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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein
Autoren: Ali Lewis
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meinem Zimmer, knallte die Tür zu und riss ein paar Seiten aus Jonnys Rinderlogbuch. Weiß auch nicht, warum. Hinterher tat es mir leid, also hab ich sie wieder eingeklebt. Keiner hat was gemerkt.
    Sissy konnte nicht zurück ins Internat in Alice Springs und musste stattdessen mit Emily und mir ins Schulzimmer auf der Station gehen. Da lernen wir Mathe und schreiben und so Sachen. Das Schulzimmer ist ein alter Schuppen, den Dad hergerichtet hat, als Jonny und Sissy klein waren. Er ist ziemlich einfach, aus Holz mit einem Blechdach, wenn es also regnet, wird es so laut, dass man vom Unterricht nichts mehr hören kann. Geregnet hatte es aber schon ziemlich lange nicht mehr, jedenfalls nicht so richtig. Wenn wirklich Regen fällt, dann füllen sich die Flüsse und treten ein bisschen über die Ufer – aber das war schon Jahre nicht mehr vorgekommen. Wir hatten nicht mal so viel Regen gehabt, dass der Boden nass wurde, nicht so richtig – schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Einen kleinen Schauer hatten wir mal, aber Dad meinte, wenn er ausspuckte, würde das mehr bringen.
    Na egal, jeden Morgen um sieben gingen wir in das Schulzimmer bis um die Mittagszeit, wo es dann so heiß wurde, dass man sich nicht mehr konzentrieren konnte. Aber ins Schulzimmer gingen wir nur, bis wir dreizehn waren. Deshalb würde ich nach Weihnachten auf das Internat kommen, auf das Jonny und Sissy gegangen waren. Ich vermute, deshalb war Sissy so unglücklich darüber, wieder im Schulzimmer zu sein. Sie muss sich irgendwie blöd vorgekommen sein, weil sie mit uns da sitzen musste, obwohl sie ihre eigenen Schulsachen zu erledigen hatte. Jeden Tag, wenn wir vom Haus rübergingen, machte sie ein Gesicht, als hätte ihr jemand eine runtergehauen. Ich redete nicht mit ihr, aber Emily, immer von dem Baby und welchen Namen sie ihm geben würde. Sie waren beide echt blöde.
    Bobbie war schon über ein Jahr unsere Hauslehrerin. Mit diesem Radioprogramm, das sich »Funkschule« nennt, half sie uns, Sachen zu lernen. Das ist speziell für Kinder, die wie wir an Orten wie Timber Creek wohnen, zu weit weg von einer normalen Schule. Timber Creek Station liegt zweihundert Meilen westlich von Alice Springs mitten in der Tanami Wüste im Northern Territory. Die nächstgelegenen Städte sind Warlawurru, dreißig Meilen südlich der Farm, und Marlu Hill, fünfundzwanzig Meilen weiter nördlich. Aber das sind Städte für die Blackfellas. Mum arbeitet im Büro der Gesundheitsstation in Marlu Hill, sie fährt also jeden Tag rüber, da gibt es zwar eine Schule, aber die ist nur für die Kinder der Blackfellas. Manchmal nennen wir sie Gins, wie in Abori- GIN -es.
    Bobbie war zweiundzwanzig, sie kam von einer Farm in Victoria und wohnte in einem der alten Nebengebäude auf unserer Farm. Die Hälfte davon hatte Dad zu einem Zimmer für sie umgebaut und sie hatte ihre eigene Dusche und alles. Wir durften da nicht rein. Betreten verboten. Bobbie meinte, sie brauche ein bisschen Freiraum und Privatsphäre. Keine Ahnung, wozu. Nachmittags tat sie da nichts anderes als lesen oder fernsehen. Morgens war sie mit uns im Schulzimmer.
    Wir hatten ein paar Leute, die für uns auf Timber Creek arbeiteten. Das waren immerhin sechzehnhundert Quadratmeilen Wüste und wir hatten mehrere Tausend Stück Vieh, Dad konnte das nicht alles allein machen. Deshalb hatten wir Elliot und Lloyd. Elliot war am längsten bei uns, und er war echt nett, irgendwie still, konnte aber richtig hart arbeiten. Bei ihm saß jeder Handgriff. Ich weiß, Dad mochte ihn richtig gern, hielt ihn für absolut zuverlässig . Elliot kam von nur ein Stück die Straße bei Tennants Creek hoch. Seine Leute hatten in der Gegend eine Farm, aber er war der jüngste von vier Brüdern, und es gab nicht genug Arbeit für sie alle. Ihre Farm war ein bisschen kleiner als unsere, und weil er der Jüngste war und seine älteren Brüder schon da arbeiten, musste er sich woanders einen Job suchen. Ich hab mal zu ihm gesagt, dass ich das ungerecht fand: war doch nicht seine Schuld, dass er der Jüngste war. Ich hab gesagt, sie hätten Strohhalme ziehen sollen, eine Münze werfen oder so was. Aber er hat nur gelächelt und die Schultern gezuckt. So ist Elliot – der würde nie einen Aufstand machen.
    Lloyd war anders, so richtig groß und stark, deshalb war er echt nützlich, aber Dad meinte, man müsse ihn im Auge behalten, weil er nicht so helle war und ziemlich aufbrausend. Er war noch nicht so lange auf Timber Creek.
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