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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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angel told me so …“
    „Wenn Sie irgendwer fragt, was letzte Nacht los war, sagen Sie, dass Sie sich an nichts erinnern können, klar?“
    „Wo wollen Sie denn jetzt hin?“, rief Sanders dem aus dem Zimmer rennenden Schäfer nach.

45.
    Auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus sah Schäfer einen älteren Mann, den er flüchtig kannte, in dessen Wagen steigen. Er lief hin, klopfte an die Seitenscheibe und teilte ihm mit, dass er sein Fahrzeug für einen polizeilichen Notfall brauchte.
    „Selbstverständlich!“ Der Mann stieg aus dem Auto, trat zur Seite und rief dem davonrasenden Schäfer hinterher: „Viel Glück, Herr Major!“
    Zehn Minuten später stellte Schäfer den Wagen in einer Ausweiche ab und lief in den Wald. Während der halsbrecherischen Fahrt hatte er versucht, Kovacs zu erreichen, doch die hob nicht ab. Dann Friedmann, der versprach, die Einsatzkräfte sofort zum angegebenen Ort zu bestellen. Dass sie den so schnell finden würden, glaubte Schäfer allerdings nicht – er hatte ja selbst lange genug gebraucht, bis er auf diesen Teich gestoßen war.
    Also rannte er. Und während er über Wurzeln und Brombeerranken stolperte, zwei Mal der Länge nach hinschlug und sich die Uniform zerriss, fragte er sich, wozu er sich überhaupt so abhetzte. Dass Graber und Materna sich tatsächlich befanden, wohin er rannte, war nicht mehr als eine Vermutung; ein Schuss ins Blaue, weil er keine anderen Farben sah als das friedvolle Wasser des Teichs. I’m going to wash my sins away , hatte Sanders im Krankenhaus gesummt – und genau das brachte Schäfer mit diesem Ort im Wald in Verbindung: eine abgeschiedene Pilgerstätte, an der man seine Lasten und Laster wegspülen und mit sich ins Reine kommen konnte. Graber kannte diesen Ort, wie er Schäfer im Schwimmbad anvertraut hatte.
    Jetzt stand er am Ufer – auf der anderen Seite sah er die beiden nebeneinander bis zur Hüfte im Wasser stehen. Frau Materna winkte ihm lachend zu und bewegte ihren Oberkörper, als wollte sie ihm mitteilen, dass sie sich endlich einmal getraute, schwimmen zu gehen. Ihre linke Hand blieb eng bei Graber, möglicherweise hatte er ihr Handschellen angelegt. Dieser stand reglos da, ausdruckslos, wie Schäfer schien, ungerührt, vielleicht hatte er ein schwaches Lächeln im Gesicht, eine Art Zufriedenheit, doch das konnte auf diese Entfernung täuschen.
    „Ich habe ihn gefunden!“, schrie Frau Materna freudig über den Teich, Schäfer schüttelte nur leicht den Kopf und brachte kein Wort heraus.
    Jetzt hörte er den Hubschrauber, das Knattern der Rotoren zerbrach den grotesken Frieden, in dem sie drei sich trotz aller vergangenen Ereignisse kurzzeitig befunden hatten. Schäfer sah in den Himmel, dann wieder ans andere Ufer, wo Graber die Frau ins Wasser zog, die er für seine Mutter hielt, wo die Frau dem Mann bereitwillig folgte, den sie für ihren Sohn hielt; Schäfer war gelähmt von diesem Bild, machte zwei Schritte vor, stieg in den Teich, sah, wie sich das Wasser um seine Schuhe herum trübte, blieb stehen, sah die Köpfe der beiden verschwinden, sah, wie ein kleiner Fisch die Oberfläche durchsprang und gleich wieder verschwand, sah die Luftblasen aus dem Teich aufsteigen, sah einen Wasserläufer über die Oberfläche eilen, sah den Hubschrauber, sah, wie der Wind der Rotoren Wellen übers Wasser trieb, sah die Seerosen schaukeln, zog sich aus und sprang ins Wasser.
    Der Grund war aufgewühlt, er sah nur Umrisse, griff hinein und bekam einen Arm zu spüren, er tastete sich nach unten, spürte ein dünnes Seil um die Handgelenke der beiden und musste auftauchen. Über ihm seilten sich vier Männer der Spezialabteilung aus dem Hubschrauber ab, Schäfer holte tief Luft und tauchte ab. Er schaffte es, das Seil zu lösen, bekam Graber zu fassen, griff ihm unter die Achseln und riss ihn nach oben. Mit dem reglosen Körper kämpfte er sich in Richtung Ufer, immer wieder entglitt er ihm, gerieten sie beide unter die Wasseroberfläche, als Schäfers Füße Grund fanden, waren seine Kollegen zur Stelle und zogen Graber an Land.
    „Die Materna ist noch drin“, keuchte Schäfer, der sich außerstande sah, einen weiteren Körper zu bergen.
    Während einer der Polizisten ins Wasser lief, begann der andere mit der Reanimation. Schäfer sah eine Weile zu, dann stand er auf und ging ans andere Ufer, um seine Sachen zu holen.

46.
    „Wir haben ihn …“
    „Das ist doch großartig!“, meinte Sanders, zu dem Schäfer vor dem vermuteten

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