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Essen statt stressen

Essen statt stressen

Titel: Essen statt stressen
Autoren: Martin Kunz
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beruflichen Beförderung – zwei zusätzliche Stressoren im Leben von Olivia M.
Die Herpesinfektionen waren die Folge des geschwächten Immunsystems.
Kompensieren konnte sie die Extrabelastungen im Leben nur mit extra vielen leckeren Trostpflastern: gutes, geselliges Essen am Abend mit einem feinen Rotwein dazu. Das ließ ihr Gewicht allmählich, innerhalb eines halben Jahres, ansteigen.
    Erst die Überwindung der Trennung und die Gewöhnung an den neuen Job (Routine) halfen ihr, die Stressoren zu beherrschen. Ihr Gewicht pendelte sich nach einem Anti-Stress-Coaching irgendwo bei 65 Kilogramm ein – wie bei den meisten Menschen steigt es leicht von Jahr zu Jahr! »Aber Herpes und Zahnschmerzen«, so erzählte Olivia M., »habe ich schon lange nicht mehr gehabt.« Dies sind die besten Indikatoren für eine erfolgreiche Stressbewältigung.
    Stress ist nicht gleich Stress
    Was als Belastung empfunden wird, ist jedoch höchst unterschiedlich – von Person zu Person und von Zeit zu Zeit. Stressreaktionen sind von der eigenen Sichtweise und Wahrnehmung, aber auch von der Umwelt und den uns umgebenden Personen
stark abhängig. Wo wir sind, wie wir uns fühlen und wer um uns ist entscheidet, was wir als stressig oder nervig empfinden. Experten sprechen hier von der kognitiven Bewertung des Stressfaktors. Der Schrei eines Babys ist dann stressig, wenn gerade vorher die Milch übergekocht ist und die Oma ruft: »Wann seid ihr denn nun endlich fertig für den Spaziergang?«
    Bei der kognitiven Bewertung eines Stressors laufen drei Prozesse ab, die jeweils unterschiedliche Funktionen haben:

    1. Die Primärbewertung kommt aus der Auseinandersetzung mit der Umwelt. Der stressige Umweltreiz wird wahrgenommen und hinsichtlich seiner Folgen für das Wohlergehen und seine potenzielle Gefährlichkeit beurteilt. In unserem Beispiel: Ist das ein Angstschrei des Kindes? Nein, es hat einfach nur Hunger, also halb so schlimm!

    2. In der Sekundärbewertung werden die momentanen persönlichen Ressourcen und Auseinandersetzungsmöglichkeiten mit der Stresssituation eingeschätzt. Wir überlegen, welche Lösungen es für das Problem geben könnte, wir suchen nach einer Bewältigungsstrategie und wägen ab, ob wir die Sache in den Griff kriegen oder nicht. Psychologen nennen diesen Selbstregulierungsmechanismus »Coping«. Theoretisch haben wir ja viele Möglichkeiten, dem Stress auszuweichen oder ihn zu beenden, dabei ähnelt unser Verhalten dem unserer Vorfahren oder auch dem Verhalten wilder Tiere: Angriff oder Flucht, dominante Handlungsführung, unterwürfiges Kuschen, Kompromisse finden oder die wahre Situation verleugnen. Das eröffnet also verschiedenste Handlungsoptionen, beispielsweise: »Das war gar kein Schrei, was soll ich mich also aufregen« oder: »Ich nehme
mein Kind in den Arm, das braucht mich jetzt, dann hört es bestimmt auf zu schreien« oder: »Erst mal den iPod einstöpseln und das Kind weiter schreien lassen«.

    3. Über Erfolgs- oder Misserfolgsfeedback lernt der Betroffene mit der Zeit verschiedene Bewältigungsstrategien kennen und kann diese selektiv einsetzen. Nur manches bewährt sich eben. War es in diesem Fall sinnvoll, dass Sie sich vom Babyschrei nicht irritieren ließen? Oder haben Sie es wegen der nervigen Oma und der übergekochten Milch in Gefahr gebracht? Als intelligentes Wesen wägen Sie alle diese Erfahrungen zur Stressbewältigung ab. Anschließend kommt es zu einer Neubewertung des Stressors »Babyschrei«. Künftig werden Sie also noch besser damit umgehen können.

    Meistens laufen diese drei Schritte unglaublich schnell und scheinbar unbewusst ab. Aber da wir nun wissen, was passiert, können wir auch eingreifen und die Wirkung von Stressoren in vollem Bewusstsein beeinflussen – wir sind dem Geschehen nicht mehr hilflos ausgeliefert! Wichtig ist, dass wir eine Position »über den Dingen« einnehmen. Wir sind nicht länger passiv dem Geschehen ausgesetzt, sondern beobachten, was um uns, mit uns geschieht und sind immer in der Lage, kühl und vernünftig zu reagieren. Dazu sehen wir von oben auf die Gemengelage: Was ist hier los? Wer will was warum? (Siehe auch Übung auf Seite 55.)

    Den Feind einkreisen: Was löst Stress aus?
    »Es gibt zwei Arten von Stress: Einen, wenn du Arbeit hast, und einen, wenn du keine hast.«
    Der Sänger Enrique Iglesias in einer »Wetten, dass …?«-Sendung

    Es sind manchmal spontane, gravierende Ereignisse im Leben, die uns aus der gewohnten Bahn werfen oder
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