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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben
Autoren: Georg Haderer
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dass die Personen, die Sie für diese Spielchen benutzt haben, unter Drogen standen?“
    „Doch schon … aber wir waren ja selbst oft … mir war ja nicht klar, inwieweit …“
    „Aber Sie haben das doch alles auf Film, oder?“
    „Ich weiß nicht genau.“ Sie schluckte.
    „Gerade jetzt durchsuchen meine Kollegen hier und in Deutschland Ihre und Brandts Wohnung, Ihre Arbeitsplätze, alle Computer, USB -Sticks, DVD s … Meiner Erfahrung nach behalten Täter wie Sie beide solche Souvenirs in ihrer Nähe auf und vergraben sie nicht irgendwo in der Lüneburger Heide, habe ich recht?“
    „Ich glaube, dass ich jetzt mein Recht zu schweigen beanspruche …“
    „Ich glaube, wir wissen beide, dass das nicht zu Ihrem Vorteil sein wird.“ Schäfer hielt ihr die Zigarettenschachtel hin. Wenn es ihr jetzt gelang, sich auf ihr professionelles Wissen zu konzentrieren, würde sie die Vernehmung abbrechen. Beim nächsten Termin einen Anwalt dabeihaben, der die Hauptschuld auf Brandt schöbe. Starke emotionale Abhängigkeit, sexuelle Hörigkeit, möglicherweise Verabreichung von Suchtgiften ohne ihr Wissen, Angst, dass er die Filme gegen sie verwenden würde, wenn sie ihn verließe – und das waren nur die Punkte, die Schäfer auf die Schnelle einfielen; mit einem guten Anwalt käme sie womöglich sogar mit einer bedingten Strafe davon.
    „Erik ist tot, drei Familien zerstört, Ihr Bruder wollte sich das Leben nehmen“, Schäfer schenkte ihr Tee nach, „als Anwältin haben Sie so oder so keine Zukunft … an diesem Punkt wäre es doch das Beste, mit sich selbst ins Reine zu kommen …“
    „Wie soll das gehen …“
    „Na ja, zum Beispiel … vor ein paar Wochen hat mich ein Mann besucht, der mir fast zwanzig Jahre Haft verdankt … danach hat er den Hof seiner Eltern übernommen, jetzt baut er Unmengen an Heilkräutern und was weiß ich noch an und verkauft das Zeug in ganz Österreich … er hat viel Unrecht begangen, er hat dafür bezahlt, er hat einen Neustart geschafft, mit vierundfünfzig … Sie wollen nicht so weitermachen wie bisher, oder?“
    Laura Graber schüttelte den Kopf.
    „Dann haben Sie hier und jetzt die beste Gelegenheit … wenn Sie ehrlich zu mir und zu sich selbst sind.“
    „Ja …“
    „Also: Wann ist das alles aus dem Ruder gelaufen?“
    Ohne einen bestimmten Zeitpunkt nennen zu können, hatten sie mit sogenannten Probeaufnahmen im Freien begonnen. Anfangs ging es nur darum, zu welchen Dummheiten oder Obszönitäten sich die Mädchen – seltener auch junge Burschen – hinreißen ließen. Dass niemand ihrer … Opfer? sie nach solchen Aktionen angezeigt oder zumindest verraten hatte, konnte Schäfer verstehen. So grenzenlos junge Menschen zeitweise in ihrer Experimentierfreude und ihrem Vertrauen waren, so riesig konnte auch ihr Schamgefühl sein. Dass Brandt und Graber jedoch von Freunden ihrer Versuchskaninchen kontaktiert worden waren, die sich ebenfalls für eine Rolle bewerben wollten, ging Schäfer dann doch nicht ganz auf. Wie auch immer, alles konnte und wollte er nicht verstehen.
    „Dann war plötzlich eine tot“, erzählte Laura Graber, ohne direkt danach gefragt worden zu sein. „Erik hatte einen Dreh in der Nähe von Rosenheim … Ich bin am Abend von Salzburg zu ihm gefahren, da war das Mädchen schon auf seinem Zimmer … In der Nacht sind wir zu dritt in der Gegend herumgefahren … Wir hatten alle was genommen … Sie wollte uns ein altes Zementwerk zeigen, das ihrer Meinung nach für einen Drehort ideal wäre.“
    „Und weiter?“
    „Sie hat sich bis auf die Unterwäsche ausgezogen und ist über ein altes Förderband hinaufgeklettert … von oben hat sie uns zugerufen, dann ist sie gefallen.“
    „Gerlinde Klampfer?“, las Schäfer aus den Dokumenten, die er Wochen zuvor von Inspektor Schreyer bekommen hatte. Hätte er …? Wäre dann …? Nein, Konjunktive hatten in diesem Raum keinen Platz.
    „Ja, Gerlinde hat sie geheißen …“
    „Ihr habt sie einfach liegen lassen.“
    „Wir … Als sie heruntergestürzt ist, haben wir noch gelacht … Erik ist mit der Kamera zu ihr hin, hat was gesagt wie: Cooler Stunt! , aber sie war wirklich tot …“
    „Verstehe.“ Schäfer brauchte eine Pause.
    Angeblich hatte Laura Graber ihren Komplizen Erik Brandt nach diesem Vorfall mehrere Male zu überreden versucht, mit diesen Spielen aufzuhören. Versucht? Geschenkt. Warum nicht mit einer Anzeige gedroht, wenn schon nicht den Mut aufgebracht, zur Polizei zu gehen? Zu
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