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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Typ gewesen. Vielleicht hatte es deshalb in seinem Leben Niederlagen und Siege in unvorhersehbarer Abfolge gegeben. Dennoch war er, wenn er dieses Leben in seiner Gesamtheit betrachtete, mit dem Resultat recht zufrieden. Letztlich war das Glück doch immer auf seiner Seite gewesen.
    Trotzdem zählte René sich zu den bedachtsamen Menschen. Schon als kleiner Junge hatte er bei großen und kleinen Problemen gern hinter der Schürze seiner Mutter Schutz gesucht. Und irgendwie hatte sich das fortgesetzt, auch als Erwachsenem war es ihm stets gelungen, eine Hintertür offenzuhalten, wenn er sich in Neues stürzte.
    Aus diesem Grund hatte er auch reiflich überlegt, als ihn an jenem Nachmittag sein guter Freund und früherer Klassenkamerad Teis Snap, Direktor der Karrebæk-Bank, in seinem Büro im Außenministerium angerufen und ihm einen Vorschlag unterbreitet hatte. Einen Vorschlag, den ein Mann in Renés gehobener Position unter normalen Umständen als völlig inakzeptabel verworfen hätte.
    Die Bankenkrise hatte gerade begonnen, ihr hässliches Gesicht zu zeigen: Es war die Zeit, in der sich die Konsequenzen aus dem fatalen Zusammenspiel von gieriger Börsenspekulation und verantwortungsloser Wirtschaftspolitik messerscharf abzeichneten.
    Genau das war auch der Grund für Teis Snaps Anruf gewesen.
    »Die Karrebæk-Bank ist in zwei Monaten insolvent, wenn wir nicht umgehend zusätzliches Kapital beschaffen«, hatte er damals unumwunden gesagt.
    »Und was ist mit meinen Aktien?« Die Frage war René unwillkürlich herausgerutscht, als er mit deutlich erhöhtem Puls an sein Pensionärsdasein erster Klasse unter südlichen Palmen dachte, das ihm versprochen worden war. Ein Traum, der nun wie ein Kartenhaus in sich zusammenzufallen drohte.
    »Tja, was soll ich dir sagen? Wenn wir nicht schnellstens Geldzuflüsse organisieren, verlieren wir alles. So sieht es aus«, antwortete Teis Snap.
    Die nun folgende Pause war eine Pause unter Freunden. Eine dieser Pausen, in der es keine Möglichkeit für Protest oder theoretische Einwände gab.
    René senkte den Kopf und atmete so tief durch, dass es wehtat. Das also war die Realität. Und von dieser Realität ausgehend, galt es nun zu überlegen und zu handeln. Natürlich rebellierte sein Magen, und natürlich bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn. Aber als Leiter des Evaluierungsbüros für Entwicklungshilfe innerhalb des Außenministeriums hatte er gelernt, in Stresssituationen Ruhe zu bewahren.
    »Zusätzliches Kapital, sagst du? Was bedeutet das? Geht das bitte etwas präziser?«
    »Über die Summe, die insgesamt benötigt wird, will ich mich hier nicht auslassen, wir sondieren gerade in mehrere Richtungen. Aber um mal eine Hausnummer für dich zu nennen: zweihundert bis zweihundertfünfzig Millionen Kronen über vier bis fünf Jahre.«
    René spürte, wie ihm der Schweiß in den Kragen lief. »Verdammt, Teis, das sind fünfzig Millionen im Jahr!«
    »In der Tat. René, wir haben in den letzten vier Wochen zig Rettungspläne erarbeitet und keine Option ausgelassen, aber unsere Schuldner sind nun mal nicht in der Lage, ihre Kredite zu bedienen. Ja, okay, wir haben in den letzten Jahren zuschnell zu viele Darlehen ohne ausreichende Sicherheiten gewährt. Jetzt, da der Immobilienmarkt am Boden liegt, ist uns das allen klar. Aber gerade nützt uns diese Erkenntnis nichts mehr.«
    »Verdammt, können wir nicht wenigstens noch unsere persönlichen Anteile verkaufen?«
    »Dafür ist es zu spät, fürchte ich. Der Kurs unserer Aktie ist noch mal drastisch gefallen, und zwischenzeitlich wurde sie ganz aus dem Handel genommen.«
    »Und was genau willst du von mir?« René merkte selbst, wie kalt seine Stimme auf einmal klang. »Was soll ich da tun? Du rufst ja nicht nur an, um mir zu sagen, dass du mein Vermögen verschleudert hast. Wie viele Schäfchen hast du eigentlich in der Zwischenzeit selbst ins Trockene gebracht? Komm schon, Teis, ich kenne dich doch.«
    Sein alter Freund klang gekränkt, aber klar. »Nichts, René, absolut nichts. Ehrenwort. Die Wirtschaftsprüfer sind dazwischengekommen. Und leider sind nicht alle von denen in Notsituationen für kreative Lösungen zu haben. Nein, ich rufe an, weil ich glaube, einen ersten Ausweg gefunden zu haben. Einen Ausweg, der im Übrigen auch für dich recht lukrativ sein könnte.«
    So hatte der Betrug begonnen. Inzwischen waren etliche Monate vergangen, und alles hatte ausgezeichnet funktioniert … bis vor einer Minute
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