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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen
Autoren: Tania Kraetschmar
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Visitenkarte aus seiner Jackentasche und gab sie Eva, dann ging er in Richtung Friedrichstraße davon. Sie sah ihm nach: ein kleiner, dicker Mann, der offensichtlich für seinen Job lebte. Der sich, ohne dass Eva sagen konnte, woher sie das wusste, in dieser großen Stadt allein fühlte und auch gern in eine WG zöge. Aber sich nicht traute. Oder keine Freunde hatte. Oder sich für seine Freunde keine Zeit nahm.
    Der Rest des Monats März und beinahe der gesamte April vergingen mit viel Arbeit bei Frenz & Friends. Sie hatten weitere Anzeigen geschaltet, und die Angebote, die Eva daraufhin bekam, hatte sie gesammelt– an Dorothees Geburtstag würden sie sich einen Spaß daraus machen, sie gemeinsam zu lesen und sich darüber zu amüsieren, was für seltsame Typen auf ihre Anzeigen antworteten. Dieses Jahr lud Dorothee sie zu einem Spanier am Savignyplatz ein.
    Â» Gehen wir zusammen zu Dorothee heute Abend? « , fragte Nele am Morgen des großen Tages.
    Â» Ich hab mir den Nachmittag doch freigenommen, schon vergessen? « , gab Eva zurück. » Der Monteur kommt. Wegen des Geschirrspülers. Hoffentlich lässt er sich reparieren. «
    Â» Stimmt. Dann treffen wir uns um sieben im Restaurant. Das Geschenk bringst du mit, richtig? «
    Eva nickte.
    Dorothee liebte Kerzen. Bei ihr zu Hause sah es das ganze Jahr über wie Weihnachten aus. Teelichter flackerten überall in der Wohnung und verbreiteten ihren Duft. Kam man zu Besuch zu Dorothee, musste man nach dem Klingeln immer ewig warten– wie vor der Weihnachtsbescherung. Nicht, weil Dorothee noch nicht bereit war, ihren Besuch zu empfangen, sondern weil sie immer erst alle Kerzen anzündete, bevor sie die Tür öffnete. Das entsprach ihrer Auffassung von gemütlichem Beisammensein mit ihren Freundinnen.
    Nele und Eva hatten sich zusammengetan und eine Riesenvorratspackung Duftkerzen gekauft– samt einem Halter, der aussah wie eine Tiffany-Lampe, die bei Keith Haring in die Lehre gegangen war. Sie hatten ihr Geburtstagsgeschenk hübsch eingewickelt und eine Karte dazu gestaltet. Das würde Dorothee garantiert gefallen.
    Eva war spät dran. Der Monteur hatte eine Ewigkeit gebraucht, aber er hatte es geschafft, ihren alten Geschirrspüler wieder zum Laufen zu bringen. Es war schon kurz vor sieben, als sie nach dem Geschenk und der prall gefüllten Klarsichthülle mit den Antwortschreiben griff und sich auf den Weg machte.
    Sie war fast aus der Haustür, als ihr einfiel, dass sie die Post an diesem Tag noch nicht gecheckt hatte. Eva drehte sich auf dem Absatz um und ging zu den grauen Briefkästen im Hausflur. Einige von ihnen waren aufgebrochen, weil die Mieter den Schlüssel verloren hatten. Ihrer war glücklicherweise nicht defekt.
    Als Eva den Kasten öffnete, purzelten diverse grellbunte Werbeflyer heraus, die Rechnung ihres Telefonanbieters und ein weiterer Brief. Sie drehte ihn um: Rechtsanwalt und Notar Alfons Rechenberger, Potsdam. Komisch. Sie hatte diesen Namen noch nie gehört. In dem Moment ging das Licht im Hausflur aus. Hastig drückte Eva auf den im Dunkeln rot leuchtenden Schalter. Dann riss sie den Brief auf und begann zu lesen.
    Als sie eine halbe Stunde später das rustikale spanische Restaurant am Savignyplatz betrat, war Eva immer noch blass um die Nase. Die anderen waren alle schon da, und das war gut so. Sie konnte es kaum abwarten, ihre Gesichter zu sehen, wenn sie ihnen erzählte, was passiert war…
    Â» Happy birthday « , rief sie der strahlenden Dorothee entgegen. Eva umarmte die Freundin und übereichte ihr das Geschenk. » Hier, von Nele und mir. «
    Â» Danke « , sagte Dorothee. » Mach ich nachher auf, okay? Da kommen nämlich schon die ersten Tapas. « Eine Kellnerin trat mit einem voll beladenen Tablett an den Tisch.
    Â» Ich brauche einen Schluck Rioja. Sofort! « , rief Eva und setzte sich auf den freien Holzstuhl, der neben Nele stand.
    Dorothee pickte, mit einem Holzstäbchen bewaffnet, gleich ein Fleischbällchen in Tomatensoße auf, sie konnte nicht länger widerstehen. » Mhm, ich sterbe vor Hunger « , sagte sie mit vollem Mund in die Runde. » Leider sind’s jetzt schon sieben Kilo. Was soll ich nur machen? «
    Nele lachte. » Du Arme! Nimm’s nicht zu schwer. « Dann wandte sie sich Eva zu. » Ist was passiert? « , fragte sie leise und schenkte ihr Rotwein ein.
    Eva nickte.
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