Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0150 - Der »Mongole« und wir

0150 - Der »Mongole« und wir

Titel: 0150 - Der »Mongole« und wir
Autoren: Der »Mongole« und wir
Vom Netzwerk:
Wenn ein Mann die halbe Nacht durch New York gelaufen ist, immer die Greenwich Avenue entlang, mit Abstechern in die 14., 13. und die 12. Straße, dann hat er Anspruch auf eine Stärkung. Ich verfügte mich an den nächsten Stand für heiße Würstchen.
    »Ein Paar«, verlangte ich.
    Der Keeper fischte zwei Prachtexemplare aus seinem Kessel, legte ein Sandwich dazu und klatschte den Senf auf das Papptablett.
    »Auch was zu trinken?«, fragte er.
    »Ein Bier.«
    Neben mir mühte sich ein Betrunkener mit einem-Hamburger ab, den er absolut nicht in seinen Mund zu praktizieren wusste.
    »He, Sir«, lallte er, »können… Sie… mir mal helfen.«
    Ich gab keine Antwort. Ich hatte genug von Betrunkenen und anderen Leuten, die ihre Mitmenschen nicht in Ruhe lassen können. Ich war vier Gruppen von randalierenden Halbstarken aus dem Weg gegangen, hatte einen Bogen um drei Dutzend grölende Matrosen gemacht und war gezwungen gewesen, einen Mann mit einem schwarzen, wallenden Bart, der behauptete, ich hätte dem langmähnigen Mädchen an seiner Seite auffordernde Blicke zugeworfen, den Hut über die Ohren zu ziehen.
    Das langte mir für heute Nacht, aber mit solchen Sachen muss man rechnen, wenn man sich in Greenwich Village herumtreibt. Greenwich ist in New York dasselbe, was der Montmartre in Paris ist. Die Künstler und Existenzialisten ziehen die Fremden an, die Fremden ziehen Angehörige fragwürdiger Gewerbe an. Vom nahen Hafen kommen die Matrosen, und so kann ein Wochenendbesuch in Greenwich Village eine aufregende Sache werden, viel zu aufregend für einen G-man, der jeden Nervenkitzel, den er sich wünscht, in seinem Beruf haben kann.
    Ich rückte ein wenig von dem Betrunkenen ab und schob mir das erste Würstchen zwischen die Zähne.
    Als ich vom Sandwich abbiss, tauchte links von mir eine Gestalt an der Theke auf, und dann rechts von mir eine zweite Gestalt. Es ist nicht angenehm, in Greenwich Village nach Mitternacht von zwei Männern in die Mitte genommen zu werden.
    »Guten Abend, G-man«, sagte die Gestalt links von mir. Es klang relativ höflich.
    »Guten Abend, Honey«, antwortete ich, und der Mann grinste erfreut, dass ich seinen Namen noch wusste. Freilich hatte ein freundliches Grinsen bei Honey Sorly wenig zu sagen. Er grinste eigentlich immer, und das hatte ihm auch seinen Spitznamen »Honey«, eingetragen.
    »Mich kennst du wohl nicht mehr?«, fragte der Mann an meiner rechten Seite, der ein gutes Stück breiter und größer war als Honey Sorly. Ich warf ihm einen scharfen Blick zu. Er trug einen Schnurrbart, der mich für einen Augenblick irritierte, denn als ich Shelley Bane vor drei Jahren verhaftete, war er noch bartlos gewesen.
    »Natürlich kenne ich dich noch, Shelley. Bist du schon wieder draußen?«
    »Ich bekam fünf Jahre, aber sie entließen mich vorzeitig auf Bewährung.«
    »Dann ist Honey aber nicht der richtige Umgang für dich«, meinte ich und zeigte mit dem Rest des ersten Würstchens auf den geschmeichelt grinsenden Sorly.
    »Cops, Bullen und G-men sind nicht der richtige Umgang für mich«, brummte Bane, und ich erinnerte mich, dass Shelley Bane schon ein ungewöhnlich humorloser junger Mann gewesen war, als er noch für die Lyer-Gang arbeitete.
    »Sei höflich zu dem G-man«, ermahnte Sorly seinen Freund. »Wir wollen nämlich keinen Ärger mit dir, G-man«, erklärte er mir. »Unser Chef will dich sprechen.«
    »Tony Bellogg?«
    »Ja, er jagte uns los, dich zu suchen. Wir sollen dich sofort zu ihm bringen.«
    »Mein Hotdog darf ich vorher doch noch essen?«
    »Natürlich, natürlich«, versicherte Honey.
    Ich vertilgte das zweite Würstchen, nahm einen kräftigen Schluck Bier, zahlte und zündete mir eine Zigarette an.
    »Fertig«, sagte ich. »Gehen wir.«
    ***
    Tony Belloggs Hauptquartier lag im Haus 624 in der W. 14. Straße, gleich um die Ecke. Offiziell hieß das Hauptquartier First Greenwich Club, und seine Attraktion war eine French Show, wenn auch die Girls dieser Show mit Sicherheit aus der Bowery stammten.
    Auf der Bühne des First Greenwich Club strapazierten sich drei Damen gleichzeitig in bemerkenswerten Verrenkungen. Die Besucher in der gerammelt vollgepferchten Bude johlten und pfiffen. Shelley Bane ging voraus und bahnte uns den Weg. Er tat das auf wirkungsvolle Weise. Sechs oder sieben begeisterte Besucher schob er zur Seite. Zwei Männer warf er mitsamt ihren Stühlen um.
    Ich wurde durch eine Seitentür neben der Bühne in einen schmalen Gang geführt, der vor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher