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Es geht auch anders

Es geht auch anders

Titel: Es geht auch anders
Autoren: Helmut Lotz (Hg.)
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Gesicht schien im Tode voller zu sein. Und dann diese Ruhe, dieser unsagbare Friede, der sich in seinen Zügen abzeichnete. »Norman«, flüsterte ich, »Norman, tu mir das nicht an. Norman, wach auf!« Ich war nicht mehr bei mir. Sanft nahmen meine Freunde mich in ihre Mitte und führten mich aus der Halle.
    Nach Hause zurückgekehrt, saß ich stumm vor Schmerz auf meinem Bett. Ich öffnete den Mund, wollte alles herausschreien, aber war wie gelähmt. Ich starrte vor mich hin, starrte nur vor mich hin. In den darauffolgenden Wochen konnte ich nicht ertragen, mit Menschen zusammen zu sein, die Norman gekannt hatten. Ich konnte es nicht ertragen, dass sie wohlwollend meine Hände hielten und mir mitleidig in die Augen schauten.
    Aber wie oft bestimmen kleine und manchmal nichtige Ereignisse den Fortgang des Lebens. Von einem Offizier, der unter Normans Kommando auf Zypern gedient hatte, wurde ich zu einem Empfang eingeladen. Er hatte jetzt eine hohe Position in Berlin und führte mit seiner österreichischen Frau ein entsprechend großes Haus. Ich folgte, wenn auch widerwillig, seiner Einladung zu einer Cocktailparty. »This is Mrs Huber, the widow of Colonel Huber«, stellte er mich seinen englischen und amerikanischen Gästen immer wieder vor, bis ich es nicht mehr ertragen konnte.
    Ich ließ mir ein Taxi kommen und fuhr nach Hause. Dort angekommen, nahm ich Normans Bild und warf es auf den Boden. »Nein«, schrie ich laut – ich muss zugeben, ich hatte schon einige Gin Tonics getrunken –, »nein! Glaubst du, ich will mein Leben lang deine Witwe bleiben? Warum hast du mir das angetan? Warum hast du mich alleine sitzen lassen? Aber ich werd’s dir zeigen. Ich kann auch alleine leben. Ich bin nicht nur deine Witwe, ich bin ich. Ich bin Lotti!«

… und weiter geht’s:
    Lotti Huber
Diese Zitrone hat noch viel Saft!
Ein Leben
    ISBN 978-3-86034-502-3

Lotti Huber
Jede Zeit ist meine Zeit
    Ich war früher sehr impulsiv, raste los wie eine Wahnsinnige, weil ich mich über irgendetwas ärgerte. Das tue ich heute nicht mehr … Du guckst mich so zweifelnd an?
    Ja!
    Ich halte mich sehr zurück – also, sagen wir mal: relativ. Der Mensch kann sein Temperament zwar nicht loswerden, aber er kann es beherrschen, kontrollieren. Und das mach ich doch ziemlich gut, oder? Im Grunde genommen bin ich sehr schüchtern und zurückhaltend. Das glaubt mir kein Mensch. Aber das ist selbst in meinen Handlinien zu lesen.
    Aber in Talkshows läufst du doch unter dem Etikett »Ausgeflippte Alte«?
    Das ist die ignorante Interpretation meiner Persönlichkeit von ignoranten Moderatoren. Mein Temperament wird oft mit Ausgeflipptheit verwechselt. Aber soll ich dir was verraten? Ich habe viel Temperament – switch on, und schon geht’s los –, aber wenig Energie. Ich bin von Natur aus sehr faul – leider. Ich amüsiere mich darüber und stelle fest: Ich werde immer den leichteren Weg wählen, so es möglich ist.
    Wenn du an die klassische Einteilung der Temperamente denkst, bin ich ein hundertprozentiger Sanguiniker. Cholerisch bin ich auf keinen Fall, phlegmatisch auch nicht, melancholisch schon gar nicht. Ich habe zwar manchmal traurige Momente, aber ich bin ein Sanguiniker.
    Was hatten deine beiden Männer für ein Temperament?
    Sie waren völlig verschieden, hatten aber eines gemeinsam: eine unglaubliche Verletzbarkeit und Empfindsamkeit. Ich glaube, ich ziehe Menschen an, die so veranlagt sind, und ich liebe solche Menschen. Meine beiden Männer kamen aus sehr unterschiedlichen Milieus: Alec aus einer kleinbürgerlichen Familie, was ihn überhaupt nicht tangiert hat, und Norman war so ein bisschen versnobt, middle class, nach upper strebend, sehr entzückend und sehr britisch. Beide waren hochinteressant! Der erste war viel verspielter, der zweite viel stilisierter. Norman habe ich physisch mehr geliebt, obwohl Alec ein größerer Liebhaber war: Mich reizten seine vornehme Verklemmtheit, seine Versnobtheit, seine very, very british Art.
    Bist du ein sensibler Mensch?
    Ja, das bin ich. Ich bin mehr als sensibel. Menschen gegenüber bin ich hellwach. Ich sehe und beobachte alles. Ich schaue nicht an Menschen vorbei. Obwohl ich eine große Egoistin und Egozentrikerin bin, werde ich mich immer auf den Menschen, dem ich begegne, hundertprozentig einstellen.
    Diese laute »Quietsch-Huber« bist du also nicht?
    Quietsch-Huber!!! Meine Männer wären doch wahnsinnig geworden! Irgendjemand stichelte mal Norman gegenüber: »Wie kannst
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