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Europa, unsere neue Heimat

Europa, unsere neue Heimat

Titel: Europa, unsere neue Heimat
Autoren: Werner Pohl
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Einkommensniveau und damit auch das Vermögen ins ärmere Land. Wenn ich die Schleusen eines Staudammes öffne, fließt das Wasser nicht nach oben, sondern nach unten, auch wenn uns die Politiker unermüdlich das Gegenteil einreden wollen. Wenn der Arbeitsmarkt geöffnet wird, wer wird zu einem geringeren Lohn oder Gehalt arbeiten: der Pole, Slowake, Portugiese oder der Deutsche oder ­Österreicher?
    Die Familie des ärmeren Europäers hat nun ein höheres Einkommen. Die Familie des reicheren Europäers hat dagegen ein geringeres Einkommen, weil der Einkommensträger entweder zu einem konkurrenzfähigeren geringeren Einkommen arbeitet oder arbeitslos wird.
    Vor allem aber zählt, dass der Konzern insgesamt weniger Einkommen an den Arbeitnehmer im Land zahlt. Und wenn ihm dies nicht genügt, siedelt er einfach seine Standorte in ein ärmeres EU-Land um. So oder so kommt es zu einer Vermögensverschiebung aus den reicheren EU-Ländern in die ärmeren.
    Nun werden sicher einige aufschreien: »Warum geht es dann beispielsweise Griechenland, der Slowakei und Portugal so schlecht?«
    Wegen der Umverteilung Punkt 3. Die ärmeren europäischen Länder wurden von der rasanten Entwicklung einfach überrannt. Der europäische Markt war und ist seit der Gründung der EU nicht geschützt. Das wissen wir bereits, weil die Konzerne nicht nur die Grenzen innerhalb Europas nicht wollten, sondern auch die um Europa herum. Einem internationalen oder globalen Konzern ist es egal, ob er in Tschechien oder Indien produziert. Er wird es dort tun, wo es am billigsten ist. Daher konnten die ärmeren europäischen Länder den Vorteil der Umverteilung Punkt 2, also zu ihnen, nie nachhaltig umsetzen. So schnell konnten diese Länder gar nicht schauen, da waren die neuen Standorte wieder weg.
    Ironischerweise gab es dabei einen interessanten Zwischenschritt, nämlich die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in die EU. Die Konzerne waren trotz der gigantischen Märkte auf der Welt sogar so gierig, nicht auf diese kleinen Länder zu verzichten. Nun sind diese ärmsten der armen Länder eben EU-Mitglieder. Es ging ohnehin so schnell und leise vonstatten, dass es kaum einer bemerkt hat, also zu spät, um darüber nachzudenken.
    Aber wer ist der Leidtragende? Der Wohnungs- oder Haus­eigentümer, der sicherheitstechnisch massiv nachrüsten muss. Der Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln oder Besucher von Festen, der ohne Geldbörse nach Hause geht. Die Bankmitarbeiter, die um ihr Leben fürchten müssen. Der Geschäftsmann, dem Autos in die Auslage fahren und damit selbst teuer angeschaffte Sicherheitsfenster unnütz machen. Und irgendwann ist ein jeder von uns dran. Ich habe Angst, wenn Polizisten hinter vorgehaltener Hand erzählen, welche Gewaltbereitschaft diese Männer, aber auch die Frauen aufweisen.
    Ãœbrigens, das Traurige an der Sache mit der Globalisierung ist, dass jene Länder, die scheinbar profitieren, tatsächlich überhaupt keine Vorteile erringen. Denn die Sahne schöpfen wieder nur wenige ab. Die breite Masse in diesen Ländern ist weiter bettelarm. Und wer ist der Nutznießer der Entwicklung? Sie werden es kaum glauben: die Konzerne und die paar Entscheidungsträger, die dahinterstecken. Eine Handvoll wird immer reicher und die Masse immer ärmer.
    Das nennen die europäischen Politiker nun Globalisierung und sagen dazu, dass diese Entwicklung unvermeidlich sei und die Globalisierung eigentlich nur gut für uns Europäer ist. Sie arbeiten ja nur in unserem Interesse. Wer es glaubt, wird selig. Diese Politiker haben dem globalen Kapitalismus Tür und Tor geöffnet.
    Auch hier werden einige aufschreien und sagen: »Was ist denn schlecht am Kapitalismus? Der Markt regelt ja ohnehin alles von alleine. Das ist ein natürlicher Prozess, der mittelfristig zu Wachstum und somit zu mehr Reichtum für alle führt!« Auf diese Diskussion einzugehen wäre sinnlos. Nicht weil ich für oder gegen Kapitalismus bin, sondern weil wir in Europa ohnehin keinen haben.
    Ob man ihn mag oder nicht – Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, hat die aktuelle Entwicklung als monetäre Planwirtschaft bezeichnet, und das war genial.
    Kurz zur Erklärung und mit der Bitte an Gebildete, meine sehr vereinfachte Darstellung zu verzeihen: Es gibt in der Volkswirtschaft neben
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