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Es geht auch anders

Es geht auch anders

Titel: Es geht auch anders
Autoren: Helmut Lotz (Hg.)
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du nur mit dieser Frau zusammenleben? Die muss dich doch verrückt machen mit ihrer nie endenden Quirligkeit!« Er antwortete nur: »Bei uns herrscht solch ein Friede, solch eine Ruhe. Ich habe noch nie einen so ausgeglichenen Menschen wie Lotti kennengelernt.« Das ist wahr. Ich hab viel Geduld mit Menschen. Aber wenn ich platze, dann ist es endgültig aus. Das ist der point of no return.
    Brauchtest du in deinem Leben viel Geduld, um immer wieder neu anzufangen?
    Das waren Zwangssituationen. Das hat nichts mit meiner Fähigkeit zu tun, geduldig zu sein. Ich musste so handeln. Vielleicht war das weniger Geduld als ein gewisses Phlegma. Das klingt angesichts meines Temperaments komisch. »Kommst du heut nicht, kommst du morgen« war meine Einstellung. Das ist ein merkwürdiger Zwiespalt. Wer mich tanzen und im Affentempo über die Bühne rasen sah, dachte, ich sei ein Feuerball. Das bin ich. Aber ich bin auch ein ganz geruhsames Häuflein Asche.
    Woher nimmst du deine Lebenskraft?
    Die entwickelt sich! Ständig! Natürlich kannst du nicht plötzlich auftauchen und von einem Tag auf den anderen Kraft zeigen. Die Frage ist doch: Was ist dein Hintergrund? Wie hast du gelebt? Wie hast du nicht gelebt? In welcher Beziehung bist du beeinflusst worden? Inwieweit hast du dich abhängig gemacht: von deiner Familie, von anderen Menschen? Konntest du dir deine Unabhängigkeit bewahren? Viele Menschen lehnen sich so sehr an ihre Familie an, dass sie ihre eigene Persönlichkeit verlieren. Sie fallen – meistens sind es Frauen – plötzlich, wenn die Kinder aus dem Haus sind, in ein seelisches Loch. In der Sexualität ist alles geloofen, in der Liebe auch. Sie haben keine Substanz mehr, sie sind fertig. Aber das haben sie sich selbst zuzuschreiben, ihrer Gedankenlosigkeit. Mein Motto ist: Du musst, um dem Leben positiv gegenüberzustehen, dir erst einmal selbst positiv gegenüberstehen. Du musst in den Spiegel gucken und sagen: »Erst komm ich. Ich liebe mich.« Wenn du allen immer nur hinterhertrottelst, kannst du keine Kraft entwickeln. Viele Frauen rechtfertigen sich: »Meine Aufgabe war es, meine Kinder zu erziehen.« Jetzt nimm das mal wörtlich: Auf-gabe. Sie geben sich auf – im wahrsten Sinne des Wortes. Das ist bitter.
    Worin liegt dein Temperament begründet?
    Ha! In Lebensfreude, in Überschwang, Überschuss an Kraft, Aufnahmekraft.
    Ja, ja, wenn ich dich hier schon das dritte hart gekochte Ei essen sehe …
    Na, hör mal, das ist das zweite. Eier müssen immer zu zweit kommen, das ist ein Gesetz. Hitler hatte nur eines, deshalb war er so ein Hysteriker. Das war zwar nicht ausschlaggebend, hat aber seinen Seelenzustand sicher beeinflusst.
    Warum macht dir Provokation so ungeheuren Spaß?
    Aber ich provoziere doch gar nicht! Von was redest du denn? Ich provoziere nicht, ich unterhalte mich nur. Aber du stellst reizende Fragen, Schätzchen.
    Ist es deine Lebensphilosophie, keine Schwächen zu zeigen?
    Ja, ich glaube schon. Es ist zwar nicht direkt eine Philosophie, es ist ein Prinzip von mir. Ich zeige keine Schwäche, nicht nur weil Schwäche verachtet wird, sondern weil ich die Menschen mit meinen Problemen nicht belasten will. Aber eigentlich kann ich sie gar nicht belasten. Weil meine Probleme sie nämlich nicht interessieren.
    Wie setzt sich Temperament zusammen?
    Was ist eigentlich temperamentvoll? Du kannst nicht einfach sagen: Jemand, der auf den ersten Blick verschlossen wirkt, hat kein Temperament. Menschen, in deren Inneren es brodelt, können durchaus den Deckel draufhalten, sodass du von außen ihr Temperament kaum bemerkst. Ein Verhalten, das auf die Dauer sehr ungesund sein kann! Eine Frau dagegen wie diese hinreißende Theologin Uta Ranke-Heinemann, die immer gleich mit ihren Thesen loslegt, hat natürlich innerlich Temperament, aber sie lässt es auch nach außen. Temperament ist eine exhibitionistische Veranlagung, die nach außen drängt. Es kommt darauf an, dass man es zügelt, beherrscht und lenkt.
    Muss Temperament etwas mit Begeisterung zu tun haben?
    Ja. Ein introvertierter Mensch kann aber auch begeistert sein. Er äußert es nur in einer anderen Form. Vielleicht ist Temperament wirklich nur eine Formsache? Trotzdem können Temperamente auch nerven (lacht). Ich könnte beispielsweise nie mit einem Choleriker zusammenleben. Mit einem Phlegmatiker witzigerweise schon eher, weil ich selbst so extrovertiert bin.
    Wie hängen für dich Temperament und Geduld zusammen?
    Choleriker und auch
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