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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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er sein Können beim Heraufbeschwören von Feuerirrwischen bewiesen hatte. Ein einziges böses Wort, und man mußte mit Funken an den
    schmerzempfindlichsten Stellen rechnen.
    »Na, dann hör endlich auf herumzuzappeln wie ein aufgespießter Frosch, du Blödmann von einem Rattenklopper, sonst verwandle ich dich noch in einen solchen.«
    »Mit welchem Zauberbuch willst du das denn machen, Tubby?«
    wollte Yro Froschschnapper wissen. Er gehörte zu den älteren Studenten, die, genau wie ich, in unmittelbarer Gefahr geschwebt hatten, den Kursus in Hochzauberei von Meister Thengor nicht zu bestehen - bis zu jenem schicksalsträchtigen Tag, da er sein besonderes Talent entdeckt hatte, seine Feinde mit einem Fingerschnippen in Kröten zu verwandeln. Das war kein besonderes Talent, und es war sein einziges, deshalb war Yro in dieser Hinsicht auch ziemlich eifersüchtig. Jetzt brachte er Daumen, Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand in Bereitschaftsstellung, schürzte die Lippen, während er Poldi ansah, und fragte: »Willst du auf dein Glück vertrauen?« 
    »Wenn du das versuchst, mache ich dich zur Brühwurst?« bellte Flammensenger.
    »Hmmm, gekochte Froschschenkel esse ich am liebsten«, schoß Yro zurück.
    »Versuch doch mal zu schnippen, nachdem ich dir die Finger abgesengt habe.«
    »Versuch du doch mal zu zaubern, wenn du klein, grün und zerquetscht an meinem Stiefel klebst.«
    »Du trägst doch gar keine …«
    Keiner von beiden vernahm das warnende Grollen, aber dafür tat ich es. Seit meine Familie mich mit ihrem Geld in die Akademie für Hochzauberei des Meisters Thengor eingekauft hatte, hatte ich meine Haut mindestens einmal am Tag allein dadurch gerettet, daß ich die Augen offen und die Ohren gespitzt hielt, um rechtzeitig etwaige Gefahren auszumachen - und davon, das könnt ihr mir glauben, gab es an der Akademie mehr als genug! - und dann möglichst schnell in die entgegengesetzte Richtung davonzurasen. In Meister Thengors Gemach konnte man zwar nirgendwo hinlaufen, dafür gab es aber ausreichend Verstecke. Ich erspähte einen Diwan mit silbernen Beinen, der an der nächstgelegenen Wand stand, und sprang in seine dichtgepolsterte Deckung, als auch schon ein ohrenbetäubendes Krach die feierliche Stille des Sterbezimmers erschütterte.
    Als ich schließlich wieder hervorzuspähen wagte, sah ich, daß dort, wo eben noch Poldi Flammensenger gestanden hatte, nun nur noch ein langsam auskühlender Aschehaufen zu erkennen war. Ich war mir zwar nicht ganz sicher, hätte aber doch einiges darauf gewettet, daß der tote Frosch, der oben auf der Asche lag, einmal Yro gewesen sein mußte.
    Irgendwo hoch oben in der Mitte des Kuppelzimmers schnaufte die knarzige, rauhe Stimme eines unendlich alten Mannes vor Lachen, um schließlich zu krächzen: »Ich mag zwar im Sterben liegen, aber ich hab’s noch voll drauf!«
    Langsam kroch ich wieder unter dem Diwan hervor. Das war zwar die sicherste Stelle im ganzen Raum, aber ausnahmsweise gewann meine Neugier mal die Übermacht.

    Das würde meine erste und letzte Gelegenheit sein, mich einmal richtig ordentlich in den Privatgemächern des größten Hexers umzublicken, den die Welt Orbix je gesehen hatte. Außerdem war dies wahrscheinlich mein allerletzter Tag an der Akademie für Hochzauberei, und ich war der Auffassung, daß ich, wenn mich Meister Thengor schon wohlverdienterweise unehrenhaft entließ, Mutter wenigstens irgend etwas mitbringen sollte, und sei es nur eine Beschreibung, wie die Meister der Magie ihre Zimmer einzurichten pflegten.
    Als Folge des kleinen Zwischenfalls mit Poldi und Yro gab es nun jede Menge freien Platz, um mich umzublicken und mir ungehindert alles anzuschauen. Die anderen Studenten machten aus irgendeinem unerfindlichen Grund einen großen Bogen um diesen Fleck, obwohl doch jedermann weiß, daß der Blitz nie zweimal an derselben Stelle einschlägt.
    Nicht einmal der Blitz eines Hexers. Und so setzte ich eine Miene tiefster Trauer auf, während ich die Freiheit auskostete, mir alles anzuschauen, was mein Herz begehrte.
    Es war wirklich ein sehr beeindruckendes Gemach. Es hatte die Form eines riesigen Kreises. Auch wenn sich die gesamte Studentenschaft der Akademie ziemlich dicht auf dem mit dicken Teppichen bedeckten Boden drängte, gab es im Schlafgemach des Hexers doch tatsächlich mehr als genug Raum. Das Problem war nur, daß dieser sich überwiegend in die Senkrechte erstreckte.
    Meister Thengor liebte seine Bequemlichkeit, und
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