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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben
Autoren: Georg Haderer
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sie vor die Kamera bringt … gibt ihnen Drogen … Kameras und Computer dürften für ihn auch kein Problem sein, oder?“
    „Nein, sicher nicht … aber warum?“
    „Wenn Simon Graber ins Gefängnis geht oder stirbt: Wer ist die Alleinerbin?“
    „Seine Adoptivschwester … o Mann … jetzt ist der Moment, wo ich meine Tasse fallen lassen sollte, oder?“
    „Jetzt ist der Moment, auf den Sie schon die ganze Zeit warten“, Schäfer sprang auf und schnallte die Waffe um, „wo sind Ihre Kollegen jetzt?“
    „Bei dieser alten Textilfabrik …“
    „Kenne ich nicht.“
    „Ungefähr zwanzig Kilometer von hier.“
    „Los, los, Meister, jetzt spielt’s Granada!“

47.
    „Sie müssen nicht so rasen“, meinte Sanders ängstlich und klammerte sich an den Haltegriff an der Autotür. „Der hat sowieso keine Ahnung, dass wir kommen.“
    „Ich will aber!“, erwiderte Schäfer, der in seinem ganzen Leben noch nie so schnell gefahren war, „dass ich da nicht draufgekommen bin … Sie haben es ja selbst gesagt: Wir übersehen etwas, das vor unseren Augen ist …“
    „Habe ich?“
    „Ja, am Friedhof, wo ich Ihnen den Stein an den Kopf geworfen habe, da stand der Brandt genau vor uns … und die Nummern von den Wertkartenhandys, da war eine aus Deutschland … die Bilder und Videos von den Mädchen: Ich habe geglaubt, das machen die eben so in diesem Alter … da hätten Sie aber auch draufkommen können!“
    „Das ist nicht fair“, erwiderte Sanders, „erstens haben Sie mir nicht volle Akteneinsicht gegeben und zweitens weiß ich ja bei meinen Büchern immer am Anfang schon, wer der Täter ist …“
    „Und ich frage mich die ganze Zeit, wer so etwas inszenieren kann …“
    „Das Profil hat schon gestimmt: männlich, weiß, zwanzig bis fünfunddreißig, kein Einheimischer …“
    „Ja, und an die Komplizin habe ich auch gedacht! … Diese verhurte Laura Graber, spielt mir was vor, dass sie sich Sorgen um ihren Bruder macht, tischt mir irgendwelche Märchen aus ihrer Kindheit auf, die ich nicht einmal überprüft habe … diese Weiber, wo man die schwarzen BH-Spitzen sieht … das hätte mich schon misstrauisch machen sollen!“
    „Welche BH-Spitzen denn?“
    „Und dass Yvonne Raab wahrscheinlich lesbisch war, hätte sich auch irgendwer zusammenreimen können!“
    „Wieso lesbisch?“
    „Der Streit mit ihren besten Freundinnen, der Rückzug, die Aussage von ihrem Ex, diesem Antinori, dass sie ihn nur als Alibi benutzt hat …“
    „Ja und?“
    „Was ist in ihrem Notizbuch gestanden?“
    „ SIB L!“, murmelte Sanders, „Schmetterlinge im Bauch. Wegen Laura!“
    „Ist anzunehmen … aber warum der Graber dann abhaut … und wo die Nadja Windreiter hin ist, kapier ich auch nicht …“
    „Das ist allerdings sehr seltsam“, gab Sanders vor, Schäfers Gedankengängen folgen zu können.
    „Und wenn Graber stirbt, bin ich schuld daran!“
    „Da vorne ist es“, Sanders deutete auf eine heruntergekommene Fabrik. Allem Anschein nach ein Bau aus der Zwischenkriegszeit, der in den Siebzigern auf brachiale Art erweitert und modernisiert worden war. Das alte, vierstöckige Hauptgebäude geziegelt, an der Vorderfront riesige hölzerne Fensterrahmen, die nur mehr in den beiden obersten Stockwerken Scheiben trugen. An diesen immerhin noch als Industriearchitektur zu bezeichnenden Bau hatte man in den Zeiten des Aufschwungs eine Werkshalle angeschlossen, deren Baumeister sein Handwerk offensichtlich beim Bunkerbau gelernt hatte. Ein etwa vier Meter hoher Betonquader, scheibenlose Stahlfensterrahmen, rostzerfressene Stahltore, an den Wänden Graffitis, davor abgelagerter Sperrmüll, ein Autowrack, ein Wildwuchs an robusten Siedlerpflanzen, die das gesamte Gelände geduldig überwucherten wie ein postapokalyptisches Dornröschenschloss.
    „Wo dreht ihr?“ Schäfer hielt in gut fünfzig Meter Entfernung vom Haupttor an und sprang aus dem Wagen.
    „In der Halle.“ Sanders stolperte hinter Schäfer her, der schnellen Schritts zum geöffneten Rollpanzer ging, vor dem die Kleinlaster der Filmfirma standen. „Sollten wir nicht auf Ihre Kollegen warten?“
    „Die sind jeden Moment hier.“
    „Aber womöglich ist er gefährlich …“
    „Ganz bestimmt, für kleine Mädchen.“ Schäfer betrat die Halle, aus der ihm ein wüster Gestank entgegenschlug: Urin, Fäulnis, Taubenkot, verkocht mit anderen Schweinereien aus des Teufels Küche. „Sie bleiben hinter mir.“
    „Das müssen Sie mir nicht zweimal sagen“,
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