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Es darf auch mal Champagner sein

Es darf auch mal Champagner sein

Titel: Es darf auch mal Champagner sein
Autoren: Erma Bombeck
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jeder Mutter und ihrer Tochter. Die Macht wechselt.
    Die Verantwortung wird übertragen. Die Pflichten werden abgetreten. Man überrascht sich plötzlich dabei, dass man die auf dem Schoß der Mutter erlernten Sprüche von sich gibt.
    »Natürlich fehlt dir was! Meinst du, ich merke nicht, wann es dir schlecht geht? Ich komm dich um elf Uhr abholen und fahr dich zum Arzt. Sei dann bitte fertig.«
    »Und wo ist wieder deine Strickjacke? Du weißt doch, wie kalt es in den Geschäften mit Klimaanlage ist. Eine Erkältung wäre jetzt genau das Richtige für dich!«
    »Du siehst aber nett aus heute. Hab ich dir nicht gesagt, dass es dir prima stehen wird? Das andere Kleid macht dich alt. Wozu denn älter aussehen, als man ist?«
    »Musst du noch mal ins Bad, ehe wir fahren? Geh doch einfach bloß so zur Sicherheit, damit du's hinter dir hast.«
    »Wenn du nicht zu müde bist, gehen wir nachher einkaufen. Hast du heute Vormittag ausschlafen können? Sag es gleich, wenn du müde wirst, dann fahre ich dich heim.«
    Plötzlich Auflehnung: »Danke schön, mein Fräulein, aber ich treffe meine Entscheidungen schon noch selbst. Ich weiß, wann ich müde bin, und dann bin ich vernünftig genug, ins Bett zu gehen. Hör auf, mich wie ein kleines Kind zu behandeln.«
    Sie ist noch nicht bereit, den Platz zu räumen.
    Aber langsam, heimtückisch und unaufhaltsam entrinnt die Zeit, und plötzlich ist niemand mehr da, an den sich Mutter halten kann.
    »Wo ist wieder meine Brille? Nie kann ich sie finden. Bin ich im Kino wieder mal eingeschlafen? Worum ging's denn bei dem Film?«
    »Wähl doch bitte mal diese Nummer für mich. Du weißt ja, ich bin immer falsch verbunden.«
    »Dieses Jahr stelle ich mir keinen Christbaum auf. Es sieht ihn ja doch keiner und im Januar hat man dann die ganzen Nadeln im Teppich.«
    »Schau mal meine neue Stickarbeit. Ich mach sie dir, wenn du willst, in Blau für die Küche.« (Dabei fällt einem der Gipsabdruck des Händchens ein, der gerahmt über dem Sofa hängt.)
    »Wo ist schon wieder meine Flugnummer und die Abflugzeiten meiner Maschine? Du tippst sie immer und steckst sie in das Mäppchen mit dem Flugticket, aber ich kann so kleine Zahlen nicht mehr lesen.«
    Und wieder Auflehnung: »Wirklich, Mutter, so alt bist du noch nicht. Du kannst deine Angelegenheiten noch selbst erledigen. Du siehst doch bestimmt noch genug, um dir den Faden einzufädeln.«
    »Nein, so müde kannst du unmöglich sein, dass du nicht imstande wärst, eben mal Florence guten Tag zu sagen. Fünfzehnmal hat sie schon angeklingelt und nie hast du zurückgerufen! Warum gehst du nicht mal mit ihr essen? Es täte dir gut, aus deinen vier Wänden herauszukommen.«
    Noch ist die Tochter nicht bereit, die Last auf sich zu nehmen. Aber der neue Kurs liegt bereits fest.
    Das erste Mal, dass Weihnachten in deinem Haus gefeiert wird und du die Gans brätst und die Mutter den Tisch deckt.
    Das erste Mal, dass du dich unbewusst während eines Fernsehfilms oder im Kino zu ihr umdrehst und sagst:
    »Pschscht!«
    Das erste Mal, dass du herbeistürzt und sie am Arm packst, wenn sie über eine gefrorene Pfütze geht. Während deine eigenen Kinder groß, stark und selbstständig werden, wird deine Mutter immer kindischer.
    »Nein, Mutter, ich hab das Fernsehprogramm nicht vom Fernsehapparat weggenommen.«
    »Hast du doch.«
    »Nein.«
    »Hast du doch.«
    »Nein.«
    »Doch.«
    »Nein.«
    »Gestern Abend habe ich deinen Vater gesehen. Er hat gesagt, er käme heute erst später.«
    »Du hast Vater nicht gesehen, er ist tot, Mami.«
    »Warum sagst du solche Sachen? Du bist grässlich.«
    (Wie lautete es einst: »Heut ist Mister Ripple zu mir gekommen und hat mich stundenlang geschaukelt!«
    »Es gibt keinen Mister Ripple. Den hast du dir ausgedacht. Der existiert gar nicht.«
    »Das ist nicht wahr. Warum sagst du solche Sachen? Bloß weil du ihn nicht siehst? Das heißt noch lange nicht, dass er nicht da ist!«)
    »Nie willst du mit mir zusammen Besuche machen. Du zerreißt dich viel zu sehr für die Kinder. Dabei haben sie dich gar nicht mehr nötig.«
    (»Was, du willst schon wieder Bridge spielen gehen? Immer gehst du weg und nie hast du Zeit, mir Geschichten vorzulesen.«)
    »Mutter, sprich um Himmels willen nicht davon, dass Fred ein Toupet trägt. Wir wissen es alle, bitte schweige darüber.«
    (»Benimm dich, Kleines. Sprich nur, wenn du gefragt wirst.«)
    Und die Tochter überlegt: »Muss das denn sein? In den vielen Jahren, in denen ich
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