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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen
Autoren: Julie Kenner
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Dahinter steckt Egan. Er hat die Dämonen mit Opfern versorgt, um die Schulden des Pubs bezahlen zu können.« Mir fiel wieder ein, was Rachel gesagt hatte, und mir wurde schlecht. Wusste sie, womit er gehandelt hatte, oder wusste sie nur, dass er ein Handlanger der Dämonen war?
    »Und eines Tages sagen sie dann, dass sie ein bestimmtes Mädchen brauchen«, sagte Deacon. »Seine Nichte.«
    »Und er stimmt zu. Das Schwein stimmt einfach zu.« Ich holte tief Luft. »Jetzt wird mir alles klar — wie er mich angesehen hat, als ich zur Tür reinkam. Er hatte nicht damit gerechnet, sie jemals lebend wiederzusehen. Er wusste, dass sie am Samstag nicht verschwunden war. Er hatte sie in den Lagerraum geschickt, und von dort hatte man sie verschleppt. Er muss mich für einen Geist gehalten haben.« Ich schnaubte. »Und ich habe ihn doch wahrhaftig für nett und fürsorglich gehalten, weil er gefragt hat, ob es irgendwas gäbe, worüber ich reden wolle. Dabei wollte er nur rausfinden, ob ich mich an irgendwas erinnerte. Ob ich wusste, was er getan hatte.«
    »Er hat sie verkauft«, knurrte Deacon. »Er hat seine eigene Nichte als Opferlamm verkauft.«
    »Und jetzt liegt ein weiterer Mensch auf der Schlachtbank, um geopfert zu werden.«
    »Das werden wir verhindern.« Seine Hände umklammerten das Lenkrad, sein Gesicht wirkte verschlossen. Wie immer versuchte er, seine Wut unter Kontrolle zu halten. Ich hätte am liebsten seinen Arm berührt und ihm gesagt, dass er die Bestie ruhig freilassen solle. Egan hatte es durchaus verdient, von dieser rasenden Wut hinweggefegt zu werden.
    Aus Angst hielt ich mich zurück. Aus Angst, dass die Bestie, die in Deacon lebte, nie wieder gezähmt werden könnte, sobald sie erst einmal von der Leine war.
    Stattdessen saß ich da, krallte mich an den Armlehnen fest und wünschte mir mit jeder Faser meines Körpers, der Wagen würde schneller fahren.
    »Ich verstehe nur nicht, warum. Warum soll heute Nacht jemand geopfert werden?«
    »Eine List«, antwortete Deacon.
    »Das habe ich im Kopf des Geheimnishüters gehört«, sagte ich. »Aber ich verstehe es nicht.«
    »Sie wollen es vertuschen, damit Egan nicht dahinterkommt.«
    Verständnislos blickte ich ihn an. Und dann, als Deacon den Wagen schleudernd in der Nähe des Pubs zum Stehen brachte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Egan hatte Alice geopfert, aber dann war seine Nichte quietschlebendig wieder aufgetaucht. Und wenn die Dämonen Egan nicht in das Geheimnis um meine Person einweihen wollten, mussten sie dafür sorgen, dass Egan glaubte, Alice habe als Opfer komplett versagt. Dass sie noch am Leben sei und mit einer riesigen Gedächtnislücke herumliefe.
    Aber Egan hatte bereits sein Geld bekommen, und Dämonen waren nicht gerade für ihre Großzügigkeit berühmt. Und das bedeutete, sie mussten ein anderes Opfer von ihm verlangen, damit er nicht misstrauisch wurde.
    Diese Zeremonie war nur Schau. Ein Opfer für nichts und wieder nichts.
    »Schweine«, flüsterte ich, als wir leise die Gasse entlangschlichen. Vielleicht hatten sie Wachen aufgestellt, und ich wollte nicht, dass sie uns entdeckten, bevor wir auch nur die Gelegenheit bekamen, das Mädchen zu retten.
    »Vermutlich ist sie eine Ausreißerin«, flüsterte Deacon zurück. »Lebt auf der Straße, ist leicht aufzugreifen.«
    »In Boarhurst gibt es viele Ausreißerinnen.« Ich erinnerte mich daran, wie Gracie mir von dem Pfefferspray erzählt hatte. In dieser Gegend verschwanden häufig Mädchen.
    Und dann packte ich Deacons Hand, weil es mir wieder einfiel. »Die Vision«, sagte ich und fummelte mein Handy aus der Hosentasche. Es war noch immer aus; ich schaltete es hektisch ein. »Als ich Gracie berührt habe, habe ich plötzlich ein Mädchen in einem Zeremonienzimmer gesehen, bekleidet mit einem weißen Kleid. Ich dachte, das läge daran, dass Alice ihr etwas erzählt hatte. Etwas Wichtiges, das sich in ihrem Unterbewusstsein verbarg. Es war so vertraut - fast, als hätte ich mich selbst in dem Zimmer gesehen. Ich habe dem weiter keine Beachtung geschenkt, weil Visionen nicht immer eindeutig sind und sie Alice’ Freundin war.«
    »Du glaubst, sie ist unser Mädchen.«
    »Ich glaube, Egan war ganz schön sauer, als sie gekündigt hat.« Ich konzentrierte mich auf das Telefon. Ich hatte fünf neue Anrufe, aber ich ignorierte sie und wählte stattdessen Grades Nummer. Beim dritten Klingeln hob sie ab, und ich ließ mich erleichtert auf den Boden sinken. »Wo bist du?«,
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