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Evernight Bd.1 Evernight

Evernight Bd.1 Evernight

Titel: Evernight Bd.1 Evernight
Autoren: Claudia Gray
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Schwarzen Kreuzes. Er verfügt über einige unserer Kräfte. Er war meinem Vater und Balthazar im Kampf überlegen. Was für eine Chance hätte ich schon gehabt?«
    »Inzwischen wissen Sie immerhin, wie man schwierige Fragen mit Gegenfragen beantwortet.« Mrs. Bethany seufzte schwer, und zum ersten Mal sah ich düsteren Humor in ihren Augen aufblitzen. »Gar kein Hasenfuß mehr, wie ich sehe. Wenigstens haben Sie irgendetwas in diesem Jahr gelernt.«
    Ich erinnerte mich daran, was mir Lucas in der vergangenen Nacht erzählt hatte: Mrs. Bethany hatte die jahrhundertealten Regeln verändert, um menschliche Schüler in Evernight zuzulassen. Er hatte nicht herausfinden können, warum, und ich konnte es ebenfalls nicht erraten. Als ich sie nun ansah, wusste ich nur, dass sie älter, stärker und verschlagener war, als ich es mir je hatte träumen lassen. Und doch fürchtete ich sie nicht mehr, denn ich wusste, dass selbst Mrs. Bethany verwundbar war.
    Wenn sie menschliche Schüler in Evernight aufnahm, dann gab es etwas, das sie dringend brauchte. Und das bedeutete, dass sie eine Schwäche hatte. Und das machte sie uns anderen gleich. Nun, da ich das wusste, konnte ich ihr gegenübertreten.
    Ohne ihre Erlaubnis, mich zu entfernen, stand ich von meinem Stuhl auf. »Gute Nacht, Mrs. Bethany.«
    Ihre dunklen Augen funkelten gefährlich, aber sie entließ mich mit einem schlichten Wink. »Gute Nacht.«
     
    In dieser Nacht machten meine Eltern ein Aufhebens um mich, wie sie es nicht mehr getan hatten, seitdem ich ein kleines Mädchen gewesen war. Sie brachten mir kuschelige Socken, weiche Kissen und ein Glas mit Blut in Körpertemperatur. Ich musste nicht fragen, ob sie ernstlich glaubten, dass Lucas mich entführt hatte, dazu waren sie viel zu schlau. Ich wusste, dass sie nicht wirklich alles begriffen, denn jeder Funke Sympathie, den sie für Lucas empfunden haben mochten, war durch ihren Hass auf das Schwarze Kreuz ausgelöscht worden. Aber selbst wenn sie mit meiner Wahl nicht zufrieden waren, konnten sie sie mir verzeihen. Das war mehr als genug, mich daran zu erinnern, dass ich geliebt wurde. Dann legten sie sich sogar rechts und links neben mich ins Bett, während auf dem Plattenspieler im Nebenzimmer Rosemary Clooney lief, und sie erzählten mir alte Geschichten davon, wie die Weizenfelder in England einst ausgesehen hatten - süße, niedliche Geschichten, in denen es nicht um Gefahr oder Veränderungen ging, sondern nur um Schönheit.
    Sie erzählten lange, bis die Erschöpfung über die Trauer siegte und ich endlich, endlich einschlief.
     
    In dieser Nacht träumte ich erneut vom Sturm, der wuchernden Hecke, die ihre Dornenranken wie ein ungezügeltes Feuer um Evernight wachsen ließ, und den rätselhaften Blumen, die unter meinen Händen schwarze Knospen bildeten. Ich war bereits, schon ehe ich Lucas traf, gewarnt worden, dass die Blumen nicht für mich gedacht waren, aber ich griff trotzdem nach ihnen, ungeachtet der Dornen und des Sturmes.
     
    »Du hängst schon wieder Tagträumen nach.«
    Raquels Worte brachten mich in die Realität zurück. Wir liefen am Waldrand nahe am Schulgelände entlang, unter neuen, hellgrünen Blättern, die noch so weich waren, dass sie sich an den Rändern zusammenrollten. Ich hatte wer weiß wie lange reglos dagestanden, eine Hand an einem Zweig. Raquel war eine gute Freundin, die mir meinen Raum ließ, wenn ich ihn brauchte, und klug genug war zu wissen, wann es Zeit wurde, mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.
    »Entschuldige.« Wir liefen mit langsamen Schritten weiter, die uns in keine bestimmte Richtung führten. »Ich habe an gar nichts gedacht.«
    »Du hast an Lucas gedacht.« Offenbar ließ sich Raquel nicht so leicht etwas vormachen. »Es ist jetzt beinahe sechs Wochen her, Bianca. Du musst ihn vergessen. Das weißt du.«
    Raquel wusste nur, was die anderen Schüler ebenfalls wussten: dass Lucas eine Fülle von Regeln gebrochen hatte und davongelaufen war und dass er auf dem Weg meinen Vater angegriffen hatte. Das passte vermutlich perfekt in ihre traurige Vorstellung von der Welt, in der jedes Geheimnis nur ein Mantel für Gewalt war. Sie hatte mich ein Dutzend Mal vor Lucas gewarnt. Warum sollte sie nicht glauben, dass er abgehauen war? Sie sagte niemals auch nur etwas in der Art wie »Habe ich dir doch gesagt« - dafür war sie zu anständig. Das gefiel mir.
     
    Vic nahm es schwerer. Lucas war sein bester Freund in Evernight gewesen, und es gab nun
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