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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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dabei einen feindseligen Blick zu. Auf seinem Rücken blitzte eine Machete.
    Im selben Moment wusste Louis, was die Stunde geschlagen hatte. Er musste weg. Sofort. Denn die Pygmäen würden ihm sicher nicht zu Hilfe kommen, nicht in ihrem momentanen Zustand.
    »Ich kann jede Menge Nachschub besorgen«, rief Mbomo, während er die restlichen Tüten auslud. Dann drehte er sich abrupt zu Louis um.
    Louis rannte los, hinter sich die jubelnden Schreie der Baka. Seine Augen suchten das Dickicht ab nach Schlupflöchern oder zumindest nach irgendwelchen liegengelassenen Werkzeugen der Baka, die sich zur Verteidigung eigneten.
    Louis bewegte sich im Urwald weitaus routinierter als Mbomo, der sein Leben lang in Douala und Jaunde gewohnt und nicht gelernt hatte, sich vor dem tückischen Wurzelgeflecht am Boden, vor unsichtbaren Löchern und Ameisenhaufen in Acht zu nehmen. Und so fühlte Louis sich schon beinahe sicher, als hinter ihm das Geräusch der schweren Schritte allmählich leiser wurde und sich vor ihm das Labyrinth der Nebenpfade hinunter zum Fluss auftat.
    Er musste unbedingt vor Mbomo zu einer der Pirogen gelangen und über den Fluss setzen. Am anderen Ufer, in Somolomo, wäre er in Sicherheit. Die Leute dort würden ihn beschützen.
    Ein faulig-feuchter Geruch hing im braungrünen Buschwerk, und als erfahrener Dschungelführer hätte Louis das Zeichen eigentlich erkennen müssen. Nur noch hundert Meter bis zumFluss, dachte er – und im selben Moment steckte er bis zu den Knien im Sumpf.
    Panisch versuchte er, eine der Pflanzen in seiner Nähe zu fassen zu bekommen. Viel Zeit blieb ihm nicht: Gleich würde sich der Morast über ihm schließen – und das Trampeln klang plötzlich wieder beängstigend nah.
    Die Augen weit aufgerissen, holte er tief Luft, presste die Lippen aufeinander und machte sich so lang, dass die Wirbelkörper knackten. Endlich bekam er etwas zu fassen, kleine Zweige brachen ab, Blätter peitschten ihm ins Gesicht – doch er hatte die Liane fest in den Händen und zog sich mit aller Kraft aus dem Sumpf. Das Ganze hatte nur wenige Sekunden gedauert, aber es waren ein paar Sekunden zu viel. Ein Rascheln im Buschwerk, und der Machetenhieb drang tief in sein Schulterblatt. Blitzschnell und brennend.
    Mit Mühe hielt sich Louis auf den Beinen und strauchelte weiter. Bloß raus aus dem Sumpf. Hinter sich hörte er Mbomo fluchen. Auch er war offenbar in den Morast geraten, jedenfalls wurden seine Flüche langsam leiser und verhallten schließlich in den Baumwipfeln.
    Doch als Louis das rettende Flussufer erreichte, übermannte ihn der Schmerz, und er spürte, dass sein Hemd nicht nur vom Schlamm am Rücken klebte.
    Schlagartig verließen ihn die Kräfte, und er sackte in sich zusammen. Jetzt wusste er, dass er sterben würde.
    Während er langsam vornüberkippte und sich der Ufersand mit seinem Haar vermischte, bemühte er sich verzweifelt, sein Handy aus der Hosentasche zu ziehen, um mit letzter Kraft eine Nachricht zu senden.
    Jeder Buchstabe, den er eintippte, wurde begleitet von einem rasenden Herzschlag, mit dem Blut aus seinem Körper gepumpt wurde. Als er seine SMS geschrieben und auf Senden gedrückt hatte, registrierte er schwach, dass kein Funkkontakt bestand.
    Das Letzte, was Louis Fon spürte, waren schwere Schrittein nächster Nähe. Und wie ihm das Mobiltelefon aus der Hand gewunden wurde.

    ***
    Mbomo Ziem war zufrieden. Das Geholpere des Jeeps über die dunkelrote, von Schlaglöchern übersäte Dschungelpiste bis zur Abzweigung der Hauptstraße nach Jaunde war bald überstanden. Der Mann neben ihm hatte es zum Glück unterlassen, die Ereignisse zu kommentieren. Und Louis Fons Leiche trieb im Fluss, die Krokodile würden den Rest übernehmen.
    Alles war nach Plan verlaufen. Die einzige Person, die ihnen hätte gefährlich werden können, war eliminiert. Die Zukunft lag wieder in hellem Licht vor ihnen.
    Mission accomplished , sagte man nicht so?
    Mbomo sah auf das Mobiltelefon, das er dem sterbenden Louis abgenommen hatte. Ein paar Francs für eine neue SIM-Karte – die würde ja nicht die Welt kosten –, und schon hätte er ein Geburtstagsgeschenk für seinen Sohn.
    Er stellte sich gerade dessen strahlendes Gesicht vor, als plötzlich das Display aufleuchtete und signalisierte, dass wieder Funkkontakt bestand.
    Sekunden später zeigte die typische kleine Tonfolge an, dass soeben eine SMS abgeschickt worden war.

1

    Herbst 2008
    René E. Eriksen war nie ein übermäßig vorsichtiger
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