit sich. Das Mädchen rührte sich auf ihrem Lederbett, immer noch nicht völlig wach, mit behaglich entspanntem Körper.
    Der Schatten kam näher. Es war Patrikia.
    Rhitas Augen schlossen sich und öffneten sich dann wieder ein wenig. Sie hatte gewiß keine Angst vor der Sophe, aber warum war sie so spät nachts in ihrem Zimmer? Patrikia ergriff die Hand ihrer Enkelin mit ihren dürren, starken Fingern und legte sie auf etwas, das metallisch, hart und glatt war, ungewohnt, aber doch angenehm zu berühren. Rhita murmelte eine unzusammenhängende Frage.
    Patrikia flüsterte: »Dies wird dich erkennen und wiedererkennen. Durch deine Berührung machst du es dir zu eigen – in Jahren der Zukunft, wenn du reif bist. Mein Kind, höre auf seine Botschaften! Es sagt dir, wo und wann. Ich bin jetzt zu alt. Finde du für mich den Heimweg!«
    Der Schatten ging aus ihrem Zimmer, und das Mondlicht verblaßte. Der Raum füllte sich mit Dunkelheit. Rhita schloß die Augen, und bald wurde es Tag.
    An diesem neuen Morgen begann Patrikia, Rhita zwei Sprachen zu lehren, die auf Gaia nicht existierten: Englisch und Spanisch.
     
    Die Sophe starb, nur betreut von ihren drei überlebenden Söhnen, in dem kahlen Zimmer, wo fünf Jahre zuvor ihre Enkelin geschlafen und von Pferden geträumt hatte. Jetzt eine junge Frau zu Beginn ihrer Studien der dritten Stufe im Hypateion, wußte Rhita kaum, welche Emotionen sie empfand. Sie war mittelgroß, ungeziert mit einem derben, auf jungenhafte Art attraktivem Gesicht. Ihre Figur war schlicht, das Haar rötlich braun und die Brauen spöttisch gewölbt über grünen Augen – den Augen ihres Vaters im Gesicht ihrer Mutter. Welcher Teil von ihr war Patrikia? Was hatte sie von der Sophe an sich?
    Ihr Vater war ein langsamer, sorgfältiger Mann; aber sein Kummer
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