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Etwas ist faul

Etwas ist faul

Titel: Etwas ist faul
Autoren: Agatha Christie
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echten Heiratsantrag gehandelt. Außerdem weißt du ganz genau, dass du mich gern heiraten willst.«
    »Das tu ich nicht.«
    »Auch nicht nach neuneinhalb Fehlschlägen? Stell dir vor, was für ein Gefühl der Sicherheit es dir geben wird, mit einem Mann durchs Leben zu gehen, der dich aus jeder kritischen Situation heraushauen kann.«
    Bei diesem schlagenden Argument schien Marys Widerstand leicht ins Wanken zu geraten. Aber sie sagte fest: »Ich würde nie einen Mann heiraten, wenn er nicht vorher vor mir auf die Knie fällt.«
    George sah sie an. Sie war bezaubernd. Aber George besaß außer dem Fußtritt auch andere Eigenschaften eines Maulesels. Er erklärte mit der gleichen Festigkeit: »Vor einer Frau auf die Knie zu fallen, ist blamabel. Das tue ich nicht.«
    »Wie schade«, erwiderte Mary in berückend sehnsüchtigem Ton.
    Sie fuhren nach London zurück. George war ernst und schweigsam. Mary hielt das Gesicht hinter der Krempe ihres Hutes verborgen. Als sie Hyde Park Corner passierten, sagte sie leise: »Könntest du nicht doch vor mir niederknien?«
    »Nein«, antwortete George fest. Er fand, er benahm sich außerordentlich männlich. Bestimmt war sie von seiner Haltung beeindruckt. Aber bedauerlicherweise hegte er den stillen Verdacht, dass auch ihr gewisse mauleselhafte Charakterzüge zu eigen waren. Er hielt plötzlich an.
    »Einen Moment«, sagte er.
    Er sprang aus dem Wagen, lief ein paar Schritte zurück bis zu dem Obststand, an dem sie soeben vorbeigefahren waren, und war so schnell wieder zurück, dass der Polizist, der aus einiger Entfernung auf sie zumarschierte, um sich nach dem Zweck ihres Manövers zu erkundigen, ihn nicht mehr einholen konnte. Während George losfuhr, warf er Mary nonchalant einen Apfel in den Schoß. »Iss mehr Obst«, sagte er. »Auch symbolisch.«
    »Symbolisch?«
    »Ja. Ursprünglich war es Eva, die dem Adam einen Apfel gab. Heutzutage gibt Adam der Eva einen. Verstehst du?«
    »Ja«, sagte Mary zweifelnd.
    »Wohin soll ich dich fahren?«, fragte George förmlich.
    »Nachhause, bitte.«
    Mit unbewegter Miene fuhr er weiter zum Grosvenor Square. Dort stieg er aus und ging um den Wagen herum, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Mary unternahm einen letzten Versuch.
    »Liebster George, könntest du nicht doch?«, sagte sie flehentlich. »Mir zuliebe?«
    »Niemals«, erwiderte George.
    Und in diesem Augenblick passierte es. Er rutschte aus, versuchte sein Gleichgewicht wiederzuerlangen, aber vergeblich. Er fiel vor Mary im Straßenstaub auf die Knie. Sie stieß einen Freudenschrei aus und klatschte in die Hände.
    »Liebster George! Jetzt werde ich dich heiraten. Du kannst auf der Stelle zum Lambeth Palace fahren und mit dem Erzbischof von Canterbury alles arrangieren.«
    »Das wollte ich nicht«, protestierte George hitzig. »Es war eine gottv – äh, eine Bananenschale.« Er hielt den schuldigen Gegenstand vorwurfsvoll in die Höhe.
    »Ganz egal«, sagte Mary. »Es ist passiert. Wenn wir mal streiten und du mir vorwirfst, ich hätte dir einen Heiratsantrag gemacht, dann kann ich immer sagen, du hättest vor mir auf die Knie fallen müssen, ehe ich dich geheiratet habe. Und alles wegen dieser gottgesegneten Bananenschale! Gottgesegnete Bananenschale, das hast du doch eben sagen wollen, nicht wahr?«
    »So ungefähr«, bestätigte George.
     
    Am selben Nachmittag um halb sechs erhielt Mr Leadbetter die Nachricht, dass sein Neffe gekommen sei und ihn zu sprechen wünsche.
    »Aha, er will zu Kreuze kriechen«, sagte Mr Leadbetter zu sich. »Ich fürchte, ich war etwas streng mit dem Jungen, aber es geschah schließlich nur zu seinem Besten.«
    Und er gab Anweisung, George zu ihm zu führen.
    George trat munter ins Zimmer.
    »Ich möchte dir etwas sagen, Onkel«, begann er. »Du hast mir heute Morgen bitter Unrecht getan. Ich wüsste gern, ob du in meinem Alter in der Lage gewesen wärst, verstoßen von deinen Verwandten auf der Straße zu stehen und in der Zeit zwischen elf Uhr fünfzehn und siebzehn Uhr dreißig dir ein Einkommen von zwanzigtausend Pfund im Jahr zu ergattern. Genau das nämlich habe ich getan!«
    »Du bist verrückt, mein Junge.«
    »Nicht verrückt, erfindungsreich! Ich werde eine junge, reiche, schöne Dame der Gesellschaft heiraten. Eine, die obendrein auch noch um meinetwillen einem Herzog den Laufpass gibt.«
    »Eine Frau wegen ihres Geldes heiraten? Das hätte ich nicht von dir gedacht.«
    »Und du hättest Recht gehabt. Ich hätte nie gewagt, sie um ihre
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