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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei
Autoren: Rosemarie Bus
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schuldbewusst wie ein Dackel, der ein Stück Wurst geklaut hat. »Angeblich hatte sie eine Steuernachzahlung am Hals, und ich wollte ihr helfen. Aber dass sie auch als Nutte arbeitete, hätte ich nie gedacht.«
    Was sollte Stella darauf antworten? Glaubte er ernsthaft, Valerie hätte sich wegen seiner Schönheit mit ihm eingelassen? Sehr wahrscheinlich hatte sie das Geld tatsächlich fürs Finanzamt gebraucht. Sie steckte öfter in finanziellen Engpässen, deswegen hatte sie überhaupt erst ihre eigene Art der Problembewältigung entwickelt. Sie setzte sich einfach im tief dekolletierten Versace-Kleid in eine Hotellobby, wartete auf einen Mann mit handgenähten Schuhen und eins, zwei, drei, schon war die nächste Rechnung bezahlt. Prostitution sei die einfachste Sache der Welt, schwor sie und bot Stella an, sie in die Geheimnisse der Verführungskunst einzuweihen. Aber die winkte dankend ab. Sex mit Männern, in die sie sich nicht wenigstens ein bisschen verlieben durfte, lag jenseits ihrer Vorstellungskraft. Außerdem konnte sie gut sparen.
    Valerie hielt die Sache mit dem Verliebtsein für überschätzt und fand, dass nach ein paar Gläsern Champagner jeder Mann mit Geld sexy wurde. Stella wollte das lieber nicht ausprobieren. Außerdem sah sie, in welchem Teufelskreis ein Mädchen steckte, das es auf reiche Männer abgesehen hatte. Die Instandhaltungskosten waren enorm hoch. Teure Klamotten, erstklassiger Friseur, exquisite Kosmetika und was sonst noch alles zur Fassadengestaltung gehörte, gingen ins Geld. Valerie gab einenGroßteil der eingenommenen, nun ja, Honorare dafür wieder aus. Also wozu der ganze Aufwand? »Weil es geil ist , einfach geil«, hatte Valerie auf diesbezügliche Fragen geantwortet und gelacht. Nun, das mochte für eine durchgeknallte Adelige gelten, deren Eltern sie am liebsten mit einem degenerierten Cordhosen-Träger mit Siegelring verkuppelt hätten, aber in normalen bürgerlichen Kreisen war Sex auch ohne den Kick des Perversen aufregend genug. Fand zumindest Stella.
    »Sie ist tot«, sagte Otto. »Valerie ist tot.«
    »Wie bitte?«
    »Ja. Habe ich gerade erfahren. Am Handy war meine Sekretärin. Valerie wurde ermordet. Wahrscheinlich gestern Abend. Erschossen. Man hat sie heute Morgen in der Nähe des italienischen Landhauses von Jochen Wilke gefunden. Du weißt schon, der Vorstandsheini von Worldwide Media, mit dem sie liiert war.«
    »Erschossen? Von wem?« Stella hörte ihm ungläubig zu wie einem Geschichtenerzähler, der übertreibt, um die Aufmerksamkeit seines Publikums einzufangen.
    »Weiß man nicht. Beim Joggen. Einfach abgeknallt wie ein Reh.«
    »Von wem weißt du das?«
    »Katharina. Ich habe sie gerade in Italien angerufen.«
    »Katharina?«
    »Jochen Wilkes Ehefrau. Die, von der er sich wegen Valerie scheiden lassen wollte. Na ja, das hat sich jetzt wohl erledigt.«
    »Du kennst Jochen Wilke?« Blöde Frage. Otto kannte jeden, der in diesem Land reich und wichtig war. Oder sich dafür hielt.
    »Natürlich. Alter Freund von mir. Wir haben in Umbrien in derselben Gegend unsere Ferienhäuser.«
    Aber Stella hörte ihm schon nicht mehr zu. Merkwürdig, dachte sie, an einem Tag zwei Freundinnen verloren. So schnell geht das. »Wer wohl die dritte sein wird?«, fragte sie niemand Bestimmten.
    »Die dritte was?«, fragte Otto.
    »Die dritte Leiche«, sagte Stella. »Es sterben immer drei, behauptet meine Mutter.«

2
    Einen Tag später fuhren Stella und Irma in einem nicht ganz so dicken BMW wie dem des Chefredakteurs, aber immer noch einem schnellen, am Thiersee vorbei, Richtung Kufstein und weiter nach Italien. Den Wagen hatte Ottos Sekretärin gemietet. Ein Cabrio, das perfekte Auto für die freundliche Herbstsonne, die nach Süden hin immer angenehmer einheizte. Ein Wetter zum Helden zeugen, hatte Irma morgens beim Einpacken festgestellt und sich dagegen gewehrt, dass Stella das Verdeck öffnete. »Bist du verrückt? Soll ich die dritte Leiche werden? Du weißt doch, wie schnell ich mich verkühle, wenn’s zieht.« Also blieb das Faltdach zu. Schon kurz vor Innsbruck begann Irma ihre Tochter mit Apfelschnitzen zu füttern. Immer wenn sie mit ihr reisen durfte, besann sie sich auf die fürsorglichen Aspekte ihrer Mutterrolle.
    Stella konzentrierte sich auf den Verkehr, der auf der Autobahn vor dem Brenner immer dichter wurde. Das Vergnügen, ein schnelles Auto zu fahren, mit ordentlich PS unterm Hintern, ließ sie alle spaßverderbenden österreichischen
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