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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen
Autoren: Tania Kraetschmar
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antwortete mit einem Nein und mailte den abgesegneten Text an Dorothee, Marion und Julika. Ohne den Hinweis auf Prosecco und die Forderung nach einem netten Nachbarn. Das klang ja, als seien sie männerhungrige Säuferinnen. Eine Kopie ging auch an ihre private Mailadresse. Schließlich sollte bei ihr alles zusammenlaufen. Sie wusste schon, wo sie die Anzeige schalten würde: in verschiedenen Berliner Stadtanzeigern, in der Zweiten Hand, im Internet bei Immoscout und bei Feierabend.de, einer Website für Senioren. Wenn sie zusammenlegten, würde es auch für ein paar Anzeigen in der Morgenpost und im Tagesspiegel reichen.
    Eva griff erneut nach den Entwürfen und überflog die Resultate ihres Brainstormings: Cholesterin war gestern. Natur pur aufs Brot. Ab heute ess ich Öko. So schmeckt goldgelbgesund. Soja für alle! Bin ich Brot, will ich Soja. So gut, so gesund, So-Ja!…– Gott, das war alles so blöd.
    Wie schon so oft kam Eva zu dem Entschluss, dass es schwer war, für etwas gut zu texten, hinter dem man nicht stand. Sojamargarine gehörte dazu. Sie stand auf Sauerrahmbutter. Wenn sie nur ein bisschen risikobereiter wären, würden sie und Nele sich selbstständig machen. Schon mehrfach hatten sie das besprochen. Genau genommen jedes Mal, wenn Titus nervte. Dann begann eine von ihnen ihr Mittagsgespräch stets mit dem Satz: » Stell dir vor, wir müssten nicht mehr diesen kommerziellen Schrott machen… « , um dann mit einem sehnsüchtigen Seufzen abzubrechen.
    Bevor Eva etwas Besseres einfiel, trat Titus Frenz in ihr Büro, von den Budapester Schuhen über den schwarzen Kaschmirrolli bis hin zu den gegelten Haaren jeder Zentimeter so, wie er sich einen erfolgreichen Agenturbesitzer vorstellte. Eins musste Eva ihm lassen: Seine Selbstvermarktung stimmte.
    Eva trug auch gern Schwarz. Es stand ihr, fand sie, sah gut zu ihrem dunklen Haar und den grünen Augen aus. Alle Farben passten dazu. Auch wenn sie als Kombifarbe am liebsten ebenfalls Schwarz wählte. Schwarz machte schlank, was hüfttechnisch sehr dafür sprach, und man sah kaum Flecken drauf. Außer Zahnpasta. Man sollte sich morgens die Zähne eben besser vor dem Anziehen putzen.
    Â» Na, Eva, mein Girlie, meine hübsche Meistertexterin « , sagte Titus. » Dann zeig doch mal, was du Schönes für mich hast. «
    Man spickte die Rede gern mit Anglizismen, und man duzte sich bei Frenz & Friends. Das gehörte in der Berliner Kreativszene dazu. Egal, wie alt man war. Egal, ob man schon altersweitsichtig war, weil man für Frenz bis nach Mitternacht auf den Monitor starren musste, egal, ob einem die Augen tränten und man Magentarot nicht mehr von Kobaltblau unterscheiden konnte, geschweige denn eine zündende Textidee hatte. Der Name Frenz & Friends war Programm: Man war hier mit allen befreundet, ob man wollte oder nicht.
    Eva wollte nicht. Und sie wusste, dass Nele genauso dachte. Die Freundschaften in der Agentur hatten den Stellenwert von Facebook-Freundschaften. Lustige kleine Häppchen wurden einem hingeworfen, aber wehe, man wollte sich bei einem dieser Freunde Geld leihen!
    Sie und Nele hatten schließlich drei echte Freundinnen und ein wichtiges Projekt an der Hand. Eva brannte darauf, es auf den Weg zu bringen.

3. Kapitel
    Die Blumen des Frühlings sind die Träume des Winters.
    Khalil Gibran
    24. Januar
    Liebe Eva Wedekind,
    mit Interesse habe ich Ihre Anzeige in der Morgenpost gelesen. Ich bin dreiundachtzig Jahre alt, seit zwölf Jahren verwitwet und Finanzbuchhalter im Ruhestand. Gern würde ich mit Ihnen und/oder Ihren Freundinnen meine Dreizimmerwohnung in Berlin-Spandau teilen. Könnten Sie sich vorstellen, mit einem reiferen Herrn zusammenzuleben, der weiß, wonach sich Frauen sehnen? Und sind Sie und/oder Ihre Freundinnen vielleicht Krankenschwester oder Ärztin?
    Ich freue mich auf Sie un d /oder Ihre Freundinnen!
    Herzlichst, Ihr Werner Meier
    9. Februar
    Sehr geehrte Frau Wedekind,
    wir haben genau das Richtige für Sie! Unser aufstrebendes Baukonsortium hat kürzlich einen Plattenbau in Berlin-Marzahn gekauft. Wir planen, einzelne Apartments nach Luxus-Standard zu sanieren und diese dann zu veräußern. Mittelfristig ist vorgesehen, die restlichen Altmieter abzufinden und dieses Immobilienkleinod, verkehrsgünstig und zentral an der sechsspurigen Landsberger Allee gelegen, einer solventen Käuferschicht anzubieten.
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