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Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen
Autoren: Lisa Jackson
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wuchs zu einem Erwachsenen ohne zwischenmenschliche Beziehungen heran, ein Gelegenheitsarbeiter, der vorrangig Jobs in Videotheken annahm. Dort erstand er auch seine Lieblings filme, die allesamt von einsamen Rächern handelten.
    Anscheinend war ihm irgendwann aufgefallen, dass sein Nachname aus den gleichen Buchstaben bestand wie Gillette, und er hatte ihren und seinen Namen tausendmal auf seinen zerkratzten Tisch gekritzelt.
    Jetzt vernahm Nikki Schritte auf der Außentreppe, Mikado fing an zu bellen und lief zur Tür. »Ich schätze, es ist jemand, den du kennst«, sagte sie, und als an die Tür geklopft wurde, geriet der Hund völlig aus dem Häuschen. Ihr Puls beschleunigte sich, sie schob den Stuhl zurück. Der Kater reckte sich gelangweilt, und Mikado wirbelte wie verrückt umher.
    Nach ihrer Rettung aus dem Sarg hatte Reed sie fest im Arm gehalten und darauf bestanden, sie in ein Krankenhaus zu bringen. Den Großteil der Nacht hatte er an ihrem Bett verbracht, hatte sie nur kurz verlassen, um seinen Kollegen Bericht zu erstatten. Seine eigene Verletzung ignorierte er nahezu völlig.
    Der Grabräuber lebte nicht mehr.
    Er war noch in jener Nacht gestorben. Morrisette hatte ihn tödlich getroffen, bevor er Reed weiter mit genau dem Messer traktieren konnte, mit dem er zwölf Jahre zuvor seine Familie abgeschlachtet hatte, ein Messer, das er damals irgendwo versteckt, sich später zurückgeholt und dann in einer Schublade aufbewahrt hatte, in seinem Schlupfwinkel, den die Polizei aufgespürt hatte, ein kleiner Raum voll mit Aufzeichnungsgeräten, Fernsehern, Filmen und einer blutbefleckten Kommode, in der er Unterwäsche von seinen Opfern hortete. Das Zimmer befand sich im Haus einer älteren Dame, die ihn dafür, dass er im Haus wohnte und darauf aufpasste, bezahlt hatte. Den Rest des riesigen Herrenhauses im Herzen Savannahs hatte er kaum genutzt. Doch jetzt war er tot. Nachdem er so viele Menschen umgebracht hatte. Einschließlich Simone. Nikki schob die grausamen Erinnerungen von sich, ging zur Tür und öffnete sie. Glatt rasiert, in Jeans und Pullover, stand Reed auf ihrer Schwelle. Er balancierte zwei Becher Kaffee und eine Tüte mit Gebäck, und bei ihrem Anblick leuchteten seine Augen auf. »Einen guten Morgen«, sagte er gedehnt.
    Mikado stürzte sich auf seine Hosenbeine, Jennings ergriff die Gelegenheit zur Flucht nach draußen.
    »Dir auch, Reed.« Sie erhob sich auf die Zehenspitzen und berührte mit den Lippen seine rasierte Wange. »Komm rein.
    Was führt dich zu mir?«, fragte sie scherzhaft.
    »Ich tu nur meine Pflicht, Madam«, behauptete er.
    »So, so.«
    »Ja, wirklich. Und natürlich will ich einmal mehr deinen Luxuskörper bewundern.« Er zog eine Braue hoch und bedachte ihr Hinterteil mit einem übertriebenen Blick, obwohl es vollständig unter einem flauschigen Bademantel verborgen war.
    »Gut zu wissen.« Sie nahm ihm die Tüte und die Kaffeebecher ab, damit er sich dem Hund widmen konnte. In der Zwischenzeit teilte sie die Gebäckstücke – eine Zimtschnecke und ein Schokocroissant – und legte sie auf zwei Teller.
    »Nun mal ehrlich, wie geht es dir?« Er war plötzlich sehr ernst. »Es ist jetzt ein paar Wochen her, und du hast mir noch nicht wirklich gesagt, wie du alles verkraftet hast.« Das stimmte. Seit jener Nacht hatten sie nur oberflächliche Gespräche geführt. Hatten rumgealbert und einander gefoppt. Um sich behutsam näher zu kommen. »Natürlich bin ich immer noch ziemlich mitgenommen, aber ich schätze, ich werde es überleben.« Unter dem Klang ihrer Worte krümmte sie sich innerlich zusammen. Joey Legittel hatte auch überlebt – einmal. Und hatte dann als Serienmörder geendet, der sie und die ganze Stadt terrorisierte. »Und deine Mutter?«
    »Sie ist vor zwei Tagen aus dem Krankenhaus entlassen worden, wird aber nun erst noch von einer Krankenschwester betreut, und ich besuche sie jeden Tag. Lily und Kyle auch.« Nikki seufzte und lehnte sich an den Küchentresen. »Ich weiß nicht, ob Mom je wieder ganz gesund wird. Sie hat Entsetzliches mit ansehen müssen und war schon vorher sehr labil. Lily und Phee, meine Nichte, haben vor, für eine Weile zu ihr zu ziehen. Außerdem ist ja Sandra noch da und hilft beim Kochen und Saubermachen. Mal sehen, wie es läuft. Sie wird Zeit brauchen.«
    Mit den Fingern wischte sie das Messer ab. »Deiner Theorie zufolge hat Joey Legittel also nicht nur Chevalier umgebracht, sondern auch seine Mutter, seine Schwester und seinen
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