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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei
Autoren: Rosemarie Bus
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Stella unter, überredete sie, auf die Terrasse des Luxushotels Gritti mitzukommen, drückte sie in einen Korbstuhl und bestellte bei einem jungen Kellner, der duftete als sei er gerade frisch aus der Dusche gekommen, zwei Gläser Champagner.
    »Stell dir vor«, sagte sie, »wen ich kennengelernt habe.«
    Stella wartete.
    »Karl Kleemann!«
    Stella wartete immer noch.
    »Du siehst hier seine neue Geliebte.« Valerie stemmte beide Hände in die Taille und beugte ihren Oberkörper so weit vor, dass das neue Kleid die Brüste nur noch mit Mühe unter Kontrolle hielt. »Was sagst du jetzt?«
    Stella sagte gar nichts.
    »Puh, ich habe vielleicht eine Nacht hinter mir.« Valerie machte es sich in ihrem Stuhl bequem und nahm einen Schluck Champagner. »Was ich hier esse und trinke geht auf seine Rechnung. Ich darf unterschreiben. Er ist großzügig und verdammt gut im Bett.« Sie prostete Stella fröhlich zu.
    So, so, Karl Kleemann. Ein beachtlicher Fang, sogar für ein Mädchen wie Valerie. Stella registrierte ihren Anflug von Neid ganz sachlich. Jede Frau, die sie kannte, wäre damals mit Kleemann ins Bett gegangen. Na ja, fast jede. Die glücklich verheiratetenund diejenigen, die auf solide Erbsenzähler-Typen standen, vielleicht nicht. Er war der Architekt der Stunde, hatte Ende der 90er-Jahre ein großes Projekt in Dubai an Land gezogen, das nun fertig war und in den Feuilletons ellenlange Lobhudeleien absahnte.
    Wenn Stella sich richtig erinnerte, konnte sie damals mit Valerie im Gritti der Versuchung nicht widerstehen, ein bisschen den Spaßverderber zu spielen. Neid macht böse. »Mit diesem aufgeblasenen Wichtigtuer lässt du dich ein?«
    »Na klar.« Valerie nahm es ihr nicht übel. »Statt in einem stinkigen Loch residiere ich in einer Suite mit Blick auf den Canal Grande. Er hat mir Klamotten gekauft, er nimmt mich auf alle Partys mit und amüsant ist er auch. Willst du noch mehr Gründe wissen?«
    Nein danke. Stella wollte nicht, dass ihr Neid überhandnahm. Sie verstand sogar, dass Valerie sie völlig gewissenslos in dem stinkigen Loch sitzengelassen hatte und keine Tausendstelsekunde an den Gedanken verschwendete, aus weiblicher Solidarität auf dieses Abenteuer zu verzichten. Denn mal ehrlich, umgekehrt hätte Stella es genauso gemacht. Wahrscheinlich. Ziemlich sicher. Ganz bestimmt. Höchstens, dass sie versucht hätte, den Mann mit dem Geld zu überreden, der Freundin eine weniger deprimierende Übernachtungsmöglichkeit zu spendieren. Es musste ja nicht unbedingt eine Suite im Gritti sein. Aber das war reine Spekulation. Stella hatte noch nie mit einem betuchten Lover in einem Luxushotel übernachtet. Da konnte sie nicht mitreden.
    »Wie hast du den denn aufgegabelt?«, fragte sie aus echtem Interesse. Man lernt schließlich nie aus.
    »Ihn interessiert angeguckt und bei der erstbesten Gelegenheit mit ihm gefickt.« Valeries Auskunftsfreude war verlässlich.
    »Erstbeste Gelegenheit?«
    »Ich saß im Kino zufällig neben ihm, und es hat so gefunkt, dass ich befürchtete, die Leute könnten vor lauter Blitzlichternden Film nicht mehr sehen. Dann ist er aufs Klo gegangen. Ich wusste, was er will, und bin ihm einfach nach. Und richtig, vor der Klotür hat er gewartet, mich in die Kabine reingezogen, mir die Zunge in den Mund gesteckt und beide Hände auf meine Brüste gelegt. Na ja, so kam eins nach dem andern und irgendwann hatte ich seinen Schwanz in der Hand. So viele Möglichkeiten, was man damit machen kann, gibt’s ja nicht.«
    »Im Klo?«
    »Mein Gott, Stella, sei nicht so spießig.«
    Sie waren beide 25 damals und Stellas ganzer Stolz war es gewesen, eben nicht spießig zu sein, aber das Urvertrauen, mit dem Valerie auf die Menschen zuging, fehlte ihr völlig. Was hatte ihrer Freundin die Sicherheit gegeben, einem Mann zu folgen, der vorher im Dunkeln sein Knie an ihres gedrückt hatte? Das hätte ja auch zufällig passiert sein können.
    »Ich habe ihm nicht versehentlich die Hand auf die Eier gelegt. Er hatte einen Ständer.«
    Ach so. Das erklärte alles.
    Konnte ja sein, dass die Vorstellung, es altem Adel zu besorgen, auch einen international berühmten deutschen Architekten reizte. Vor allem, wenn der alte Adel lange Beine und einen großen Busen mitbrachte. Und so war das mit wirklich feinem Adel, die konnten auch mit dem Küchenpersonal.
     
    Stella betrachtete die mit Staubzucker gepuderten Hörnchen unter einem Glassturz auf der Theke. Dolce mit Cappuccino ergaben zusammen garantiert mehr
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