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Etwas ist faul

Etwas ist faul

Titel: Etwas ist faul
Autoren: Agatha Christie
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selbst. Cowan betete, dass alles sich so weiterentwickeln möge.
    Nach dem Essen begab sich die Gesellschaft ins Theater und begutachtete die Bühnenbilder und die verschiedenen Requisiten. Das Orchester unterstand der Leitung von Mr Samuel Ridge, einem der berühmtesten Dirigenten Englands. Alles schien ohne die geringsten Schwierigkeiten abzulaufen. Und merkwürdig genug, dieser Umstand beunruhigte Cowan. Er fühlte sich mehr zuhause in einer Atmosphäre der Nervosität; dieser ungewöhnliche Friede störte ihn.
    »Alles geht um eine Spur zu glatt«, murmelte er zu sich selbst. »Madame ist wie eine Katze, die man mit Schlagsahne gefüttert hat. Es ist zu schön, um so weitergehen zu können. Es muss noch etwas geschehen.«
    Vielleicht hatte Mr Cowan als Ergebnis seines lange währenden Kontaktes mit der Opernwelt einen sechsten Sinn entwickelt; gewiss waren seine Befürchtungen gerechtfertigt. Es war gerade kurz vor sieben Uhr an diesem Abend, als das französische Mädchen, Elise, in größter Verwirrung zu ihm hereinstürzte.
    »Ach, Mr Cowan, kommen Sie, schnell, bitte, bitte, kommen Sie schnell.«
    »Was ist denn passiert?«, fragte Cowan neugierig. »Madame passt wohl etwas nicht, wie? Krach, nicht wahr?«
    »Nein, nein, es ist nicht Madame; es ist Signor Roscari. Er ist krank, er stirbt!«
    »Stirbt? Kommen Sie!«
    Cowan rannte hinter ihr her, als sie ihn zum Schlafzimmer des unglücklichen Italieners führte. Der kleine Mann lag auf dem Bett, vielmehr krümmte er sich darauf, in Zuckungen, die komisch gewirkt hätten, wäre der Fall nicht so ernst gewesen. Paula Nazorkoff stand über ihn gebeugt; sie grüßte Cowan gebieterisch.
    »Aha, da sind Sie ja. Unser armer Roscari, er leidet entsetzlich. Zweifellos hat er etwas Verkehrtes gegessen.«
    »Ich sterbe«, stöhnte der kleine Mann. »Diese Schmerzen, es ist schrecklich. Au, oh!«
    Er wand sich wieder, presste beide Hände gegen seinen Magen und rollte sich auf dem Bett herum.
    »Wir müssen einen Arzt holen«, sagte Cowan.
    Paula hielt ihn zurück, als er gerade zur Tür gehen wollte. »Der Arzt ist schon unterwegs. Er wird alles tun, was möglich ist, um dem armen Leidenden hier zu helfen. Dafür ist schon gesorgt. Aber Roscari wird keinesfalls heute Abend singen können.«
    »Ich werde nie mehr singen, ich sterbe«, stöhnte der Italiener.
    »Nein, nein, Sie sterben nicht«, sagte Paula. »Sie haben sich nur den Magen verdorben, aber das bleibt sich gleich, Sie können unmöglich heute singen.«
    »Ich bin vergiftet worden.«
    »Ja, es ist zweifellos Ptomaine«, sagte Paula. »Elise, bleiben Sie bei ihm, bis der Arzt kommt.«
    Die Sängerin winkte Cowan, ihr aus dem Zimmer zu folgen.
    »Was wollen wir tun?«, fragte sie.
    Cowan schüttelte hoffnungslos den Kopf. Es war schon zu spät, um aus London einen Ersatz für Roscari zu beschaffen. Lady Rustonbury, die man gerade von der Krankheit ihres Gastes in Kenntnis gesetzt hatte, stürzte durch den Korridor auf die beiden zu. Ihre Hauptsorge – wie die Paula Nazorkoffs – war das Gelingen der Aufführung von »Tosca«.
    »Wenn doch nur jemand hier in der Nähe wohnte«, stöhnte die Primadonna.
    »Ah!« Lady Rustonbury stieß einen Freudenschrei aus. »Natürlich! Bréon.«
    »Bréon?«
    »Ja, Edouard Bréon, Sie wissen doch, der berühmte französische Bariton. Er wohnt hier in der Nähe. Diese Woche war in der Zeitschrift ›Country Homes‹ sein Haus abgebildet. Das ist unser Mann.«
    »Welch eine Himmelsantwort!«, schrie die Nazorkoff. »Bréon als Scarpia, ich erinnere mich, das war eine seiner größten Partien. Aber er hat sich von der Bühne zurückgezogen, nicht wahr?«
    »Ich bringe ihn schon hierher«, sagte Lady Rustonbury. »Überlassen Sie das nur mir.«
    Und da sie eine Frau von schnellen Entschlüssen war, ließ sie sofort den Hispano Suiza vorfahren. Zehn Minuten später wurde Edouard Bréons Landsitz von einer aufgeregten Gräfin heimgesucht. Wenn Lady Rustonbury einmal einen Entschluss gefasst hatte, führte sie ihn auch durch, und zweifellos erkannte Monsieur Bréon, dass es für ihn nur die Möglichkeit gab, sich zu fügen. Es muss allerdings auch noch bemerkt werden, dass er eine Schwäche für Gräfinnen hatte. Er stammte aus kleinen Verhältnissen, hatte sich in seinem Beruf an die Spitze hinaufgearbeitet und hatte dann mit Herzögen und Prinzen verkehrt. Diese Tatsache hatte niemals die befriedigende Wirkung auf ihn verloren. Seitdem er sich jedoch an diesen abgeschiedenen Ort
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