Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Titel: Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)
Autoren: Horst Bosetzky
Vom Netzwerk:
würde und seine Karriere erschwerte.
    Kappe machte sich auf zur Burgruine. Wenn Gesindel von Berlin herüberkam oder auf dem Weg in die Hauptstadt war, nächtigte es hier besonders gern. Im Halbdunkel trat er auf etwas, das furchtbar schepperte. Er bückte sich und entdecke ein kleines Emailleschild. Als er es zur nächsten Gaslaterne getragen hatte, konnte er es entziffern: Halt! Habe ich auch nichts vergessen?
    Alles war schwarz eingerahmt, und auf Höhe der mittleren Zeilen war rechts und links je ein Loch in das Blech gebohrt worden, um es anschrauben zu können. Am Rand erkennbare Ratscher ließen darauf schließen, dass es jemand in der Eisenbahn abgeschraubt und dann verloren hatte. «Menschen gibt’s», murmelte Kappe und steckte das Schild vorn links in seine Brusttasche. Kam er morgen früh am Bahnhof vorbei, konnte er es dem Stationsvorsteher in die Hand drücken.
    Ein Geräusch ließ ihn zusammenzucken. Es klang wie eine kleine Explosion. Er blieb stehen und lauschte. Da war es schon wieder: Plobb, plobb! Komisch. Dem musste er unbedingt nachgehen. Ob da jemand versuchte, einen Verschlag zu öffnen? Nein, Hammerschläge waren es nicht.
    Bald sollte Kappe das Rätsel gelöst haben, denn sein Schulfreund Ludwig Latzke kam ihm entgegen, und der hatte einen Fußball dabei, den er beim Laufen in regelmäßigen Abständen vor sich auftippte.
    «Unterlassen Sie bitte den ruhestörenden Lärm!», sagte Kappe, und es war nicht ganz klar, wie dienstlich er das meinte.
    Latzke schlug den Ball mit dem Spann als Vorlage zu Kappe.
    «Los, Kopfball!»
    Das ging natürlich nicht - wegen der Pickelhaube. Deshalb fing Kappe den Ball und klemmte ihn unter den Arm. «Hast du jetzt abends noch Fußball gespielt?»
    «Nee, ich komme von meinem Cousin in Schauen. Dem hab ich geholfen, sein Haus zu streichen.» Latzke war Maler. «Und als Lohn dafür hat er mir ’n Fußball geschenkt.»
    «Schönes Leder.» Kappe warf den Ball zurück. Während seiner Dienstzeit in Berlin hatte er beim FC Germania 88 Fußball gespielt. Dort wurden Ordnung und vaterländische Gesinnung großgeschrieben, für seinen Geschmack etwas zu groß. Jeder Torerfolg wurde mit Hochrufen auf den Kaiser gefeiert, und wer zu spät zum Spiel kam, hatte zehn Pfennig Strafe zu zahlen. Fehlte er ganz, erhöhte sich die Strafe auf 25 Pfennig. Als Ludwig Latzke in Berlin vorübergehend auf dem Bau gearbeitet hatte, war auch er zu Germania gestoßen, und so sangen sie jetzt: «Heil dir, Heil, Germania! Mög es lange noch ertönen: Stoßet zu - hurra, hurra!» In einem Haus ging ein Fenster auf. «Ruhe da unten, sonst hole ich den Schutzmann!»
    Kappe machte, dass er weiterkam. Ein Blick war auf alle Fälle noch auf die Badestelle zu werfen, ob da auch nichts Unsittliches getrieben wurde, und ein weiterer auf die Villen Richtung Karlslust und Hubertushöhe, denn wenn es für Einbrecher etwas zu holen gab, dann dort.
    Da, wo der Große Storkower See von zwei Landzungen eingeschnürt wurde, hatte sich der Major Ferdinand von Vielitz nach seinem Abschied vom Kaiser-Franz-Garde-Grenadier-Regiment in Berlin am südwestlichen Ufer ein Landhaus errichten lassen. Da er des Öfteren im Ausland weilte, hatte er Kappe gebeten, immer mal wieder ein Auge auf sein Anwesen zu werfen. Zwar verfügte er über eine Köchin und ein Faktotum, aber die waren alt und hörten schwer, und wenn sie sich in ihre Kammern verkrochen hatten, konnte man das ganze Haus ausräumen, ohne dass sie es bemerkten. Kappe ging aber auch gern zu dem Alten, um mit ihm zu plaudern, und Vielitz füllte bei ihm so etwas wie die Rolle eines Großvaters aus, oder nein - mehr die eines geistigen Ziehvaters.
    Kappe verließ die schmale Straße, um direkt am Ufer entlangzugehen und sich dem Vielitzschen Grundstück von der Seeseite her zu nähern. Nun gab es in der Mark Brandenburg zwar keine Mittsommernacht wie oben in Schweden, aber stockfinster war es dennoch nicht, und er kannte jeden Meter Weg so gut, dass er nicht ein einziges Mal stolperte.
    Schaurig hallten die Rufe eines Käuzchens über den See. Der Tod war dabei, jemanden zu holen. .. Kappe blieb unwillkürlich stehen, um zu lauschen. Hinter ihm knackten die Zweige. Neben ihm raschelte es im Unterholz. Fast schien es ihm so, als würde ihn jemand verfolgen. Aber wer? Und warum? Aus den unergründlichen Wassern des Sees schien jeden Augenblick ein Hakenmann aufzutauchen, um sich auf ihn zu stürzen und ihn in die Tiefe zu ziehen. Kappes Vater war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher