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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei
Autoren: Rosemarie Bus
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Geschwindigkeitsbeschränkungen ignorieren. Sollte sie geblitzt werden, würde Ottos Verlag hoffentlich den Strafzettel bezahlen, das musste ausgenutzt werden. »Nun ras’ doch nicht so«, mahnte ihre Mutter, die Angst hatte, sich bei einem plötzlichen Bremsmanöver mit dem Apfelmesser zu verletzen. Aber Stella war viel zu sehr auf den Verkehr und ihre Gedanken fokussiert, um noch auf einem dritten Kanal für Irma empfangsbereit zu sein.
    Sogar jetzt, einen Tag später, wunderte sie sich immer noch, wie Otto es geschafft hatte, sie nach Umbrien zu jagen. Mit einem perfiden Plan, den nur er sich hatte ausdenken können, und mit Mutter im Gepäck, als Teil seiner Strategie.
    »Also hör zu«, hatte er gesagt und sich im Auto eine Zigarette angesteckt. »Ich will, dass du nach Italien fährst und dich ranschleimst an die trauernden Hinterbliebenen, die sich da versammelt haben. Jochen macht in seinem Haus gerade Ferien von seinem stressigen Top-Manager-Dasein. Katharina, pikanterweise Valeries größte Rivalin um Jochens Gunst und Geld, wohnt das ganze Jahr über dort unten. Außerdem ist zufällig Karl Kleemann vor Ort, auch eine ganz besondere Persönlichkeit.«
    »Kleemann. Der Kleemann? Der Stararchitekt?«
    »Star? Ähm ja, genau der. Jetzt hast du die Chance, die Koryphäe kennenzulernen.« Otto blies verächtlich den Rauch in den teuren Lederhimmel und schaute ihm sinnend nach. »Ich will wissen, wer Valerie umgebracht hat.«
    »Das will die Polizei sicher auch.«
    »Genau, und du hängst dich da dran und kriegst alles schneller raus als die Konkurrenz.«
    Stella hatte sich noch eine Weile mit Bedenken gewehrt, weil sie ihre investigativen Fähigkeiten realistischer einzuschätzen glaubte als ihr immer optimistischer Auftraggeber. Aber Otto wollte das nicht hören. Wenn er sich erst mal eine Sache in den Kopf gesetzt hatte, konnte ihn niemand mehr davon abbringen. Einer der Gründe für seinen guten Ruf in der Branche. Er fiel lästig, ohne sich darum zu scheren. Stella beneidete ihn für diese Fähigkeit, solange sie nicht selbst davon betroffen war. Er bot seinen ganzen Charme auf, beteuerte, niemand könne so gut wie sie Leute zum Reden bringen, lobte ihren einfühlsamen Schreibstil und ihre intelligenten Interviews, und am Ende zog er, wie immer, seine Trumpfkarte. »5000 Euro«, sagte er. »Und jeden Mietwagen, den du haben willst.« Valerie wäre ihr böse gewesen, hätte sie dieses Angebot ausgeschlagen.
     
    »Du sollst also eine Geschichte über den Tod deiner Freundin schreiben. Dafür können wir in dem Haus Urlaub machen und du musst nichts dafür zahlen? Die ganzen zwei Wochen nicht?« Ihre Mutter konnte es immer noch nicht fassen, wie unverhofft sie zu einem Italienurlaub kam, genau zu einem Zeitpunkt, an dem sie sich eingestehen musste, dass ihr jährlicher Kuraufenthalt in Abano wegen aufwändiger Heizungsreparaturen an ihrem Häuschen in Schliersee ausfallen musste. Stella hatte lange überlegt, welches Märchen sie Irma als Grund der Reise auftischen könnte, und sich dann für die Wahrheit entschieden. Irma war Valerie nur ein einziges Mal begegnet und pflegte seither eine solide Abneigung gegen sie. Das geschah aus Solidarität mit ihrer Tochter immer dann, wenn sie das Gefühl hatte, ihr eigen Fleisch und Blut würde von fremden Persönlichkeiten dominiert. Dieses Privileg gehörte ihr, das wollte sie mit niemandem teilen. Deswegen hatte sie auch die Nachricht von Valeries Tod gleichmütig aufgenommen. »Schrecklich. Die ging wahrscheinlich jemandem gewaltig auf die Nerven«, blieb ihr einziger Kommentar. Dann hing sie sich ans Telefon und verkündete allen Freundinnen, dass sie nun auf Donna Leons Spuren für zwei Wochen nach Italien verschwände. »Ich darf leider nicht mehr verraten. Streng vertraulich. Aber wenn ich wieder zurück bin, erzähle ich euch alles.«
     
    »Nimm Irma mit«, hatte Otto gesagt, der sie vom Hörensagen kannte, weil Stella manchmal abgeschlaffte Redaktionskonferenzen mit Anekdoten über ihre Mutter wieder aufgemuntert hatte. Otto war seither, ohne sie je persönlich getroffen zu haben, ein großer Fan von Irma. »Welcher Journalist geht schon mit seiner Mama auf Schnüffeltour. Sie ist die perfekte Tarnung. Das wirkt total harmlos.« Er hatte den Wagen gestartet und Stella vor dem Café abgesetzt, genau zu dem Zeitpunkt, als auch die anderen Trauergäste zu Kaffee und Kuchen eintrafen.
    Der zähfließende Verkehr löste sich plötzlich auf. Stella passierte
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