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Etwas ist faul

Etwas ist faul

Titel: Etwas ist faul
Autoren: Agatha Christie
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darauf zu und hob den Deckel.
    »Ein Erard«, sagte sie. »Das ist schon besser. Wir wollen mal sehen.«
    Die herrliche Sopranstimme erstrahlte in einem Arpeggio, lief dann leicht die Skala hinauf und herunter, zweimal, schwang sich dann weich zu einem hohen Ton auf, hielt ihn, er schwoll an, wurde lauter und lauter, dann wieder leiser und weicher und verhauchte in Nichts.
    »Ah!«, sagte Paula Nazorkoff voll naiver Befriedigung. »Was habe ich doch für eine schöne Stimme! Sogar in London habe ich eine wunderschöne Stimme.«
    »Das ist wirklich so«, beglückwünschte sie Cowan in ehrlicher Bewunderung. »Ich brauche gar keine Wette einzugehen, dass London Ihnen ebenso zu Füßen liegen wird wie New York.«
    »Glauben Sie?«, fragte die Sängerin.
    Der Anflug eines Lächelns umspielte ihre Lippen, und es war klar, dass diese Frage für sie gar keine Frage war.
    »Das ist eine sichere Sache«, sagte Cowan.
    Paula Nazorkoff schloss den Deckel und schritt auf den Tisch zu mit diesem langsamen, wogenden Gang, der auf der Bühne so wirkungsvoll ist.
    »Gut, gut«, sagte sie, »wir wollen zum Geschäftlichen kommen. Haben Sie die Arrangements bei sich, mein Freund?«
    Cowan nahm einige Blätter aus der Aktenmappe, die er auf einen Stuhl gelegt hatte.
    »Es hat sich nicht viel verändert«, bemerkte er. »Sie werden fünfmal im Covent Garden singen, und zwar dreimal die Tosca, zweimal die Aida.«
    »Aida! Pah«, sagte die Primadonna. »Es wird mich umbringen vor Langeweile. Tosca ist etwas anderes.«
    »Aber ja«, sagte Cowan. »Tosca ist Ihr Part.«
    Paula Nazorkoff drehte sich um.
    »Ich bin die größte Tosca der Welt«, sagte sie einfach.
    »So ist es«, sagte Cowan. »Das macht Ihnen niemand nach.«
    »Ich vermute, Roscari wird den Scarpia singen?«
    Cowan nickte. »Und Emile de Lippi.«
    »Was?«, schrie die Nazorkoff. »Lippi, dieser hässliche, kleine quakende Frosch, quak – quak – quak. Ich werde nicht mit ihm singen, ich werde ihn beißen, ich werde ihm das Gesicht zerkratzen.«
    »Nun, nun«, sagte Cowan beschwichtigend.
    »Er singt nicht, sage ich euch, er bellt wie ein Straßenköter.«
    »Ja, ja, schon gut, wir werden sehen«, sagte Cowan.
    Er war zu klug, um mit temperamentvollen Sängerinnen zu streiten.
    »Und wer singt den Cavaradossi?«, fragte die Nazorkoff.
    »Der amerikanische Tenor Hensdale.«
    Sie nickte. »Das ist ein netter kleiner Junge, er singt recht hübsch.«
    »Und einmal singt ihn Barrère, glaube ich.«
    »Das ist ein Künstler«, sagte Madame großzügig. »Aber dass dieser quakende Frosch Lippi der Scarpia sein soll! Pah, ich werde nicht mit ihm singen.«
    »Überlassen Sie das ruhig mir«, sagte Cowan besänftigend.
    Er räusperte sich und nahm einen neuen Stoß Papiere auf.
    »Und dann arrangiere ich gerade ein Sonderkonzert in der Albert Hall.«
    Die Nazorkoff schnitt eine Grimasse.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte Cowan. »Aber das macht jeder.«
    »Ich werde gut sein«, sagte die Nazorkoff, »und es wird voll sein bis unters Dach, und ich werde viel Geld verdienen. Ecco!«
    Wieder kramte Cowan in Papieren.
    »Dann ist hier noch ein ganz anderes Angebot«, sagte er. »Und zwar möchte Lady Rustonbury, dass Sie bei ihr singen.«
    »Rustonbury?«
    Die Augenbrauen der Primadonna zogen sich zusammen, so als ob sie mit Anstrengung etwas in ihrem Gedächtnis suchte.
    »Ich habe kürzlich diesen Namen gelesen, erst ganz kürzlich. Das ist eine Stadt – oder ein Dorf, nicht wahr?«
    »Ja, das ist richtig, ein hübscher, kleiner Ort in Hertfordshire. Und was den Besitz von Lord Rustonbury angeht, das Rustonbury-Castle, das ist ein richtiger Feudalbesitz, mit Geistern und Ahnengalerie und Geheimtreppen und einem erstklassigen Privattheater. Sie schwimmen in Geld und geben immer irgendwelche Privatveranstaltungen. Sie schlug vor, wir sollten eine ganze Oper aufführen, am liebsten wäre ihr Butterfly.«
    »Butterfly?«
    Cowan nickte.
    »Und sie können bezahlen. Wir müssen natürlich das Angebot von Covent Garden annehmen, aber sogar danach wird sich Ihr Auftritt dort allein finanziell lohnen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird auch eine Königliche Hoheit anwesend sein. Es wird eine Bombenreklame für Sie.«
    Madame hob ihr immer noch schönes Kinn.
    »Brauche ich Reklame?«, fragte sie stolz.
    »Von einer guten Sache kriegt man nie genug«, sagte Cowan.
    »Rustonbury«, murmelte die Sängerin. »Wo habe ich das doch gelesen…«
    Plötzlich sprang sie auf, lief auf den Tisch zu und
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