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Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen
Autoren: Lisa Jackson
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nun bei der Grube angelangt. Es war stockdunkel. Er sollte lieber auf Verstärkung warten, auf eine Stablampe, sollte sich nicht opfern oder riskieren, als Geisel genommen zu werden Doch er konnte an nichts anderes denken als an Nikki. Er stürzte sich in die Grube und sah den Grabräuber in der Ecke hocken. Im selben Augenblick, als Reed hineinsprang, fuhr Joey in die Höhe, und da sah Reed es: ein Messer, das aufblitzte.
    Schmerz schoss in seine Schulter.
    Er feuerte, sorgsam darauf bedacht, waagerecht und keinesfalls nach unten zu schießen, nicht in Nikkis Richtung. »Du Schwein«, knurrte er, während Joey wild mit dem Messer um sich schlug.
    »Bring mich doch um«, forderte der ihn heraus, schwer atmend, mit gefletschten Zähnen, sichtlich blutend. Reed verpasste ihm einen Hieb mit der Waffe. Joey jaulte auf, wehrte sich jedoch mit erstaunlicher Kraft. Seine Augen blitzten vor Zorn.
    »Du hattest es versprochen«, schrie er, als Reed ihm die Waffe an den Kopf hielt und ihm einen Arm auf den Rücken drehte. »Du verlogenes Schwein, du hattest versprochen zurückzukommen, aber du hast es nicht getan.«
    »Steh auf, Joey. Es ist vorbei.«
    »Erschieß mich doch.«
    »Ausgeschlossen. Heb die Hände hinter den Kopf und –« Joey warf sich nach hinten, seine nassen Kleider entglitten Reeds Fingern. Auf dem gesunden Bein fuhr er herum und drosch wild mit dem Messer um sich. Ein Schuss knallte. Ein Ruck ging durch Joeys Körper, und das Messer fiel zu Boden.
    »Das wär’s«, sagte Morrisette knapp. »Also, schaffen wir den Kerl raus hier.«
    Reed war bereits auf den Knien. Grub verzweifelt mit bloßen Händen. »Nikki!«, brüllte er. Es war wie ein Déjà-vu-Erlebnis. Plötzlich hörte er etwas … ein Kratzen? Husten? Es kam aus dem vergrabenen Sarg.
    »Nikki? O Gott, Nikki, halte durch!« Er ackerte wie ein Wahnsinniger, warf Hände voll Erde hinter sich. »Ich brauche Hilfe!« Seine Finger stießen auf etwas Hartes, ertasteten gesplittertes Holz und ein kleines Loch in dem Sarg. Ein Polizist sprang zu ihm in die Grube. Gemeinsam entfernten sie den Großteil der Erde, fanden das Mikrofon in einer kleinen Öffnung und rissen es heraus, damit mehr Luft in den Sarg dringen konnte. »Holt mich hier raus!«, schrie Nikki keuchend. In Reeds Ohren war es das Schönste, was er je gehört hatte. »Um Gottes willen, Reed, hol mich hier raus!«
    Minuten später hatten sie die restliche Erde beseitigt und den Deckel aufgestemmt. Nikki, voller Panik, nackt, mit weit aufgerissenen Augen, zitternd am ganzen Körper, warf sich in Reeds Arme. Sie rang nach Luft und schluchzte hemmungslos.
    Reed warf einen Blick in den Sarg und fuhr zusammen. Vor ihm lag die Leiche von Nikkis Vater, des Richters Ronald Gillette.
    Himmel, was musste Nikki durchgemacht haben!
    Er legte ihr seinen nassen Mantel um die Schultern und trug sie durch den Schlamm zu seinem Eldorado. Um ein Haar hätte er sie verloren. Es war ganz schön knapp gewesen.

Epilog
    N ikki schlürfte Kaffee und starrte hinaus in das graue Licht der Morgendämmerung. Der Himmel war wolkenlos, der aufziehende Morgen stand in krassem Gegensatz zu den düsteren Vorfällen zwei Wochen zuvor, insbesondere zu dieser grauenvollen Nacht, in der sie beinahe gestorben wäre. Wenn sie zu intensiv daran dachte, überfiel sie gleich wieder die Angst. Aber sie gestattete sich die Erinnerung daran nicht. Zumindest jetzt noch nicht. Körperlich war sie wiederhergestellt, und psychisch ging es ihr von Tag zu Tag besser. Sie hatte sogar wieder eine Perspektive.
    In ein paar Tagen war Weihnachten, und Nikki hatte noch keine einzige Lichterkette aufgehängt, geschweige denn einen kleinen Weihnachtsbaum als Zimmerschmuck gekauft. In diesem Jahr würden die Festtage anders verlaufen. Ihr Vater war tot, und ihre Mutter war noch nicht vollständig genesen.
    Es war Samstag. Sie fühlte sich träge und trank nun die erste Tasse Kaffee des Tages. Jennings hatte sich auf seinem Aussichtsturm, dem Bücherschrank, zusammengerollt, und Mikado lag zu Nikkis Füßen. Auf ihrem Monitor stand nichts weiter als Seite eins. Der Anfang ihres Romans.
    Über den Grabräuber, einen gequälten Menschen, der sich laut Polizeibericht selbst »der Überlebende« genannt hatte. Joey Legittel, ein Junge, der schwer unter Chevalier gelitten hatte, bis etwas in ihm ausrastete und er seine Familie umbrachte und den Mann, der ihn gequält hatte, fälschlich beschuldigte. Danach fristete er ein Dasein in Waisenhäusern und
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